Rumsfeld genehmigte Foltermethoden
© Charles Dharapak/AP
Präsident George W. Bush distanziert sich von der Folter-Praxis, aber nicht vom verantwortlichen Verteidigungsminister
Wie aus Dokumenten der US-Regierung hervorgeht, hat Verteidigungsminister Donald Rumsfeld den Einsatz brutaler Verhörmethoden gebilligt. Präsident Bush betonte, er habe niemals Folter angeordnet.
Mit der Veröffentlichung hunderter Geheimdokumente hat die US-Regierung den Eindruck entkräften wollen, sie habe im Kampf gegen Terror Folter stillschweigend geduldet. Präsident George W. Bush betonte am Dienstag, er habe niemals Folter angeordnet und werde dies auch niemals tun, weil dies gegen die Wertvorstellungen der USA sei. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld ließ aber vorübergehend harte Verhörmethoden gelten, zu denen der Einsatz von Hunden und das Ausziehen von Gefangenen gehörte.
Mehr zum Thema
Prozess: Drei US-Folterer auf der Anklagebank
Irak-Krise: Freifahrtschein zum Foltern
Folter-Skandal: Amerikas Tor zur Hölle
Folterskandal: US-General Sanchez bei Misshandlungen anwesend
Einsetzung eines Sondermittlers gefordert
Die Gefangenenhilfsorganisation Amnesty International forderte daraufhin erneut die Einsetzung eines Sondermittlers zu den Foltervorwürfen. Der führende demokratische Vertreter im Justizausschuss des Senats, Patrick Leahy, sprach von einer "eigennützigen Auswahl", die aber zumindest ein Anfang bei der vollständigen Ermittlung der Wahrheit sei. Dazu seien noch mehr Kooperation der Regierung und ausgiebige Anhörungen erforderlich.
"Neues Denken über das Kriegsrecht"
Bush hielt seine eigenen Ansicht zum Umgang mit Gefangenen in einem Dokument vom 7. Februar 2002 fest. Der Krieg gegen den Terrorismus erfordere einen Paradigmenwechsel und terroristische Angriffe "ein neues Denken über das Kriegsrecht". Gefangene müssten aber entsprechend der Genfer Konventionen behandelt werden. Er akzeptiere die Expertise des Justizministeriums, wonach er als Oberbefehlshaber in Kriegszeiten die Genfer Konventionen aussetzen könne. "Ich lehne es aber zu diesem Zeitpunkt ab, von dieser Vollmacht Gebrauch zu machen", erklärte er in dem Memo mit dem Titel "Humane Behandlung von El-Kaida- und Taliban-Gefangenen".
Justizministerium distanziert sich von Folter-Dokument
Das Justizministerium rückte von dem Dokument vom August 2002 ab, das Folter im Krieg gegen Terror zu rechtfertigen schien. In dem Schreiben hieß es, die Vollmachten Bushs in Kriegszeiten stünden über Anti-Folter-Gesetzen und internationalen Abkommen. Aus Justizkreisen verlautete, das 50 Seiten umfassende Dokument solle von einem Memo ersetzt werden, in dem das Verhörverfahren für mutmaßliche El-Kaida- und Taliban-Mitglieder konkretisiert werden solle. Ein Berater des Weißen Hauses, Alberto Gonzales, sagte Dokumente wie diese seien missverständlich und enthielten "unnötige Diskussionen".
Anbrüllen, schmerzhafte Positionen und Demütigung
Im Pentagon folgte Rumsfeld zunächst einem von seinem Chefjuristen William Haynes vorgelegten Memorandum, wonach Terrorismusverdächtige in Guantanamo 14 besonderen Verhörmethoden unterworfen werden sollten. Gefange sollten angebrüllt, in schmerzhafte Positionen wie bis zu vierstündiges Stehen gezwungen, mit Hunden bedroht und zum Ausziehen gezwungen werden können, schrieb Haynes am 27. November 2002. Am 2. Dezember 2002 genehmigte Rumsfeld darüber hinaus bis zu 20 Stunden lange Marathon-Verhöre. In einer handschriftlichen Notiz auf Haynes Memo hieß es: "Ich stehe aber acht bis zehn Stunden am Tag. Warum wird Stehen auf vier Stunden begrenzt?"
Überprüfung der Verhörmethoden ab Januar 2003
Am 15. Januar 2003 zog Rumsfeld seine Zustimmung zurück und ordnete eine Überprüfung an. Er folgte damit zumindest teilweise Bedenken seiner eigenen Juristen, dass die Genehmigungen zu weit gegangen seien, wie aus Pentagon-Kreisen bereits Anfang des Jahres verlautete. Am 16. April 2003 stimmte er 24 Verhörmethoden zu, die in Übereinstimmung mit den Genfer Konventionen eingesetzt werden sollten. Vier Methoden, darunter Isolation von Gefangenen, bedurften demnach vorab seiner Genehmigung. Das Entkleiden von Häftlingen war ab da nicht mehr erlaubt.
Terence Hunt/AP