Zweifelhafte „Segnungen“ unserer Demokratie
Revolutionen oder grundsätzliche Neustrukturierungen sind nur in Ausnahmefällen von unten ausgelöst worden. Immer stand einer Bewegung ein elitärer Kopf voran, im weitesten Sinn.
Die Sozialreformen, deren Reste wir noch heute in Europa genießen dürfen, sind zu einer Zeit entstanden, als noch Kaiser und Könige herrschten. Amerika, die USA, von Anbeginn ohne allein verantwortlichen Herrscher haben dementsprechend an dieser sozialen Entwicklung nicht teilgehabt. Gewiss, die Zustände der unklar definierten Verantwortlichkeiten für Entwicklungen, also die Absenz eines verantwortlichen Herrschers, hat den USA Zeiten rasanten Fortschritts beschert. Allerdings muss man nur hundert Jahre zurückblicken und wird erkennen, dass diese Entwicklung keinesfalls das Maß der Dinge war.
So konnte zum Beispiel das Deutsche Kaiserreich in den Jahren von 1871 bis 1900 sein BIP vervierfachen und die demokratischen USA nur verdreifachen. Nebenbei bemerkt, fand diese Entwicklung vollständig ohne Inflation statt.
Die scheinbaren Erfolge der westlichen Demokratien sind nicht dieser Staatsform geschuldet. Es war vielmehr die rasante technische Entwicklung, die die Defizite der demokratischen Nicht-Verantwortung überdeckt hat. Dieser technische Fortschritt hätte in jeder Staatsform zu einem ähnlichen Wohlstand geführt, den wir heute genießen können. Vielleicht stünden wir heute sogar besser da, ohne unsere hochgelobte Demokratie. Diese Demokratie hat im Wesentlichen zwei Defizite: In der vorgeblichen Idealform existiert sie gar nicht und sie ist zu einer Religion erhoben worden, die ein „wahrer Demokrat“ nicht anzweifeln darf. Die Folge sind Kreuzzug-artige Kriege die die ganze Welt mit den „Segnungen“ der Demokratie beglücken sollen, ob es nun zu gewachsenen Strukturen passt oder nicht. Ich sehe hier keinen Unterschied zur Weltbeglückungsideologie des Kommunismus.
Verantwortlichkeit bleibt relativ – die nächste Wahl steht an
Das größte Manko moderner Demokratien ist die Absenz direkter Verantwortlichkeit. Man kann sich immer auf einen „Volkswillen“ berufen, der in einer repräsentativen Demokratie aber gar nicht ermittelt wird. Eine wiederum amorphe Masse von Parteigängern kungelt untereinander aus, was das Volk zu wollen hat. Wahlgänge werden pervertiert, indem Themen, die das Volk wirklich bewegen, erst gar nicht zur Wahl gestellt werden. Beispiele? Atomwaffen in Deutschland. Jugoslawien-Krieg. Einsatz in Afghanistan. Beschränkung der Banken-Macht/Kapitalkontrolle. Sozialpolitik. Asylpolitik und ganz aktuell Sanktionen gegen Russland.
Sollten demographische Erhebungen ergeben, dass das (dumme) Volk mit dem Handeln der Regenten zu wenig einverstanden ist, dann werden die gleichgeschalteten Medien eingesetzt, um das (noch dümmere) Volk wieder auf den „richtigen Weg“ zu bringen. Demokratie? Freie Willensbildung?
„Teamwork“ heißt die große demokratische Errungenschaft. Welche Qualität von Ergebnissen kann aber von einem Team erwartet werden, für die ohne einen klar verantwortlichen Teamleiter letztlich niemand Verantwortung übernehmen muss? Wenn selbst Vorstandsvorsitzende mit Verträgen ausgestattet sind, die ihnen selbst im Fall des eindeutigen Scheiterns Millionenzahlungen auf Lebenszeit garantieren? Wenn Parteien ihre Versprechen wieder nicht gehalten haben mit dem entschuldigenden Verweis auf die Probleme mit dem Koalitionspartner?
Hier zeigen sich die nächsten Probleme der repräsentativen Demokratie. Gleichgültig wie genial eine Neuerung der Regierung auch sein mag, die Opposition wird sie niemals loben; im Gegenteil die auch nur kleinste Made im Gefüge zu einem Drachen hochstilisieren, das ganze Projekt verdammen. Die Zeiten, in denen wirklich regiert wird, sind zu kurz. Es wird nur noch auf die nächste Wahl geschielt. Im deutschen System ist es geradezu katastrophal. Die zwischengeschobenen Landtagswahlen erlauben nicht einmal geschlossene Zeiträume von vier Jahren, wenigstens für diesen Zeitraum zukunftsweisende Politik zu machen.
Das Gemeinwohl verliert, wenn jeder Recht hat
Wo zu Zeiten der Kaiser und Könige noch generationsübergreifend geplant worden ist, werden heute Straßen innerhalb weniger Jahre mehrmals aufgegraben, weil eine vernünftige, zukunftsorientierte Planung nicht stattfindet .