Liebe Forenfamilie,
zunächst wünsche ich euch allen einen guten Rutsch und ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2022.
Das jetzt in den letzten Zügen liegende Jahr 2021 war für mich persönlich (vor allem durch die Belastung der Home-Beschulung der Kinder im ersten Jahresdrittel) sehr anstrengend, ansonsten in Ordnung. Gesellschaftlich war es m.E. katastrophal.
Ich nehme mal BrüggeGents Äußerung aus einem anderen Strang als Ausgangspunkt:
Ich stimme ihm hier explizit zu, glaube aber, daß das Ganze noch deutlich weitreichender ist.
In meinem Augen wirkt Corona gesellschaftlich wie ein Brennglas und wie ein Katalysator: Es legt gesellschaftliche (Fehl-)Entwicklungen offen und beschleunigt diese.
Das bald vergangene Jahr hat - leider - deutlich gezeigt, daß
- die Gesellschaft zutiefst gespalten ist,
- der Eingriff in Grundrechte kaum auf Widerstand trifft,
- es in erheblichem Umfang ein Blockwartdenken in der Bevölkerung gibt, und
- rationales und analytisches Denken in der Bevölkerung und der Presse die Ausnahme sind.
All das gibt leider wenig Anlaß, freudig in den Zukunft des vor uns liegenden Jahres 2022 (dem Soylent-Green-Jahr!) und der Zeit danach zu blicken.
Zur Spaltung der Gesellschaft: Diese hat mittlerweile ein Ausmaß erreicht, das ein Kommukationshindernis darstellt. Sinnvoll in einen Dialog eintreten kann nur, wer in irgendeiner Form einen gemeinsamen Bezugsrahmen hat. Dieser ist kaum mehr gegeben. Politik und Medien haben das
[Links nur für registrierte Nutzer] offensichtlich bis heute nicht verstanden. Zuletzt konnte man seitens der Presse vermehrt Stimmen vernehmen, welche die Spaltung explizit begrüßen (siehe z.B.
[Links nur für registrierte Nutzer]). Nebenbei: die Spaltung vollzieht sich natürlich auch und nicht zuletzt in sozialer Hinsicht. Mir geht es diesbezüglich relativ gut: ich habe einen 100% home-office-kompatiblen Job, bekommen nach wie vor mein Geld (meine Frau geht es ebenso) und bin fachlich durchaus in der Lage, meine Kinder selbst zu beschulen, auch wenn das neben der Arbeit schon auf Dauer extrem anstrengend ist. Wir haben mittlerweile ein zweites häusliches Büros eingerichtet und auch ansonsten genug Platz, uns in einem Lockdown nicht gegenseitig auf die Nerven gehen zu müssen. Andere betrifft die aktuelle Zeit insofern sicher mehr. Trotzdem können mir diese Verwerfungen nicht egal sein.
Zu den Grundrechtseingriffen: Man gilt mittlerweile als Feind der Demokratie, wenn man sich auf das grundgesetzlich garantierte Grundrecht der Versammlungsfreiheit beruft und Kritik an der Maßnahmen der Regierung übt. Um es klar zu sagen: Ja, Corona ist real und schlimm, es sterben durchaus Menschen daran und andere leiden an Spätfolgen. Die Maßnahmen der Regierung sind jedoch in weiten Teilen schlicht Aktionismus: Wir zeigen, daß wir das Problem nicht ignorieren, indem wie Maßnahmen ergreifen. Weder ist hier eine konsistente Linie erkennbar, noch sind die Maßnahmen in toto geeignet, das Ziel überhaupt zu erreichen. Nehmen wir als Beispiel die gänzlich absurde Ausgangssperre ab 22:00 oder das jetzige Verbot des Verkaufs von F2-Feuerwerkskörpern. Bei letzterem wird argumentiert, daß dies sinnvoll sei, um die Krankenhäuser zu entlasten. Das Ganze spielt stark in den vierten Punkt (Dinge analytisch durchdenken zu können (sapere aude!)), da die Aus-/Be-/Überlastung der Krankenhäuser in erheblichem Maße hausgemacht ist: es wurde schon 2020 in erheblichem Umfang (auf Zeitarbeit basierendes) Pflegepersonal in den Krankenhäusern entlassen, während gleichzeitg Betten für Corona freigehalten wurden.Eben ohne das dann im Ernstfall notwendige Personal, daß sich eben auch nicht von heute auf morgen reaquirieren läßt, zumal etliche Pflegekräft aus der Branche ausgestiegen sind (siehe z.B.
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Zum Blockwartdenken: Wer sich (oder anderen) jemals die Frage gestellt hat, wie "das" (gemeint ist natürlich das Geschehen des tempus tertii imperii) damals passieren konnte, durfte 2021 als spannendes Sozialexperiment verbuchen: genaus so. Mitläufertum und Denunziantentum allenthalben. Kritisches Denken ist leider nicht en vogue. War es aber nicht das, was Schulen und Universitäten beim Schleifen der Lehrpläne als Surrogat verkauften: Daß die von ihnen Erzogenen kritisch dächten. Ich merke davon leider sehr wenig. Für mich persönlich ist das der bedrückendste Punkt.
Das klingt alles wenig erbaulich, aber ich wünschen euch trotz dieser verrückten Zeit alles Gute für 2022. Gesundheit vom allem, Humor, Freude und Erfolg.
Ich werde Silverster wie gewohnt phantastisch essen und trinken, "Dinner for one" und den "Sylversterpunsch" schauen und mir einen schönen Abend machen.
Grüße
John