Gestern habe ich bei [Links nur für registrierte Nutzer] einen Beitrag zum Thema Antiamerikanismus geschrieben. Da das Forum der Aussenpolitik zum groessten Teil nur noch aus amerikafeindlichen Themen besteht, dachte ich mir, ich koennte mal den Versuch starten, dem ein wenig entgegen zu wirken.
Ueber eine vernuenftige Diskussion wuerde ich mich freuen. (Wer einen Kommentar bei Gegenstimme hinterlassen moechte, kann den Beitrag [Links nur für registrierte Nutzer] finden.)
Hier ist also mein Beitrag:
Babak: Ich habe ne Frage an Herrn Meyn
Wer bei Gegenstimme ehrliche Fragen stellt, der wird auch ehrliche Antworten bekommen. Einer unserer größten Fans, Babak, wollte kürzlich von mir wissen (orthographische und grammatikalische Köstlichkeiten entstammen dem Originalkommentar):
Was meinen Sie und andere Neocons mit Antiamerikanismus? In deutschland werden keine US-Flaggen verbrannt. Keine Franchise von McDonalds ist pleite gegangen und oder sonstiges. Ist es für Sie schon anti, wenn ich sage Bush ist ein Heuchler und Lügner? bitte posten se mal was!
Mach ich doch glatt! Wenn Du (ich duze hier jeden, sorry, das ist der Amerikaner in mir) es gestattest, würde ich gerne von hinten anfangen. Bei der Behauptung "Bush ist ein Heuchler und Lügner" denke ich gar nicht zuerst an Antiamerikanismus. Schlechter Informationsfluss, das schon eher, oder Blind- bzw. Blödheit. Heuchler sind wir alle irgendwie, irgendwo und irgendwann. Darüber zu diskutieren bringt einen nicht weiter; auch dann nicht, wenn es um Bush geht. Ihn aber einen Lügner zu nennen, finde ich allerdings etwas gewagt.
Da sich die meisten Deutschen sicherlich nicht für die amerikanische Innenpolitik interessieren, gehe ich mal davon aus, dass sich solch eine Behauptung nur auf Bush's aussenpolitische Aktionen beziehen kann, oder um genauer zu sein: Die Vortäuschung falscher Tatsachen, um einen Einzug in den Irak zu rechtfertigen. Auf diesem Gebiet hat Bush ja kräftig gelogen, nicht wahr?
Hier nur ein Beispiel (Quellen, wie immer, weil es so bequem ist: El Rushbo):
"Without question we need to disarm Saddam Hussein. He is a brutal, murderous dictator leading an impressive regime. He presents a particularly grievous threat because he is so consistently prone to miscalculation. And now he's miscalculating America's response to his continued deceit and his consistent grasp for weapons of mass destruction. His consistent grasp for weapons of mass destruction."
Ja, da lässt sich schon erkennen, wie geschickt George sein Volk zu manipulieren versuchte. Könnte man jedenfalls denken, wenn man nicht wüsste, dass das Zitat gar nicht von Bush stammt. Aber wer sprach diese Worte? Nenne mich Lügner, lieber Babak, aber dieses Zitat entsprang den Lippen von keinem Geringeren als ... John Kerry! Yup, Januar 2003.
Aber jetzt mal ein echtes Zitat von Bush:
"We know that he has stored nuclear supplies, secret supplies of biological and chemical weapons throughout his country."
Ganz klar ein Zitat von Bush! Oder? - Nope, ich habe schon wieder gelogen. Jene Worte wurden im Jahr 2002 gesprochen. Von Al Gore! Den kennt man ja wohl noch in Germanyland, oder?
Babak, Du ahnst es vielleicht, es kommt noch besser. Hier ist ein Brief, den Bush an die UN richtete:
"We urge you, after consulting with Congress and consistent with the US Constitution and laws, to take necessary actions, including, if appropriate, air and missile strikes on suspect Iraqi sites to respond effectively to the threat posed by Iraq's refusal to end its weapons of mass destruction programs."
War natürlich nicht wirklich ein Brief an die UN, sondern an Bill Clinton, unterzeichnet nicht von Bush, aber dafür von allen dummiekratischen Senatoren (verfasst am 9. Oktober 1999). Die Panik in diesem Brief springt einem förmlich entgegen, was vielleicht an den erschreckenden Worten des damaligen Präsidenten gelegen haben könnte:
"If Saddam rejects peace, and we have to use force, our purpose is clear: We want to seriously diminish the threat posed by Iraq's weapons of mass destruction program." (Bill Clinton, Februar 1998)
Ich könnte diese Zitatliste noch endlos fortsetzen, jedoch bin ich zuversichtlich, dass Du verstanden hast, worauf ich hinaus will. Wenn Bush ein Lügner ist, dann ist es sein Vorgänger auch. Wenn Bush ein Lügner ist, dann sind es die Dummiekraten auch. Die UN übrigens ebenso. Ohne Zweifel war sich vor dem Irakkrieg die ganze Welt einig, dass Saddam mit seinen Massenvernichtungswaffen eine Bedrohung darstellte. Demnach kann Bush also nur ein Lügner sein, wenn er ganz klar gewusst hätte, dass Saddam keine Massenvernichtungswaffen besaß. Und das wäre nur möglich gewesen, wenn er bessere Geheimdienstinformationen gehabt hätte als der Rest der Welt. Bush als Lügner abzustempeln kann also nur als kleiner Teil eines größeren Rundumschlags akzeptabel sein. Wer sich in seiner Kritik jedoch lediglich auf den jetzigen Präsidenten beschränkt, der verfolgt politisch unehrliche Ziele.
Aus amerikanischer Sicht kann ich diese Ziele noch nachvollziehen. Schliesslich geht es hier alle vier Jahre darum, wer ins Weisse Haus einziehen darf. Hier geht es darum, wer den Senat kontrolliert und bei Gesetzesverabschiedungen am längeren Hebel sitzt. Da spielt man schonmal mit unfairen Mitteln. Man darf sich halt nur nicht dabei erwischen lassen. Und wenn die Presse sogar mitspielt, fällt es beispielsweise gar nicht mehr auf, dass Clinton und Co. (und die UN!) Saddam Hussein ebenso scharf dämonisierten, wie Bush es heute tut. Doch man vergisst halt schnell, oder will vergessen ...
Was sind aber die Beweggründe der Deutschen, die USA so dermaßen kritisch und feindlich zu betrachten, dass man als deutscher Immigrant kaum noch wagt zu erwähnen, dort zu leben? Wie kommt es zu diesem regelrechten Hass gegen ein Land, welches einem vor noch nicht allzu langer Zeit die Freiheit geschenkt hat? An dieser Stelle höre ich dann meistens: "Es richtet sich nicht gegen Amerika. Es richtet sich gegen Bush." Und so dreht man sich dann im Kreis. Leute wie ich fangen dann wieder ganz von vorne an, erklären geduldig, dass Bush in keinster Weise schlimmer oder böser ist als seine politischen Gegner, sondern einfach nur konsequenter.
Solche Argumente interessieren in Deutschland kein Schwein. Bush ist ein religiöser Fanatiker, dem es von Anfang an nur ums Öl ging. Fragt man die Deutschen aber, wie sie zu diesem Schluss kommen, hört man nur Parolen, wie "Bush ist ein Säbelrassler!", "Ihm geht's Öl aus!" (ausgerechnet ihm!), "Bush ist ein fundamentalistischer Christ!", "Bush ist ein christlicher Fundamentalist!", "Bush ist ein Fundachristlicher Mentalist!" oder (mein Favorit) "Bush hat so'n süffisantes Grinsen, darum mag ich ihn nicht."
Kaum ein "Argument" geht über das Niveau einer BILD-Schlagzeile hinaus, und fegt man solche mit Fakten vom Tisch, endet die Diskussion in regelrechter Aggression. Man ist froh, noch sämtliche Zähne im Mund zu haben, wenn man das Streitgespräch hinter sich hat. Wie deprimierend muss es demnach sein, nach einer hitzigen Debatte ohne Scheidezähne und ohne neuen Fakten nach Hause zu gehen?
Darf man das Antiamerikanismus nennen? Ich denke schon. Wer sich soviel Mühe gibt, das Futter der Medien derart unkritisch zu schlucken, ohne dabei zu merken, dass es nicht mit rechten Dingen zugehen kann, der will das Futter schlucken. Die Schuld allein auf die Medien zu schieben, wäre jedoch nicht fair, denn sie liefern ihren Kunden nur das, was diese hören/lesen wollen. Dennoch sind die Medien nicht schuldlos am neu entfachten Hass gegen Amerika (bei Reagan reagierte man ja auch eher etwas hysterisch). Viele Menschen haben nicht die Zeit sich ausführlich zu informieren, weshalb sie sich auf die spärlichen Quellen ihrer Wahl verlassen. Wenn Du wissen willst, lieber Babak, wie die Manipulation der Medien konkret aussieht, empfehle ich Dir dieses exzellente Blog: Davids Medienkritik.
Deine Aussage "In deutschland werden keine US-Flaggen verbrannt. Keine Franchise von McDonalds ist pleite gegangen und oder sonstiges" spiegelt nur das wieder, worüber ich hier eigentlich nicht diskutieren wollte: Heuchelei. Deutschland hasst Amerika. Und dennoch: Ihr fresst Big Macs bis zum Umfallen, ihr tanzt zu amerikanischer Musik, ihr schaut euch fast auschließlich amerikanische Filme in den Kinos an, ihr schaut euch fast ausschliesslich amerikanische Filme im Fernsehen an, ihr lest amerikanische Romane, ihr verbringt euren Urlaub in Amerika, ihr findet das cool, was in Amerika cool ist, ihr fahrt amerikanische Autos, ihr vergöttert amerikanische Technologien, ihr esst amerikanische Pizza, ihr kaut amerikanisches Kaugummi und amerikanisches Popcorn, ihr sprecht immer mehr wie Amerikaner, ihr kauft amerikanische Kleidung, ihr bedient amerikanische Computer, ihr trinkt amerikanische Cocktails, ihr feiert amerikanische Happy-Hour, ihr verkleidet euch zum amerikanischen Halloween, ihr schaut euch amerikanische Musicals an, ihr sprecht Englisch, wenn ihr nach Paris fahrt!
Ihr seid so neidisch auf Amerika, dass es euch innerlich zerfrisst. Vorbei ist's mit deutscher Qualitätsarbeit, deutscher Präzision, deutscher Innovation. Deutschland sitzt einfach nur steif da und beobachtet mit großen ungläubigen Augen, wie Vater Staat aus dem letzten Loch pfeift. Die letzten Wahlen haben gezeigt, wieviele von euch immer noch glauben, die Regierung könnte euch retten. Kann sie nicht. Konnte sie noch nie. Ihr steckt den Kopf in den Sand, ohne zu begreifen, dass eurem Arsch die Deckung fehlt.
Vielleicht verbrennt ihr in Deutschland keine amerikanischen Flaggen, das mag sein. Was ihr macht, ist eigentlich viel schlimmer. Ihr steckt selbst so tief in der Scheisse, dass aus der Kloschüssel nur noch euer Zeigefinger zu sehen ist, welcher anklagend Richtung Westen weist. Sowas kann man einfach nicht mehr ernst nehmen. Die deutsche Meinung bezüglich Amerika ist nur noch peinlich. In jedem anderen Land würde ich mich schämen, Deutscher zu sein. Gott sei Dank ist man hier in Amerika selbst mir gegenüber tolerant!
Deutscher Antiamerikanismus? Ganz gewiss. Hinzu kommt noch, dass er völlig unehrlich ist. Islamischer Antiamerikanismus, der kommt wenigstens von Herzen!
Ich hoffe, ich habe damit Deine Fragen ausreichend beantwortet, lieber Babak.
Gruss und Kuss
Dein Michael Meyn
P.S. Hier ist noch ein Bonus-Zitat von meinem Liebling John Kerry:
"I will be voting to give the president of the US the authority to use force if necessary to disarm Saddam because I believe that a deadly arsenal of weapons of mass destruction in his hands is a real and grave threat to our security." (Oktober 2002)
Ok, und eins von Hillary:
"In the four years since the inspectors left, intelligence reports show that Saddam Hussein has worked to rebuild his chemical and biological weapons stock. His missile delivery capability, his nuclear program. He has also given aid, comfort, and sanctuary to terrorists including Al-Qaeda members. It is clear, however, that if left unchecked, Saddam Hussein will continue to increase his capacity to wage biological and chemical warfare and will keep trying to develop nuclear weapons."