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Das BKA teilte am 23.06.2004 mit, dass es die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung mit dem Ziel wahrnimmt, ergänzende strukturelle Ermittlungen unter dem Gesichtspunkt des § 129 StGB gegen die Auftragnehmer und Hintermänner der Morde zu führen.
Am 02.09.2004 fand bei der KPI Rostock eine Beratung zu den bislang fünf Serienmorden, insbesondere zum Fall TURGUT statt. Teilnehmer waren Vertreter des BKA, des Zollfahndungsamtes Hamburg, der Gemeinsamen Ermittlungsgruppe Rauschgift (GER) im LKA M-V und des Verfassungsschutzes M-V. Ein Vertreter des BKA teilte als Zwischenergebnis zu dortigen Finanzermittlungen mit, dass Mitglieder der Familie des Imbissbetreibers in Rostock zwischen 1997 und 2002 über eine Bank in Berlin ca. 450.000 DM in die Türkei überwiesen hatten.
Der Vertreter des Verfassungsschutzes M-V brachte einen Hinweis ein, wonach das Opfer TURGUT in Rostock für unbekannte Hintermänner Rauschgift verkauft hätte. Das aus dem Verkauf der Drogen stammende Geld hätte er jedoch nicht an die Hintermänner abgeführt, sondern an einen Verwandten weitergegeben. Dieser hätte es an die eigene Familie in die Türkei transferiert. Darin könnte ein mögliches Motiv für die Ermordung des TURGUT gesehen werden. Dieser Hinweis ergänzte insoweit die bestehende Erkenntnislage.
Ein weiterer, damit möglicherweise korrespondierender Hinweis lag seitens des Zollfahndungsamtes Hamburg vor. Demnach würde ein Bruder des Opfers gemeinsam mit einem Verwandten in Schwerin mit Rauschgift handeln. Auf Grundlage dieser Informationen wurde zu einem späteren Zeitpunkt ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und durch die GER M-V bearbeitet. Die Ermittlungen in diesem Verfahren führten jedoch nicht zur beweiskräftigen Bestätigung der Rauschgift-Straftaten des in dem Hinweis genannten Personenkreises.
Im Zuge der Ermittlungen erhärtete sich der Verdacht, dass Kontaktpersonen der Brüder Turgut illegalen Handel mit Betäubungsmitteln trieben. Dementsprechend wurde ein weiteres BtM-Verfahren eingeleitet.
In diesem Verfahren wurde am 21.06.2005 ein türkischer Rauschgiftkurier nach seiner Rückkehr von einer Beschaffungsfahrt nach Hamburg in Ludwigslust festgenommen. Er hatte ca. 115 g Kokain bei sich. Das Rauschgift war in einem Ausschnitt der türkischen Zeitung Hürriyet eingewickelt, der über den Fall sechs der Mordserie „Ceska", an Ismail YASAR am 09.06.2005 in Nürnberg berichtete. Aufgrund der damit möglich erscheinenden Tatzusammenhänge zur Mordserie wurden diesbezüglich, u.a. auch durch das BKA und die zu diesem Zeitpunkt bereits in Nürnberg eingerichtete BAO „Bosporus", Ermittlungen aufgenommen. Im Ergebnis konnte ein solcher Zusammenhang jedoch weder bestätigt noch ausgeschlossen werden.
Die Version, dass die Morde mit Aktivitäten im Bereich der Rauschgiftkriminalität in Zusammenhang stehen, wurde durch zahlreiche Hinweise aus verschiedenen Bereichen immer wieder bekräftigt. Dies gilt sowohl für den Fall TURGUT als auch für andere Fälle der Mordserie „Ceska". Die Soko „Kormoran" richtete aufgrund dessen eine eigenständige Ermittlungsspur -Rauschgift- für den Mordfall TURGUT ein, in der die zahlreichen Erkenntnisse zusammengetragen und mögliche Verbindungen zu den Morden herausgearbeitet werden sollten.
Im Februar 2005 durchsuchten Beamte des BKA und der KPI Rostock die Wohnungen des Imbissbetreibers, seiner geschiedenen Ehefrau und das Büro seiner Steuerberaterin in Berlin. Aufgrund von Zeugenhinweisen auf Streitigkeiten des Imbissbetreibers mit Unbekannten über vermeintliche Geldforderungen, des bereits genannten ungeklärten Geldtransfers in die Türkei und der nur kurzen Beschäftigungszeit TURGUTs im Imbiss in Rostock-Toitenwinkel war von der Möglichkeit auszugehen, dass der Imbissbetreiber die eigentliche Zielperson des Mordes bzw. die Tötung TURGUTs als Warnung an ihn gedacht war.
Eine Ausfertigung der Ermittlungsakte zum Rostocker Mordfall wurde im August 2005, nach den Mordfällen Nr. sechs in Nürnberg und Nr. sieben in München, zur Erfassung der Verfahrensdaten in der nunmehr in Nürnberg eingerichteten fall übergreifenden polizeilichen Arbeitsdatei an die BAO „Bosporus" übersandt.
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