Hass auf Walter Lübcke baute sich über Jahre auf
Im weiteren Verlauf der Video-Aufzeichnung, die am Nachmittag gezeigt wurde, berichtet Ernst ausführlich davon, wie sich sein Hass nach der Rede Walter Lübckes bei der Bürgerversammlung in Lohfelden immer stärker auf diesen fokussiert habe. "In diesem Moment war er bei mir auf dem Schirm", sagte Ernst über Lübcke. "Da hat sich was aufgebaut, das hat mich nicht mehr losgelassen."
In den Jahren bis 2019 habe er immer wieder das Haus des Regierungspräsidenten in Istha ausgespäht. Islamistische Anschläge, wie der in Nizza oder auf den Berliner Weihnachtsmarkt, seien "Schlüsselerlebnisse" gewesen, die seinen Hass weiter befeuert hätten. "Ich denke spätestens seit dem Anschlag von Nizza, habe ich den Entschluss gefasst, dem Herrn Lübcke was anzutun."
Bereits 2017 und 2018 sei er jeweils am Tag der Kirmes in Istha bewaffnet zu Lübckes Haus gefahren, entschlossen ihn zu erschießen. 2018 habe er sogar im Dunkeln mit einer Waffe im Garten gesessen und Lübcke auf der Terrasse gesehen. Beide Male jedoch habe er den Entschluss nicht in die Tat umgesetzt.
Knappe Schilderung des Tatverlaufs
Die Schilderung der eigentlichen Tat fällt indes knapp aus. Sie nimmt gerade einmal etwas mehr als zehn Minuten in Anspruch. Am Tattag, erklärt Ernst gegenüber den Beamten, sei er gegen 19.30 Uhr nach Istha gefahren - bewaffnet mit einem Revolver der Marke Taurus. Dort habe er bis 23 Uhr gewartet, ehe er sich dem Haus von Lübcke von einer angrenzenden Pferdekoppel genähert und dort weitere 20 Minuten gewartet habe. Er habe bereits wieder zum Auto zurückkehren wollen, als Lübcke plötzlich auf der Terrasse stand.
"Er hat meinen Schatten gesehen. Er wollte noch schauen. In dem Moment ist der Schuss gefallen", berichtet Ernst in der Vernehmung. Danach sei er vom Tatort geflohen. Am nächsten Tag habe er versucht, den Anschein der Normalität zu wahren. Er sei mit seinem Sohn zum Bogenschießen gefahren und habe abends die Spätschicht bei seinem Arbeitgeber angetreten. "Ich war erschrocken darüber, wie normal alles ist."