Schwere Benachteiligung der Frauen befürchtet - Verbot wie in Quebec gefordert
Trennlinie
Foto: AP/Adrian Wyld
Toronto: Bei Protesten standen sich vergangene Woche Frauenverbände und Scharia-Beführworter gegenüber.
Toronto - In Kanada sind neuerlich Proteste gegen die Anwendung islamischen Rechts in der Provinz Ontario losgebrochen. Die Regierung von Ontario hat bestätigt, dass sie juristischen Schlichtungsstellen im muslimischen Teil der Bevölkerung erlaubt, nach deren Recht, also nach der Scharia vorzugehen.
Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass dies nur für Zivilstreitigkeiten und nicht für das Strafrecht gelte. Damit seien auch grausame Strafen wie Steinigung und Handabhacken ausgeschlossen.
Dennoch befürchten vor allem Frauen eine erhebliche Benachteiligung. Auch Erbschaften werden über das Zivilrechtsverfahren geregelt und nach dem islamischen Recht bekommen Söhne doppelt so viel zugesprochen wie Töchter.
Grundlage für die Installation islamischer Gerichtsbarkeit ist die Entscheidung der kanadischen Regierung, die im vorigen Jahr die Anwendung der Scharia für KanadierInnen islamischer Abstammung erlaubte, um allen Minderheiten im Lande gerecht zu werden. Schon damals formierten sich Proteste dagegen.
Gerichte entlasten
Kurz darauf hatten Mitglieder muslimischer Organisationen das Islamische Institut für zivile Gerechtigkeit gegründet. Es soll im Arbeits-und Zivilrecht Schlichtungsstellen schaffen und so staatliche Gerichte entlasten. Sitz der Organisation ist Toronto, die Hauptstadt der Provinz Ontario, in der sich nun der Protest von Frauenvereinen und Menschenrechtsorganisationen konzentriert.
Sie verlangen eine Entscheidung wie jene in der Provinz Quebec. Dort hat die Regierung die Erlaubnis zur Anwendung der Scharia wieder aufgehoben. (Reuters, red, DER STANDARD, Print, 10./11.9.2005)