Iman al-Hams ist der Name eines 13jährigen Schulmädchens aus einem der Flüchtlingslager, das von einem israelischen Platoon-Führer zunächst verwundet und dann exekutiert wurde; es starb im traurigen Sand Rafahs. Israelische Soldaten der Kompanie des Täters sagten dem israelischen Massenblatt Yedioth Ahronoth: Der Soldat auf dem Wachturm habe Iman identifiziert und dem Kommandeur beschwichtigend zugerufen: "Nicht schießen. Es ist ein kleines Mädchen". Aber der Kommandeur, so die Soldaten, "ging auf sie zu und schoß zwei Kugeln in (ihren Kopf), er kehrte zur Truppe zurück, drehte sich nochmal zu ihr um, schaltete seine Waffe auf Automatik und leerte das ganze Magazin in sie hinein" (1). Augenzeugen bestätigen die Aussagen der Soldaten. Laut Augenzeugen befand sich Iman, als sie erschossen wurde, fast 70m vom israelischen Armeeposten entfernt. Zunächst wurde Iman durch eine Kugel ins Bein getroffen. Das Mädchen in Schuluniform fiel hin. Dann, so die Augenzeugen, ging der Offizier auf sie zu; er sah ihre blutenden Wunden. Dennoch schoß er Iman zweimal in den Kopf , "um die Tötung sicherzustellen" (israelischer Euphemismus für die Praxis, verletzte Palästinenser einfach zu liquidieren). Die Armee verfügte eine oberflächliche Untersuchung und sprach den Täter vom Vorwurf des "unethischen" Verhaltens frei - auf ganzer Linie. Das entspricht der üblichen Praxis. Der Offizier wurde lediglich suspendiert, weil er ein "schlechtes Verhältnis zu Untergebenen" habe. (2)
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1996 - noch vor der heutigen Intifada also -, schlug ein israelischer Siedler in Hebron den 11jährigen Hilmi Shusha mit einer Pistole tot. Zuerst ließ ein israelischer Richter den Mörder laufen. Der Richter sagte, das Kind "starb von ganz allein, infolge 'emotionalen Drucks'". Nach zahlreichen Eingaben, und da auch der Oberste Gerichtshof Druck machte (er sprach von einem "minderschweren Tötungsfall" ("light killing")), überdachte der Richter seine Entscheidung - inzwischen tobte die Al-Aksa-Intifada -, und verurteilte den Killer zu 6 Monaten gemeinnütziger Arbeit und einer Geldstrafe von ein paar tausend Dollar. Der Vater des getöteten Jungen warf dem Gericht vor, "eine Lizenz zum töten" ausgegeben zu haben. (5) Der (israelische Journalist) Gideon Levy bezeichnete dieses Bußgeld für den Tod eines Kindes in der Haaretz treffend als "Ausverkaufs-Sonderrabatt". Gideon verweist auf Untersuchungen der wichtigsten israelischen Menschenrechtsorganisation, B'Tselem, in denen dutzende ähnlicher Fälle dokumentiert sind. Auch hier wurden die Täter freigesprochen, oder sie kamen mit lächerlichen Strafen davon. (6)
Während des ersten Intifada-Jahrs dokumentierten mehrere Menschenrechtsorganisationen, darunter 'Physicians for Human Rights' ('Ärzte für Menschenrechte') aus Boston, das klassische Vorgehen israelischer Scharfschützen: Entweder, die Scharfschützen schossen den palästinensischen Kindern in die Knie oder in die Augen - "mit der klaren Absicht zu verletzen". Eine Universitätsprofessorin aus Tel Aviv, Tanya Reinhart, schreibt: "Es ist übliche Praxis, ein gummiummanteltes Stahlgeschoß mitten ins Auge zu schießen - ein kleines Spielchen für gut ausgebildete Soldaten, es erfordert ein Maximum an Präzision". (7) Die Scharfschützen haben offensichtlich nur das kleine funkelnde Ziel im Blick - sie sehen nicht das Gesicht, nicht die Person, das Menschenkind. Sie "erledigen" und das mit großer "Professionalität". Ein Journalist der New York Times hielt sich zwei Wochen an einem Brennpunkt in Gaza auf, um über die dortigen "Zusammenstöße" zu berichten. Hier standen sich palästinensische Kinder mit Steinschleudern und Steinen und die israelische Armee mit Panzern und Präzisionsgerät gegenüber. Der Journalist schreibt: "Während der ganzen Zeit, die ich in Karni verbrachte, hatte ich zu keinem Zeitpunkt den Eindruck, daß sich irgendein israelischer Soldat in Lebensgefahr befand. Kein israelischer Soldat und kein (jüdischer) Siedler wurden verletzt. In dieser (...) Zeit wurden mindestens 11 Palästinenser (Kinder) getötet, bei Tag" (8) - getötet durch scharfe Munition.