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Bergischer Löwe
Vielem stimme ich zu - letzterem nicht. Gerade die Dreadnought hat etwa 50 britische Großkampfschiffe entwertet und alles auf Null gesetzt. Leider hat man in Deutschland - schläfrig wie man hierzulande schon mal ist - vergessen, Werften zu bauen, die einen ähnlichen Bautakt wie die Limeys hätten anschlagen können. Welche Werften konnten hierzulande überhaupt Großkampfschiffe bauen?
1. Schichau, Danzig
2. Marinewerft, Wilhelmshaven
3. AG Weser, Bremen
4. Vulcan, Hamburg (Ndl. des Stettiner Vulcan)
5. Blohm & Voss, Hamburg
6. HDW Kiel
7. Germania Kiel
Dazu kam etwa 5-6 mittelgroße Werften, die kleinere Einheiten bauten (kleine Kreuzer, Torpedoboote, U-Boote, Minensucher)
In Großbritannien dagegen konnten fast 2 Dutzend Werften, Großkampfschiffe (Schlachtschiffe, Schlachtkreuzer, schwere Kreuzer) bauen. Dazu etwa 20 Werften mit Zivilschiff- und kleineren Projekten.
Deutschland hatte Großbritannien in einigen Wirtschaftszweigen ein- bzw. überholt (Stahl, Chemie, Maschinenbau) - bei den Werften allerdings war Deutschland vergleichsweise langsam. Tirpitz vergaß in seinen Plänen ab 1890 die vergleichsweise geringen Werftkapazitäten. Zunächst hätte Deutschland - und wir sind uns ja wohl einig, dass ein Sieg über Großbritannien nur zur See errungen werden konnte - keinen Krieg gegen die Westmächte wagen können, bis man die Werftkapazitäten nicht angepasst hatte. Ein Problem übriegens bis heute. Deutschland hat selbst heute nicht ausreichende Werftkapazitäten für den Kriegsschiffbau. Deswegen dauert alles auch ewig und wird hundertfünzigmal neu überlegt, bevor auf Kiel gelegt wird. Die Briten hatten und haben immer noch mehr Mut zum Risiko.
Hätte Deutschland nicht so sehr auf U-Boot Krieg gesetzt sondern Scheers Idee des Herauslockens durch Angriffe auf die britische Ostküste weiter verfolgt (Schlachtkreuzer beschießen Landziele und locken britische Schlachtkreuzer in die Arme der draußen lauernden Schlachtschiffe), hätte das zur Zermürbungstaktik beigetragen und möglicherweise einen Ausbruch des Gros der Hochseeflotte ermöglicht, da Beatty auf dem wachsenden öffentlichen Druck hin mehr Einheiten aus Scapa Flow nach Rosyth hätte abziehen müssen als das 1916 der Fall war. Hätte Deutschland dann noch Dänemark besetzt (was irrsinnigerweise nie in Erwägung gezogen wurde), hätte man mit Luftschiffen und Marinefligern diesen Ausbruch viel leichter decken können.
Damit wäre auch ein Angriff der schweren Überwassereinheiten auf Gibraltar möglich gewesen und Italiens "Mare Nostrum" wäre derartig gefährdet gewesen, dass dies eine Schwächung der Einheiten, die Österreichs nicht zu unterschätzende Flotte in der Adria blockierten, bedeutet hätte.
Wirtschaftspolitisch und Seestrategisch wurde der Elfmeter, den die Briten mit der HMS "Dreadnought" selbst servierten, leider kläglich verschossen.