Zitat von
gothmania
Immer wieder von neuem wird dieser Unsinn von der "durchindustrialisierten DDR" hochgekocht! Die Mär von der wehr- und hilflosen Ostwirtschaft, die nach der Wiedervereinigung vom bösen Kapitalismus gnadenlos plattgemacht wurde, ist eine der Lieblingslegenden unserer Neufünfländer. Damit hat man einen prima Sündenbock für die derzeitige wirtschaftliche und soziale Misere der neuen Bundesländer. Doch auch durch ständige Wiederholungen wird diese Behauptung nicht wahr!
Wie war es denn nun wirklich?
1989 lag die DDR-Wirtschaft am Boden. Die Betriebe waren völlig veraltet, die Produktivität konnte nur durch einen lächerlich hohen Personaleinsatz halbwegs aufrecht erhalten werden, den Erwerb neuer Technologien konnte die DDR nicht finanzieren, Umweltschutz und Umweltschutzauflagen waren Fremdworte, die wirtschaftliche Infrastruktur war vorsintflutlich, zahlreiche Masachinen stammten noch aus der Weimarer Republik oder sogar aus dem Kaiserreich, und die wenigen DDR-Betriebe, die für den Westen produzierten, konnten dem Konkurrenzdruck aus Fernost kaum noch standhalten und standen Ende der achtiger Jahre bei ihren Westkunden vor der Auslistung - kurz: die internationale Wettbewerbsfähigkeit der DDR-Wirtschaft war nicht gewährleistet!
Innerhalb des Comecon war dieser Nachteil nicht so gravierend, da in den anderen Ostblockstaaten ähnliche Produktionsbedingungen herrschten und es kein Konkurrenzdenken innerhalb dieses abgeschotteten Marktes gab.
Doch dann fiel plötzlich die Mauer, die Wirtschaft im Westen entdeckte den ehemaligen Ostblock als potentiellen Absatzmarkt und die DDR-Wirtschaft kollabierte nahezu vollständig innerhalb weniger Jahre.
Doch wer trägt denn nun die Schuld am Zusammenbruch der DDR-Wirtschaft?
Würde man eine Befragung unter Ossis starten, wäre die Antwort klar: die Westfirmen und der böse Kapitalismus sind schuld. Doch das ist simplifiziert. Fakt ist:
1)der Westen konnte den zusätzlichen Absatzmarkt "DDR" problemlos mit eigenen Kapazitäten mitversorgen.
2)die Ostwirtschaft mit ihrer veralteten Produktionstechnologie war für die Westfirmen weder Konkurrenz noch als neuer Standortfaktor interessant.
3)auch das know-how der Mitarbeiter der Ostbetriebe war für Westfirmen uninteressant, da der Ausbildungsstand der Ostarbeiter nicht annähernd den West-Anforderungen entsprach.
4) der Personalstand ostdeutscher Firmen war schon ins lächerliche überzogen und hat eine vernünftige Sanierung von vornherein verhindert!
5)DDR-Firmen hatten kaum internationale Patente, an denen Westfirmen Interesse gehabt hätten
6)Die DDR war ein rohstoffarmes Land - außer der schwefelhaltigen Braunkohle, die aufgrund von EU-Emmissionsbestimmungen uninteressant war, gab es keine Resourcen.
7)Wirtschaftlich interessante Markennamen,internationale Markenrechte o.ä. hatte die DDR-Wirtschaft nicht vorzuweisen.
Die DDR-Industrie war de fakto für Investoren wertlos - das Massensterben der Ostindustrie daher absehbar. Genau dies hat das Münchner IFO-Institut schon 1990 festgestellt! Zwar gab es einige wenige Ostfirmen, die dennoch übernommen wurden und deren Arbeitsplätze zumindest teilweise erhalten wurden - z.B. in der Autoindustrie, in der Lebensmittelindustrie oder im Schiffbau. Doch diese Übernahmen waren mit exorbitanten Kosten für die Westfirmen verbunden und nur durch enorme Subventionen zu finanzieren. Diese Hilfestellung des Westens, finanziert aus den Steuersäckeln der BRD, wird von den Ossis heute mit keinem Wort des Dankes gewürdigt.
Fazit:
die Industrie aus Westdeutschland hat am Niedergang der Ostwirtschaft kaum Anteil und allenfalls geringe Schuld!
Die Sündenböcke dafür sind eher bei der Politik, der Treuhand und den alten SED-Seilschaften zu suchen - gerade diese roten Socken verfügten Anfang der 90iger Jahre über schier unermeßliche Geldmittel durch Umrubbeln wertloser Alu-Chips in echtes Geld. Doch über diese Tabu-Thema legen sowohl die Ossis als auch die bundesdeutschen Politiker nur allzu gern den Mantel des Schweigens - bezahlt haben das ja die kleinen Leute!
Abschließend gestatten Sie bitte noch eine provokante Frage: haben sich nicht mittlerweile die Vorzeichen umgekehrt und im Westen gehen Arbeitsplätze zugunsten des Ostens verloren? Alle große Industrieinvestitionen der letzten Jahre wurden im Osten getätigt: die gläserne Volkswagenmanufaktur und die Chip-Fabrik in Dresden, die Kvaerner-Werft in Rostock, das BMW-Werk in Leipzig - alles von West-Firmen mit Westsubventionen und vom kleinen Wessi erbrachten Steuergeldern im Osten errichtet. Aber auch im Kleinen ist diese Tendenz zu beobachten: erst kürzlich wurde die Großbäckerei Kamps aus Bad Oldesloe und die Edeka-Fleischwarenfabrik aus Pinneberg nach Meck-Pomm weggekauft. In beiden Fällen sind hunderte West-Arbeitnehmer in die Arbeitslosigkeit entsorgt worden. Der Westen zahlt zwar satt und reichlich für die Ostförderung - aber der Osten benutzt diese Gelder, um Arbeitsplätze aus dem Westen zu kaufen. Wirtschaft pervers!