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Thema: Anschlag in Russland

  1. #41
    Scharfschütze Benutzerbild von Der Schakal
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    Das ist eine gewagte Aussage!
    Auf der Webseite des Auswärtigem Amtes steht zu der Geschichte von Armenien:
    1915 - 1917 Verfolgung und Vertreibung der Armenier durch die Jungtürken

    Aha. Als erstes sollten wir mal klarstellen das es 1915 - 1917 keine Türkei gab.

    Ich bin der Wahrheit verpflichtet, wie ich sie jeden Tag erkenne, und nicht der Beständigkeit. (Mahatma Gandhi):

    Ganz Meine Meinung !

  2. #42

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    Es hat hier ja auch niemand von der Türkei gesprochen. Als Türkei weisst Du ja, dass mit "Jungtürken" eine Regierung innerhalb des Osmanischen Reichs gemeint ist, die von 1908 bis 1918 im Osmanischen Reich regierten.

  3. #43
    a.D. Benutzerbild von Gärtner
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    Original von Der Schakal
    Als erstes sollten wir mal klarstellen das es 1915 - 1917 keine Türkei gab.
    Dumme Haarspalterei! Der Staat nannte sich "Osmanisches Reich". Und hatte rein gar nichts mit der Türkei zu tun?

    Und wenn ich´s Weitfortistan nenne, um den Vorwurf des Genozids an den Armeniern kommen die Türken nicht herum. Eine frei Diskussion zu diesem Thema in der Türkei heute wäre übrigens eine schöne Probe für die Fortschritte in Richtung eines westlich verfaßten Landes. Bekanntlich kam man in der Türkei noch vor weinigen Jahren in den Knast, wenn man das ansprach. Und auch heute ist es noch weithin sententia communis, daß es den og. Völkermord nie gegeben hat. Schakal stellt sich damit leider in eine Reihe.
    "Die beiden Gelehrten Gabundus und Terentius diskutierten 14 Tage und 14 Nächte
    lang über den Vokativ von Ego. Am Ende griffen sie zu den Waffen."

    Umberto Eco

  4. #44
    Scharfschütze Benutzerbild von Der Schakal
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    Wie sie sicherlich wissenwar das Osmanische reich ein vielvölkerstaat.

    Es ist nunmal eine tatsache das es kein Genozid an den Armeniern gab.
    Ich finde es ziemlich interessant das wenn ich mich mit leuten Unterhalte die Behaupten es gab ein Genozid die Zahlen so dermassen variieren...

    manche sagen 3 Mio
    andere sagen 1,5 Mio
    und wieder andere sagen 600000.

    Ich bin der Wahrheit verpflichtet, wie ich sie jeden Tag erkenne, und nicht der Beständigkeit. (Mahatma Gandhi):

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  5. #45
    Scharfschütze Benutzerbild von Der Schakal
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    "Der Armenier-Konflikt, den man mehr zugunsten der Interessen der kapitalistischen Länder der Welt als zugunsten der wirklichen Interessen des armenischen Volkes zu lösen sucht, fand seine beste Lösung durch das Abkommen von Kars. Mit Zufriedenheit wurden somit die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden fleißigen Völkern wiederaufgenommen, die seit Jahrjunderten in freundschaftlichen Verhältnissen zueinander lebten.“

    Mustafa Kemal Atatürk

    (Die Eröffnungsrede bei der dritten Versammlung des Türkischen Parlaments am 1. März 1922)

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  6. #46

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    Original von Der Schakal
    Wie sie sicherlich wissenwar das Osmanische reich ein vielvölkerstaat.
    Was hat das mit dem Genozid zu tun?
    Es ist nunmal eine tatsache das es kein Genozid an den Armeniern gab.
    Ich finde es ziemlich interessant das wenn ich mich mit leuten Unterhalte die Behaupten es gab ein Genozid die Zahlen so dermassen variieren...
    Du bist also noch immer felsenfest Überzeugt, dass es keinen Genozid gab?
    In den Enzyklopädien, die ich gelesen habe, steht der Völkermord drin. Und es ist sogar der erste Genozid überhaupt.
    Hier noch der Link von Wikipedia: [Links nur für registrierte Nutzer]
    manche sagen 3 Mio
    andere sagen 1,5 Mio
    und wieder andere sagen 600000.
    Wir beide wissen leider nicht, wieviel tatsächlich umgekommen sind. Auch wenn es "nur" 600'000 gewesen sein sollen, es sind 600'000 zuviel.

    Die Türkei als Rechtsnachfolger des Osmanischen Reiches wird beim EU-Beitritt nicht um die Aufarbeitung der eigenen Geschichte und der damit verbundenen Eingestehen des Völkermords herum.

  7. #47
    Scharfschütze Benutzerbild von Der Schakal
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    Du bist also noch immer felsenfest Überzeugt, dass es keinen Genozid gab?
    Ja das bin ich.


    Und es ist sogar der erste Genozid überhaupt.
    Tut mir leid aber langsam wird es ziemlich lächerlich.
    Nur mal so als Info...

    Glaub nicht alles was man dir erzählt, denn du scheinst jemand zu sein der auch sachen hinterfragt !!!

    Zitat siehe Link:

    Auf der einen Marke sehen wir einen friedlichen Priester mit dem Kreuz. Die Missionare waren also rege tätig. Auf der anderen Marke sehen wir begeisterte Matrosen in der Takelage eines Schiffes: "Land in Sicht"! Zur Zeit der Eroberung bestand die brasilianische Bevölkerung aus ca. fünf Millionen Menschen. Heute sind es nicht einmal 300000. Was dazwischen lag wird von einigen Historikern schlicht als Völkermord bezeichnet.
    [Links nur für registrierte Nutzer]


    Achso gut also bist ein vertreter der 600000 Theorie !!

    Ich bestreite nicht das einzelne Massaker vorgekommen sind aber ein Völkermord bzw. Genozid gab es nicht !

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  8. #48
    A.D. Benutzerbild von Siran
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    Ich hab hier auch einen Artikel gefunden, der sich mit dem Genozid an den Armeniern beschäftigt. Der ist sehr lang...

    Gerade noch als kleine Anmerkung: In diesem Falle sind wohl weder die armenischen noch die türkischen Angaben 100% verlässlich.

    Völkermord oder «tragische Kriegsereignisse»?

    Der historische Hintergrund der Massenvernichtung von Armeniern 1915

    Im zerfallenden Osmanischen Reich benutzten die herrschenden Jungtürken den Ersten Weltkrieg, um die Armenier zu vertreiben und zu vernichten, die sie als Haupthindernis für eine erfolgreiche Nationalstaatsgründung ansahen. Die heutige Türkei bestreitet allerdings vehement, dass es sich um einen Genozid gehandelt habe.

    tmn. Die indogermanischen Armenier wanderten im 7. vorchristlichen Jahrhundert in das Gebiet zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer ein. Eigenständige Reichsgründungen erfolgten in den Jahrhunderten um Christi Geburt und im Hochmittelalter. In der Regel war Armenien jedoch zwischen grösseren Mächten aufgeteilt: zwischen Rom und Sassaniden, dann Byzanz und Arabern, schliesslich Osmanen, Persern und den - seit dem 18. Jahrhundert - über den Kaukasus vorstossenden Russen. Die kulturelle Identität der Armenier beruhte auf der Sprache, einem eigenen Alphabet und der Kirche, seitdem sie - im Jahr 301 - als erstes Volk das Christentum zur Staatsreligion gemacht hatten.

    Vom Imperium zum Nationalstaat

    Im Osmanischen Reich bildeten die um 1900 rund zwei Millionen Armenier wie andere religiöse Minderheiten eine autonome Gemeinde (Millet). Politische Vollwertigkeit blieb ihnen darin verwehrt, doch betätigten sie sich erfolgreich und damit auch neiderregend in der Landwirtschaft, im Handwerk und im Finanzwesen - nicht zuletzt dank engen Kontakten zum
    christlichen Europa. Seit dem 19. Jahrhundert bemühten sich die Osmanen in einem Modernisierungsprozess nach westlichem Vorbild, das Rechtswesen zu reformieren, die Verwaltung zu zentralisieren und ein schlagkräftiges Heer aufzubauen. Das gleichsam «religionsständische» System der Millet hatte nach islamischem Recht die Herrschaft der Muslime über die «Ungläubigen» legitimiert, ihnen aber auch Schutzpflichten aufgetragen. Das nationalstaatliche Modell des Westens implizierte dagegen Gleichheitsvorstellungen, die sich unterschiedlich interpretieren liessen: im liberalen, staatsbürgerlichen oder im nationalistischen, ethnischen Sinn. So erfuhren die griechischen und armenischen Christen, aber auch Araber und Juden zuerst durch liberale Verfassungsänderungen (1856, 1876) politische Emanzipation. Später aber wurden sie oft das Opfer eines türkischen Strebens nach ethnischer Homogenität.

    Zuerst Russland und seit der Berliner Konferenz von 1878 auch die Westmächte beanspruchten eine Protektorenrolle für die osmanischen Christen. In dieselbe Zeit fielen die ersten Pogrome an Armeniern, in denen viele Türken fortan eine fünfte Kolonne und eine Hauptquelle für das Siechtum des «kranken Mannes am Bosporus» sahen. Die Massaker von 1894 bis 1896 hinterliessen zwischen 50 000 und 300 000 Tote, und 1909 fielen 25 000 Armenier neuen Ausschreitungen zum Opfer. Dabei motivierten nicht nur kollektiv erfahrene Demütigungen die Täter, sondern auch individuelle: Die politische Emanzipation der wirtschaftlich erfolgreichen Minderheiten hatte für viele Türken einen Statusverlust dargestellt. Sultan Abdul Hamid begünstigte diese Morde als Warnung an die zentrifugalen und liberalen Bewegungen im osmanischen Vielvölkerreich; aber er sann nicht auf eine Vernichtung der aufstrebenden und sich emanzipierenden Minderheit. Ausgangspunkt dafür waren erst die auch von den Minderheiten vorerst begrüsste, da konstitutionelle Revolution der Jungtürken und der Sturz Abdul Hamids im Jahr 1909.

    Weltkrieg als «Chance»

    Die jungtürkische Ittihad ve Terakki (Einheit und Fortschritt) erliess 1909 eine Verfassung mit Gleichberechtigung und Wahlrecht aller Untertanen, erlebte aber noch im selben Jahr die Bosnische Krise und die Balkankriege von 1912/13 als «Undankbarkeit» der auf nationale Unabhängigkeit drängenden Völker. Dabei erlitten viele Türken durch Krieg, Vertreibung und Enteignung massive Schäden. Die Niederlagen in Südosteuropa veranlassten die Ittihad 1913, eine Einparteiendiktatur zu errichten. Die Jungtürken sahen die Schwäche des einst stolzen osmanischen Imperiums als Folge von Uneinheitlichkeit und fremden Eingriffen. Als Rezept für den sozialdarwinistisch verstandenen Überlebenskampf rückte der im 19. Jahrhundert entstandene Pantürkismus zur Staatsideologie auf, der sich unter anderem gegen die Sonderrechte für Christen richtete, welche die europäischen Schutzmächte erzwungen hatten. Ein «turanischer» Nationalstaat bis nach Zentralasien hinein sollte an die Stelle des heterogenen Imperiums treten, mit Türkisch als Einheitssprache und dem Islam als - eher kultureller denn religiöser - Basis.

    Noch Anfang 1914 musste die osmanische Regierung den Russen Reformen zugunsten der Christen zusagen. Der von den Ittihadisten forcierte Eintritt in den Ersten Weltkrieg an der Seite der Mittelmächte bot nun die Gelegenheit, sich dieser «politischen Fesseln» des Auslands endgültig zu entledigen und die «fünften Kolonnen» zu vertreiben, so auch Hunderttausende von Griechen in Westanatolien. Der militärische Vorstoss zu den turkstämmigen «Brudervölkern» im Osten scheiterte jedoch bald kläglich bei Kars, nicht zuletzt wegen der auf russischer Seite kämpfenden Armenier. Zwar zeichneten sich auch im osmanischen Heer viele Armenier aus, doch andere hatten eine osmanische Neutralität befürwortet. In den Augen der Jungtürken waren sie damit nicht mehr der schutzbefohlene «ermeni millet» im islamisch- osmanischen Sinn, sondern in nationalstaatlicher Logik eine separatistische Konkurrenz, mit der kein Zusammenleben möglich schien.

    Deportationen und Massaker

    Für die Armenier stellt der 24. April 1915 bis heute den eigentlichen Beginn der systematischen Verfolgungen dar, als auf Befehl des Innenministeriums die politischen und gesellschaftlichen Führer der Armenier zu Tausenden verhaftet und in der Regel ohne Prozess hingerichtet wurden. Es war kein Zufall, dass die Eskalation gegen die Armenier einsetzte, als die Westmächte durch den Vorstoss zu den Dardanellen (Landung bei Gallipoli am 25.April 1915) dem Osmanischen Reich den Todesstoss zu versetzen schienen. Allerdings hatten schon seit dem Herbst des Vorjahres mordende Banden armenische Dörfer in Ostanatolien durchzogen: Die dafür zuständige «Spezialorganisation» (Teskilat-i Mahsusa) rekrutierte sie unter Kurden, Flüchtlingen vom Balkan und vom Kaukasus sowie amnestierten Häftlingen. Auch die dem Innenministerium unterstellte Gendarmerie machte bei diesen Zügen mit, stiess aber im April 1915 in der Stadt Van erstmals auf systematischen Widerstand aufgeschreckter Armenier. Als die belagerte Stadt von Russland aus vorübergehend entsetzt wurde, hatten die Ittihadisten ihre «Dolchstosslegende», die auch die Niederlagen im Winter 1914/15 zu erklären schien: Der innere Feind spannte mit dem äusseren zusammen.

    Die Selbstschutzmassnahmen der Armenier in Van blieben eine Ausnahme, dienten aber als Begründung für die nun einsetzenden Deportationen. Den Entschluss dazu hatte das Ittihad-Zentralkomitee allerdings bereits im März gefällt: Das unzuverlässige Christenvolk sollte für immer aus seinen angestammten Wohngebieten verschwinden. Die offizielle Verfügung gegen «Personen, die in Kriegszeiten der Regierung zuwiderhandeln», datierte vom 27.Mai 1915, als die Deportationen bereits im Gang waren. Im Juni folgte ein Gesetz, das die Konfiskation armenischer Besitztümer als «herrenloses Gut» regelte. Der deutsche Vizekonsul in Erzurum hielt im August 1915 fest: «Die armenische Frage soll nun im gegenwärtigen Krieg gelöst werden», und zwar «in einer Form, die einer absoluten Ausrottung der Armenier» gleichkomme. Führende Ittihadisten bestätigten dem amerikanischen Botschafter Morgenthau, dass sie diese «neue Methode des Massakers» selbst angeordnet hatten. Beschrieben wird sie im Urteilsspruch eines türkischen Kriegsgerichts von 1919 folgendermassen:

    Durch die Kolonnenwächter, die sie aus einer Reihe von moralisch niederträchtigen Personen, Wiederholungstätern sowie Angehörigen der Gendarmerie ... zusammengestellt hatten, liessen sie die Armenier, die der Verteidigungsmöglichkeiten beraubt waren, zwecks Umsiedlung in Bewegung setzen. Als sie sich aus der Stadt entfernt hatten, liessen sie an Plätzen, die ... vor Blicken ziemlich geschützt waren, die Männer und Frauen voneinander trennen. Nachdem daraufhin ihre Sachen durch Räuberbanden geplündert worden waren ... liessen sie die Männer durch verschiedene Grausamkeiten ermorden und vernichten. Die hilflosen Frauen brachte man an andere Plätze, wo man auch ihnen den Schmuck und das Bargeld und den meisten von ihnen die Kleidung und sonstige Gegenstände abnahm, ... und vergewaltigte viele von ihnen. Danach liessen sie sie ... in entfernte Gebiete in Bewegung setzen, wobei man sie zu Fuss monatelang marschieren liess, so dass sie völlig erschöpften waren und viele von ihnen vor Hunger, Durst und durch die Strapazen des Marsches starben.

    Nicht nur die begleitenden Einheiten der Teskilat-i Mahsusa beraubten, quälten und töteten die Deportierten, sondern auch kurdische Banditen und muslimische Zivilisten auf dem Weg, der in die mesopotamische Wüste oder nach Syrien führte. Ein Ziel, etwa zum angeblichen Zweck der Neuansiedlung, war bei diesen Todesmärschen nicht vorgesehen, humanitäre Hilfe des Auslands wurde strikt zurückgewiesen, solche von Mohammedanern schwer bestraft. Osmanische Gouverneure und höhere Beamte, die sich den Vernichtungsbefehlen widersetzten, wurden abgesetzt, einige ermordet. Neben Hunger, Durst und Hitze trugen auch Seuchen zum Vernichtungswerk bei.

    Die Opferzahlen schwanken zwischen sechshunderttausend und 1,5 Millionen, rund zwei Drittel der vormals ansässigen armenischen Bevölkerung. Das osmanische Innenministerium ging 1919 von 800 000 ermordeten Armeniern aus. Bereits 1916 hatte Innenminister Talaat Pascha einem Deutschen gesagt: «La question arménienne n'existe plus.» Auch andere Zeitgenossen nannten die Dinge beim Namen: Die NZZ sprach 1915 «von der Ausrottung der Armenier in der Türkei», der Habsburger Diplomat Graf von Trauttmansdorff in Istanbul von der «Exterminierung der armenischen Rasse», und Churchill nannte die «erbarmungslose Vernichtung und Deportation» ein «Verbrechen aus politischen Gründen».

    Erster Prozess für Menschenrechte

    Nach Kriegsende besetzen alliierte Siegerstaaten weite Teile der kleinasiatischen Küste sowie Istanbul, wo der Sultan unter dem Druck vor allem der Briten, aber anfangs auch der türkischen Öffentlichkeit Kriegsgerichtsprozesse gegen die Verantwortlichen am Völkermord anordnete - der erste Versuch überhaupt, ein solches Verbrechen strafgerichtlich zu ahnden. Die Prozesse zeigten, dass die Vernichtung der Armenier systematisch «von einer vereinigten zentralen Kraft organisiert» worden war, namentlich vom Ittihad-Zentralkomitee, von Innenminister Talaat Pascha, Kriegsminister Enver Pascha sowie den Teskilat-i Mahsusa unter der Leitung von Bahaeddin Sakir. Das Istanbuler Kriegsgericht verurteilte 17 Angeklagte zum Tode, konnte aber nur 3 Hinrichtungen vollziehen. Die Haupttäter entflohen, wurden allerdings später zum Teil von armenischen Attentätern ermordet.

    Die osmanische Regierung hoffte, durch diese Kooperation einen glimpflichen Frieden zu erkaufen. Dies erwies sich als illusorisch, denn der Friede von Sèvres reduzierte 1920 die Türkei auf die anatolischen Kerngebiete und gewährte ausserdem den Kurden Autonomie und den Armeniern eine eigenständige Republik. Mustafa Kemal (Atatürk) rief
    zum nationalen Befreiungskampf auf, nicht zuletzt gegen die «Handlanger des Auslands» um Sultan Mehmed VI., der 1922 abgesetzt wurde. An eine Fortsetzung der 1921 unterbrochenen Kriegsgerichtsprozesse war nun nicht mehr zu denken, vielmehr wurden die Inhaftierten zu nationalen Märtyrern stilisiert und freigepresst. Viele von ihnen fochten darauf an Kemals Seite und bereiteten dabei im Dezember 1920 auch der kurzlebigen Republik Armenien ein Ende: Nur dessen östlicher, vormals russischer Teil um Jerewan blieb um den Preis der Bolschewisierung als Armenische Sowjetrepublik erhalten und wurde 1991 unabhängig. Dort lebten um 1920 etwa 1,6 Millionen Armenier, in Ostanatolien dagegen praktisch keine mehr und in der ganzen Türkei 1927 noch 77 433. Der Friede von Lausanne ersetzte 1923 denjenigen von Sèvres und erwähnte die Armenier mit keinem Wort mehr. Zu einem internationalen Thema wurde der Völkermord wieder durch Attentate armenischer Geheimorganisationen, denen von 1975 bis 1983 rund 30 türkische Diplomaten zum Opfer fielen. Solange Armenien ein Teil der UdSSR und die Türkei ein wichtiger Vorposten der Nato war, blieb die westliche Sensibilität jedoch beschränkt.

    Der türkische Standpunkt

    1985 erschien der «Armenian genocide» erstmals in einem offiziellen Papier der Uno, 1987 sprach auch das Europäische Parlament von «Völkermord». Bei solchen Gelegenheiten übte die Türkei stets massiven diplomatischen Druck aus; beispielsweise verhinderte sie so am 19. Oktober 2000 eine entsprechende Resolution des amerikanischen Repräsentantenhauses. Als Frankreich am 29. Januar 2001 den Genozid offiziell anerkannte, ergriff die Türkei massive Repressalien.

    Auf die schweizerische Anerkennung des Völkermords drängten die Interpellation Fankhauser (24.März 1995), die Motion Ziegler (11.Juni 1998) und das Postulat Zisyadis, das der Nationalrat im vergangenen März knapp ablehnte. Allerdings überwies er eine Petition, der Bundesrat solle in Gesprächen mit der Türkei den Völkermord thematisieren. Da das Wort «Völkermord», die zielbewusste Zerstörung einer ethnischen oder religiösen Gruppe, in der Türkei tabu ist, wurde dies schon als Teilerfolg für Zisyadis angesehen. Bundesrat Deiss sprach dagegen von «tragischen Ereignissen, die zum Tod einer sehr hohen Zahl von Armeniern geführt haben, als Folge der Massendeportationen und der zahlreichen Massaker während der Revolten und Kriege am Ende des Ottomanischen Reiches».

    Auf dieser semantischen Ebene wird der Interpretationsstreit gegenwärtig ausgetragen, wobei Deiss den türkischen Empfindlichkeiten weit entgegenkam. Türkische Historiker und Offizielle, aber mit ihnen auch einige an sich namhafte Türkologen bestreiten nämlich nicht, dass während des Ersten Weltkriegs viele - in ihrer Zählung 200 000 bis 600 000 - Armenier gestorben seien. Dabei handle es sich jedoch nicht um vorsätzliche und systematische Vernichtung, sondern um Opfer von Bürgerkriegswirren und Hungersnot, nachdem die Armenier sich erhoben hätten, wofür vor allem der Widerstand in Van angeführt wird.

    Gründe für ein einseitiges Geschichtsbild

    Mit welchem Aufwand die offizielle Türkei ihren angesichts der Quellenlage recht schäbigen Standpunkt vertritt, ist für Westeuropäer schwer nachvollziehbar. Doch ist der Genozid an den Armeniern Teil einer Politik, deren Prinzipien letztlich bis heute das türkische Staatsverständnis bestimmen. Der Zerfall des Osmanischen Reichs wurde als kontinuierlicher, von den Europäern geförderter Separatismus erfahren, der erst durch europäische Methoden aufgehalten werden konnte: durch den von den Ittihadisten und dann Atatürk verwirklichten homogenen Nationalstaat, der auch sonst fast überall, von Frankreich bis zu den USA, mit grosser Gewalt erzwungen worden sei.

    In dieser Perspektive wurden und werden die Armenier, aber auch die kleinasiatischen Griechen und später die Kurden als Werkzeuge dieses Westens angesehen, die mit ihren separatistischen Bestrebungen selbst den für das nationale Überleben scheinbar unabdingbaren Kern - Anatolien - gefährdeten, während derselbe Westen sich nie für türkische oder muslimische Minderheiten einsetzen wollte. So glauben sich viele Türken seit Jahrhunderten christlicher Unterwanderung und Verleumdung ausgesetzt - obwohl die Osmanen in religiöser Hinsicht ihr Vielvölkerreich unbestreitbar viel toleranter regierten als die christlichen Staaten der frühen Neuzeit.

    Während die Türken sich einerseits in historischer Kontinuität als Opfer wahrnehmen, fehlt den meisten von ihnen andererseits nicht nur das Verständnis, selbst auch Täter gewesen zu sein (und es wieder werden zu können), sondern überhaupt der historische Zugang zur Zeit vor 1928, als das lateinische Alphabet die arabische Schrift ablöste und die Sprache türkisiert wurde. Anders als im Westen hängt die Geschichtsdeutung von einer kleinen Zahl «Schriftgelehrter» ab, das kritische Potenzial der öffentlichen Debatte ist damit - und auch wegen anderer Hindernisse - beschränkt. Gleichwohl haben in den letzten Jahren auch einige türkische Historiker die selbstkritischen Betrachtungen wieder aufgenommen, deren die dortigen Kriegsgerichte 1919 fähig waren.

    An der Historiographie und nicht an nationalen Parlamenten ist es letztlich denn auch, zu entscheiden, ob die Massaker von 1915 «Genozid» heissen sollen oder nicht. Die Politisierung dieser Frage hat aber die türkische Regierung selbst zu verantworten, die ihr Geschichtsbild mit massiven Mitteln oktroyieren will. Sie wäre besser beraten, ohne Wagenburg-Mentalität und falsche Tabus einen offenen wissenschaftlichen Austausch und eine vollständige Aufarbeitung der Quellen (soweit sie nicht zerstört wurden) zu fördern - oder wenigstens nicht zu behindern. Das würde erlauben, jenseits von semantischen Diskussionen über den Genozid dessen Dimensionen und dessen Motive besser zu verstehen, letztlich aber auch die Wurzeln und das Wesen der modernen Türkei.
    Quelle ist die NZZ.
    Demokratie ist ein Verfahren, das garantiert, daß wir nicht besser regiert werden, als wir es verdienen.
    (George Bernard Shaw)

    Die Demokratie setzt die Vernunft des Volkes voraus, die sie erst hervorbringen soll.
    (Karl Jaspers)

    Wenn es morgens um sechs Uhr an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, daß es der Milchmann ist, dann weiß ich, daß ich in einer Demokratie lebe.
    (Winston Churchill)

  9. #49
    Mitglied Benutzerbild von pavement
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    Es ist nunmal eine tatsache das es kein Genozid an den Armeniern gab.
    Ich finde es ziemlich interessant das wenn ich mich mit leuten Unterhalte die Behaupten es gab ein Genozid die Zahlen so dermassen variieren...

    manche sagen 3 Mio
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    das hört sich für mich genauso an wie die argumentation eines gewissen herrn aufklärers...
    Es ist ein hartes Wort und dennoch sag ichs, weil es Wahrheit ist: ich kann kein Volk mir denken, das zerrißner wäre, wie die Deutschen. Handwerker siehst du, aber keine Menschen, Denker, aber keine Menschen, Priester, aber keine Menschen, Herrn und Knechte, Jungen und gesetzte Leute, aber keine Menschen - ist das nicht, wie ein Schlachtfeld, wo Hände und Arme und alle Glieder zerstückelt untereinander liegen, indessen das vergoßne Lebensblut im Sande zerrinnt?

    Friedrich Hölderlin

  10. #50
    Scharfschütze Benutzerbild von Der Schakal
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    das hört sich für mich genauso an wie die argumentation eines gewissen herrn aufklärers...

    Was soll das denn heißen? X(

    Sie sollten vorsichtig mit ihren Behauptungen?

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