#sagenwasist
Hatte der Fall Relotius System?
Unter dem Hashtag #sagenwasist erzählen Reporter, wie sie zu Manipulationen an Texten gedrängt wurden. Für manche ist die Debatte deshalb scheinheilig.
[Links nur für registrierte Nutzer] Markus Lücker
Der Fall Relotius wird weiter heftig diskutiert. Vor gut einer Woche gab der „Spiegel“ bekannt, dass sein mittlerweile gekündigter Reporter Claas Relotius über Jahre Reportagen in Teilen erfunden hat. Dadurch wurde auch das Genre in Misskredit gebracht. Was hat das für Konsequenzen? Was ist
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Wie kann und soll es mit der Textform weitergehen, fragen sich nicht nur die Redaktionen des Hamburger Nachrichtenmagazins. Für Fabian Goldmann ist das nicht genug. Am Tag nach den ersten Relotius-Enthüllungen verbreitete der freie Autor einen Aufruf über Twitter an andere Journalisten: „Wenn ihr der Meinung seid, dass #Relotius auch Ausdruck eines strukturellen Problems ist, wäre jetzt doch eine gute Gelegenheit über eure Erfahrungen zu berichten.“
Seitdem schreiben Autoren unter dem an das Motto des „Spiegel“-Gründers Rudolf Augstein angelehnten Hashtag #sagenwasist im Netz von [Links nur für registrierte Nutzer].
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Eine scheinheilige Debatte
Die wie Relotius vor allem im Ausland aktive Journalistin Ronja von Wurmb-Seibel erwähnt einen Tipp, den ihr ein Vorgesetzter während ihrer beruflichen Anfänge gegeben haben soll: „Das Gute am Auslandsjournalismus ist ja, dass niemand rausfinden wird, ob der Mann in Kabul das wirklich gesagt hat.“ Andere Kollegen hätten darauf beharrt, Explosionen zu zeigen, wo keine passiert seien.
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Die Causa Relotius ist für sie daher nicht allzu überraschend. „Mir kam die Debatte innerhalb der
[Links nur für registrierte Nutzer],“ schreibt von Wurmb-Seibel dem Tagesspiegel. „Ich habe mich geärgert, dass dieser Moment nicht genutzt wird, um über unser Handwerk nachzudenken, um selbstkritisch zu sein und am Ende sagen zu können: Wir haben jetzt wirklich alles getan, damit das nicht wieder vorkommt.“
Sie persönlich sei in einer Position, wo sie offen über ihre Erfahrungen sprechen könne, ohne dabei Nachteile befürchten zu müssen, jedenfalls solange sie keine Namen nenne. Ihr hätten in den vergangenen Tagen Dutzende Journalisten geschrieben, die alle ähnliche, teils noch drastischere Erfahrungen gemacht hätten, sich aber nicht trauen, diese zu veröffentlichen. Sie hoffe natürlich, dass sich nun etwas ändert. „Das ist eine Chance, die wir nicht verstreichen lassen sollten.“ Sie wisse auch, dass inzwischen mehrere Kollegen recherchieren, um noch mehr Geschichten aufzudecken, bei denen Reporter wissentlich gegen Fakten geschrieben haben.