
Zitat von
Rhino
Ich kenne die Sichtweise. Die Logik ist da das alle Christen der Welt irgendwie 'die Kirche' (ecclesia) sind. Deswegen gibt es nur eigentlich eine Kirche. Und alle anderen sind 'Sekten'. Das wird auch aus der Schrift begruendet. Die ecclesia sei der "Leib Christi". Da es nur einen Leib Christi gaebe, duerfe es auch nur eine Ecclesia geben. Daher muessen alle irgendwie in die gleiche Organisation rein. Das hat durchaus den Schein von Logik an sich. Ist aber nicht unproblematisch. Wie ist denn ein Christ, ein Glied des Leibes Christi definiert?
Nun, gibt da doch mehr als eine Definition, z.B.:
1. Mitgliedschaft in einer Kirche.
2. Ein christliches Glaubensbekenntnis haben.
3. Wiedergeboren sein aus dem Geist und in Christus sein.
Theoretisch kann man ja alle dreie sein. Nur verhaelt es sich aber so, dass die Punkte 1. und 2. messbar sind. Dass man Punkt 3. aber nicht messen kann, jedenfalls nicht von aussen mit administrativen Methoden.
Punkt 3. ist aber der entscheidende Punkt. In Christus ist nur wer auch seinen Geist hat. Wer den nicht hat, ist nicht Teil von ihm.
Und genau da habe ich meine Zweifel bei insbesondere den Amtskirchen und bei den meisten Freikirchen habe ich das auch. Die scheinen da alle ihre eigene Show begonnen zu haben. Wenn sie mal Teil Christi waren, haben sie sich wieder abgespalten. Und man merkt es ja auch daran, dass sie bei allen Trends des Zeitgeistes mitmachen wenngleich oft auch eher widerwillig.
Dass die Enstehung des Christentums als Kulturerscheinung vom Hellenismus gepraegt war, stimmt natuerlich. Es hatte freilich auch den Vorteil, dass man sich in dem Koine Griechisch besser ausdruecken konnte, als in den anderen Sprachen. Wer ein wenig das Koine-griechisch kennt, wird das auch schnell merken. Dass der NT-Text in Griechisch verfasst war, sollte da also keineswegs ueberaschen. Er war der Mehrheit der gebildeten Leute seiner Zeit zugaenglich. Hebraeisch hat da einen wesentlich mystischeren Charakter gehabt. Daher sind die OT Texte auch etwas schwieriger zu uebersetzen als die Griechischen Texte.
Wenn ich den Kirchen vorwerfe sie haetten ihre eigenen Talmuds aufgebaut, geht es weniger um inhaltliche Gleichstellung mit dem Talmuds, als vielmehr, dass man ein kompliziertes System von 'Fachwissen' konstruiert hat und das dann als Lehre und Theologie vermarktet hat. Einerseits wollen Theologen freilich Glaubensinhalte vermitteln und erklaeren, aber sie verstricken sich dabei auch in immer mehr Widersprueche. Die Selbstrechtfertigung schwingt da dann auch immer mit. Der Talmud ist da ein extremes Beispiel fuer. Er lehrt zwar einerseits man 'muesse das Gesetz halten', will dann auch lehren wie das geht. Andererseits zeigt er auch alle moeglichen Tricks wie man (angeblich) um die Regeln kommen koenne. Das treibt da teilweise die absurdesten Stilblueten. Das blieb freilich auch irgendwann nicht mehr unentdeckt, was zu Kritiken und Polemiken das Talmuds fuehrte.
Aus meiner Sicht, und ich denke ich verstehe die Aussagen die Jesus vor allem im Johannes Evangelium macht richtig, ist der eigentliche Theologe des Christen der Heilige Geist und nicht irgendwelche Gurus, Literatur oder andere Instanzen. Will heissen die Lehre hat von Gott her zu kommen und nicht vom Menschen. Das es auch lehrende in der Gemeinde geben muss, steht da noch auf einem anderen Blatt. Das ist freilich so. Der Neue Christ braucht da ein wenige Leitung und Begleitung um letztendlich durch den Heiligen Geist lernen zu koennen. Ansonsten wird der Laden da naemlich zu einem Geschaeftsmodell... Und damit man die Schafe bei der Stange halten kann, muss man sie freilich auch darin hindern wirklich den Heiligen Geist zu haben und von ihm gelehrt zu werden. Die glauben dann, dass die anderen es ja schon wissen werden und laufen da dann mit. Im Endeffekt werden da viele dann auch wieder das Handtuch werfen. Eben weil das erwartete sich nicht realisiert.
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Ich respektiere die traditionellen Kirche im historischen Sinne. Halte sie aber dennoch alle fuer Irrwege von Christus weg. Es wird da aber immer wieder Leute geben, die zumindest den Kern des Evangeliums angenommen haben und vielleicht sogar den Heiligen Geist haben. Mir erschliesst sich da nicht ganz, warum die da dann aber immer noch mitmachen. Das Argument ist dann, dass man da mitmacht, um irgendwie noch die anderen irgendwie zu retten und zu evangelisieren. Oder um das Ruder rumzureissen. Die Erfahrung der letztend 70 Jahre hat aber gezeigt, dass das nichts bringt. Im Gegenteil. Die aktiven Christen dort dienen da mehr als Feigenblatt, fuer die Woelfe im Schaftspelz, die die Macht in diesen Organisationen an sich gerissen haben. Ist freilich auch klar, dass es bequemer ist bei einer reichen, subventionierten und womoeglich noch einflussreichen Organisation zu sein. Vor allem wenn der Job davon abhaengt. Aber nah ja, man fragt sich, ob der Einsatz da dann nicht anderswo besser angelegt worden waere.
Das Konzept der Naechstenliebe war durchaus auch vor Jesus bereits bekannt. Das scheint den christlichen Humanisten aber gar nicht klar zu sein. Die tun so als waere vorher "Naechstenhass" gepredigt worden. Das war aber definitiv nicht so. Es wurde aber oft damit geheuchelt und war nicht unbedingt konsequent mit den Lehren. Ausserdem aendert es ja auch nichts daran, dass man mal was 'von Naechstenliebe' gehoert hat. Oder das man Leute einer Gasbeleuchtung unterzieht um ihr Verhalten zu modifizieren. Dann kommt da naemlich wieder der gleiche Unfug raus wie frueher oder sogar Schlimmeres. Die Gebote haben ja auch nicht direkt was mit dem Evangelium zu tun. Im Gegenteil wird herausgestellt, dass die menschliche Person sich gar nicht an Gebote halten kann, weil das Kernproblem ein anderes ist. Und genau dieses Kernproblem spricht das Evangelium an. Gekreuzigt mit Christus und wiedergeboren aus dem Geist. Und nah ja, genau das wrid immer wieder misverstanden, eben weil die Leute nicht den Heiligen Geist haben.
Der Judaismus hat da freilich so seine eigenen Vorstellungen von Naechstenliebe, Rettung, Messias, usw. Ist da teilweise realistischer als die Elfenbeinturmtheologen. Letztere sind haeufig ganz einfach nur idealisten ohne Sinn fuer das praktische und das geht dann schnell in die Hose, wenn es umgesetzt werden soll. Andererseits geht der Judaismus da auch Tief ins mystische hinein... Das geschieht freilich Schrittweise, die Laien sollen nicht Wissen wo es hinfuehrt. Und ich denke man hat gena dafuer auch seine Gruende. Die werden in der Regel nicht so begeistert sein, wenn sie erkennen, wohin da die Reise geht.
Das war vielen Theologen in der Vergangenheit auch klar gewesen, eben weil sie ein systematisches Studium der Schriften betrieben. Und auch den Judaismus ein wenig besser verstanden, als wie es heute der Fall ist. Diesen Alt-Theologen wird heute freilich eine "Enterbungslehre" vorgeworfen und natuerlich, dass sie 'Antisemitisch' seien.