Späte Erkenntnis
14.02.2013 - 09:35 Uhr
Zur vermeintlichen Justizpanne in Gera bei der Fahndung nach Uwe Mundlos vom NSU-Terrortrio schreibt Gerlinde Sommer, stellvertretende Chefredakteurin der TLZ:
Bis gestern sind wohl die Allermeisten davon ausgegangen, dass die Thüringer Justiz in den 2000er Jahren über Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe so gut wie gar nichts wusste. Untergetaucht waren die drei. Aber ob sie nun zusammen irgendwo waren oder jeder für sich: Das galt doch wohl als großes Geheimnis.
Nun aber hat der Leitende Oberstaatsanwalt in Gera im Zusammenhang mit den Pannenvorwürfen im Falle Mundlos eine gewagte Einschätzung konstruiert. Zwar habe man das Ermittlungsverfahren gegen Mundlos 2003 eingestellt. Es ging ja auch nur um eine Vorbereitung eines Sprengstoffverbrechens... Und damit waren auch Fahndungsmaßnahmen gegen Mundlos hinfällig. Eigentlich hätte noch bis 2005 nach ihm gesucht werden können, war jüngst bekannt geworden.
Das aber, sagt der Leitende Oberstaatsanwalt, sei eine "isolierte Betrachtungsweise". Denn immerhin habe man ja bis 2007 den internationalen Haftbefehl gegen Uwe Böhnhardt aufrecht erhalten. Und nun kommts: Hätten diese Fahndungsmaßnahmen gegen Böhnhardt zum Erfolg geführt, wäre nach heutiger Erkenntnislage das gesamte NSU-Trio aufgeflogen, meint der Leitende Oberstaatsanwalt.
Klarer Fall von: Nachher ist man immer klüger. Und falsch gemacht hat so gesehen keiner was...Doch selbst bei isolierter Betrachtungsweise des eigenen Handelns müsse der Staatsanwaltschaft doch im Nachhinein aufgefallen sein, dass sie von der Existenz des NSU-Trios seinerzeit wohl kaum etwas gewusst haben kann.
Und insofern taugte der internationale Haftbefehl gegen Böhnhardt aus damaliger Sicht keineswegs, um quasi nebenbei auch noch Mundlos habhaft zu werden.
Vielleicht handelt es sich nur um den ungeschickt formulierten Versuch einer Rechtfertigung um jeden Preis.
Isoliert betrachtet könnte es aber auch so klingen, als die Staatsanwaltschaft hier etwas preis über Kenntnisse um das NSU-Trio, die im Negativen eine Sensation darstellen würden.
Gerlinde Sommer / 13.02.13 / TLZ
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