Anklage gegen Beate Zschäpe:….klage ich an,
— jeweils unter Beschränkung der Strafverfolgung gemäß gg 154, 154a StPO1.
die Angeschuldigte Beate Zschäpe
in Nürnberg, Zwickau und in anderen Orten
ab einem unbekannten Zeitpunkt nach dem 26. Januar 1998, spätestens
jedoch ab dem 18, Oezember 1998 bis zum 4. November 2011,….1.2. durch eine weitere rechtlich selbständige Tat ein Gebäude und eine
Räumlichkeit, die dem zeitweisen Aufenthalt von Menschen dient, zu
einer Zeit, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen, in Brand
gesetzt und durch Brandlegung zeitweise zerstört und dabei in der
Absicht gehandelt zu haben, eine andere Straftat zu verdecken, und
in drei rechtlich zusammentreffenden Fällen versucht zu haben, durch
die Brandstiftung einen Menschen heimtückisch und mit gemeingefährlichen
Mitteln zur Verdeckung einer Straftat zu töten,
(Fall II.)
…Fall II
Nachdem die Angeschuldigte am Nachmittag des 4. November 2011 vom Tod ihrer beiden Komplizen erfahren hatte, verteilte sie in der gemeinsamen Wohnung in dem Mietshaus Frühlingsstraße 26 in Zwickau in der Zeit zwischen 14.30 Uhr und 15.05 Uhr aus
einem Kanister etwa zehn Liter Ottokraftstoff auf dem Fußboden und den Einrichtungsgegenständen in sämtlichen Räumen und zündete diesen gegen 15.05 Uhr mittels einer nicht näher bekannten Zündvorrichtung an.
Mit der Zündung explodierte das Kraftstoff-Luft-Gemisch, das infolge der Ausbringung des Benzins zwischenzeitlich entstanden war.
Durch die Druckwelle wurden mehrere Wände aus dem Mauerverband des Gebäudes herausgedrückt und die Geschossdecke über der 1. Etage zur Dachgeschosswohnung, in der sich um diese Zeit normalerweise die Handwerker Portleroi und Kaul zu Renovierungsarbeiten
aufhielten, wurde zerstört. Die Wand zwischen den Wohnungen der Angeschuldigten Zschäpe und der daneben unmittelbar daran angrenzenden Wohnung der zur Tatzeit 89jährigen Zeugin Erber wurde um einen halben Zentimeter in Richtung der Wohnung
der Zeugin verschoben, so dass durch mehrere Meter lange Risse Rauchgase in diese Wohnung eindrangen. Zugleich entwickelte sich aus dem ausgebrachten Kraftstoff eine von Anfang an nicht mehr kontrollierbare Flammenfront, so dass die Wohnung der Angeschuldigten und schließlich das Gebäude bis zum Dachstuhl selbständig brannten.
Die Angeschuldigte legte diesen Brand, um einer für Fälle des Scheiterns im Voraus getroffenen Abrede der Vereinigung entsprechend alle in der Wohnung und im Keller befindlichen Beweismittel und Spuren, die zur Aufdeckung ihrer Straftaten und derjenigen von
Mundlos und Böhnhardt führen konnten, zu vernichten. Die Angeschuldigte entfernte sich nach der Zündung des Benzins aus dem brennenden Gebäude und verließ den Brandort, ohne ernsthafte Rettungsbemühungen zu entfalten.
Aus der Wohnung nahm sie mindestens 15 fertig adressierte und frankierte Briefumschlä24ge mit, in denen sich jeweils ein Exemplar des Bekennervideos des „NSU” befand, um diese später zu versenden. Die Zeugin Erber konnte von ihren von Dritten alarmierten
Nichten noch rechtzeitig aus dem Gebäude gerettet werden. Die Zeugen Portleroi und Kaul hatten bereits kurz vor der Brandlegung von der Angeschuldigten unbemerkt und unvorhergesehen das Haus verlassen, um eine Pause zu machen. Sie hatten sich deshalb
zum Zeitpunkt der Brandlegung ausnahmsweise nicht im Gebäude aufgehalten, so dass sie keine Verletzungen davon trugen.
Die geschilderten Auswirkungen der Brandlegung waren der Angeschuldigten bewusst. Sie wusste auch, dass in der Wohnung neben ihr die Zeugin Erber wohnte, bei der es sich um eine fast 90 Jahre alte Frau handelte, die aufgrund ihres Gesundheitszustandes die
Wohnung nur noch sehr selten verlassen konnte. Ebenfalls war ihr bewusst, dass sich seit mehreren Wochen in der über ihrer Wohnung gelegenen Dachgeschoßwohnung täglich zu den normalen Arbeitszeiten, und damit grundsätzlich auch gegen 15 Uhr nachmittags,
die Handwerker Portleroi und Kaul aufhielten, die dort mit Renovierungsarbeiten beschäftigt waren. Dass sich diese gerade zum Tatzeitpunkt nicht im Gebäude befanden, beruhte auf einem Zufall und war der Angeschuldigten bei der Brandlegung nicht bekannt. Um selbst unbehelligt fliehen und Spuren und Beweismittel für ihre Straftaten vernichten zu können, fand sich die Angeschuldigte aber damit ab, dass die drei Menschen, die sich keines Angriffs versahen, durch die Flammen oder die Rauchgase möglicherweise zu
Tode kommen würden.
Die 15 Briefumschläge mit dem Bekennervideo, die sie aus der Wohnung mitgenommen hatte, verbreitete die Angeschuldigte Zschäpe bis zu ihrer Festnahme am B. November 2011 zu Propagandazwecken im Sinne des „NSU” an politische, religiöse und kulturelle Einrichtungen sowie an Presse unternehmen….