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Wohin verschwinden jedes Jahr mehr als neunzig Prozent der EU-Gelder? Die EU hat sich zu einem Tummelplatz für Betrüger entwickelt.
Stellen sie sich vor: Sie geben Ihre jährliche Einkommensteuererklärung ab, ohne die Einnahmen- und Ausgabenspalte auszufüllen. Ihr Steueramt würde Sie garantiert auffordern, die fehlenden Angaben nachzuliefern. Und stellen Sie sich vor, Sie gäben dem Steueramt folgende Antwort: "Ich habe nicht die entfernteste Ahnung, wieviel ich eingenommen und wieviel ich ausgegeben habe. Und ich habe keinen blassen Schimmer, was mit dem Geld passiert ist. Ich schaffe es einfach nicht, den Überblick zu behalten."
Wenn Sie glauben, das sei übertrieben, dann stellen Sie sich ausserdem vor, Sie hätten das die letzten zehn Jahre hindurch so gemacht. Vermutlich hätte man Ihnen eine deftige Strafe aufgebrummt, oder Sie wären sogar im Gefängnis gelandet.
Ungenau, unzuverlässig
Anders sieht es mit der Europäischen Union (EU) aus. Jahr für Jahr werden ihre Konten von einer unabhängigen amtlichen Prüfstelle - dem Europäischen Rechnungshof (ERH) - kontrolliert. Und Jahr für Jahr kommen die Prüfer zum selben Ergebnis: Die vorgelegten Rechnungen sind so ungenau und unzuverlässig, dass sich die Prüfer ausserstande sehen, die Ordnungsmässigkeit zu bescheinigen.
Im vergangenen Jahr hatte das Budget der EU ein Gesamtvolumen von über 109 Milliarden Euro, wovon 22 Milliarden von deutschen Steuerzahlern kamen. Ein Grossteil dieses Geldes wurde korrekt verwendet, für Regionalbeihilfen, echte Agrarsubventionen. Doch niemand weiss, wieviel Geld in dunkle Kanäle geflossen ist. Die EU hat sich zu einem Tummelplatz für Betrüger entwickelt. Und es scheint immer schlimmer zu werden.
Keine Belege
Die letzte Prüfung betraf das Rechnungsjahr 2003. Die Prüfer stellten fest, dass 93,4 Prozent der Rechnungen nicht durch Belege gesichert oder mit so vielen Fehlern behaftet waren, dass auf sie kein Verlass war. Das gleiche galt für 91 Prozent der Zahlen aus dem Rechnungsjahr 2002.
Das heisst, rund 95 Milliarden Euro sind nicht ordnungsgemäss verbucht und abgerechnet worden. Das ist ein Finanzskandal, der jede Vorstellungskraft sprengt. Nach den Worten der Prüfer sind weitere Anstrengungen seitens der EU erforderlich, "um zu garantieren, dass der EU-Haushalt so abgeschlossen wird, dass er den legitimen Erwartungen aller EU-Bürger entspricht".
In den Prüfberichten werden verschiedene Tricks aufgedeckt, die zunehmend um sich greifen. Die Italiener waren beispielsweise in der Vergangenheit Meister im Kassieren von Beihilfen für nicht vorhandene Olivenplantagen (in ganz Italien gibt es nicht so viele Olivenbäume wie in den Anträgen angegeben). Und im Bericht für das Rechnungsjahr 2002 steht: "In Österreich waren die Flächenangaben der förderfähigen Bergweiden in manchen Gebieten um mehr als 60 Prozent zu hoch." In Griechenland wurde in mindestens einem Fall Beihilfe für Mais bezahlt, den es offensichtlich nie gab. Doch das ist längst nicht alles. Seite um Seite folgen ausführliche Darlegungen über eine schwindelerregende, schamlose "Misswirtschaft" und "zu Unrecht erhaltene Beihilfen".
In Ausnahmefällen werden "an Ort und Stelle" Kontrollen durchgeführt. 2003 meldeten die EU-Kontrolleure 2453 Betrugsfälle und Unregelmässigkeiten. Davon betrafen 28 Prozent Italien, 19 Prozent Deutschland und 17 Prozent die Niederlande. Doch das sind nur die Fälle, bei denen eine Kontrolle möglich war. Noch immer stehen Rückzahlungen in Höhe von rund 220 Millionen Euro für unrechtmässig kassierte Agrar- und Strukturhilfen und sonstige Leistungen aus.
Und wer noch immer an die Ehrlichkeit der Mitglieder glaubt, sollte den folgenden Abschnitt aus dem Prüfbericht 2002 lesen: "Bei den vom Gericht festgestellten Fehlern ... handelte es sich in erster Linie um Abweichungen zwischen den von den Landwirten geführten Aufzeichnungen und den Meldungen, auf deren Grundlage die Prämien bezahlt wurden. Ganz vorn dabei waren die Niederlande und Grossbritannien."
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Von Stephen Pollard, Centre for the New Europe, Brüssel
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Ich würde gerne einmal etwas Positives über die EU hören und lesen. Aber es scheint nur Negativberichte zu geben. Die zwangsweise Euro-Einführung in Deutschland, war eine getarnte Geldentwertung, die von der Exportwirtschaft und den Banken begrüßt wurde.
Deutschland könnte ohne EU sehr gut existieren, die EU aber nicht ohne Deutschland.