Die Türkei wird mächtiger, die EU steckt in der Krise. Präsident Gül kommt zum Staatsbesuch nach Deutschland. Seine Botschaft: Ohne die Türkei wird Europa verlieren. Es hat sich etwas geändert in den deutsch-türkischen Beziehungen. Vor seinem Staatsbesuch in der kommenden Woche präsentiert sich der türkische Präsident Abdullah Gül in einer Serie von Interviews mit demonstrativem Selbstbewusstsein.
"Die europäische Wirtschaft wieder auf Vordermann bringen", das könnte die Türkei nach Ansicht Güls schon leisten. Das prächtige Wachstum, aber auch die Umwälzungen in der arabischen Welt haben die Position der Türkei gestärkt. Gül kommt auch mit Forderungen nach Berlin.
Beispiel Visapflicht: Noch immer brauchen türkische Staatsbürger ein Visum, wenn sie nach Deutschland einreisen wollen. Das findet die Regierung in Ankara unakzeptabel, ein Relikt aus alten Zeiten, in denen Deutschland einen ungebremsten Zustrom von Menschen aus der Türkei befürchtete.
Aber längst haben sich die Realitäten umgekehrt, und Gül weiß das natürlich: "Viele gerade der gut ausgebildeten türkischstämmigen Menschen kehren aus Deutschland in die Türkei zurück", sagt er im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung".
Deutsche Experten bestätigen das. "In wenigen Jahren wird es nicht mehr darum gehen, ob die Türkei Europa braucht, sondern darum, ob die schwächelnde Europäische Union den neuen Giganten Türkei braucht", sagt der Klaus J. Bade vom Sachverständigenrat für Integration und Migration in Berlin.
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