Ich war mal gläubiger Anhänger der DDR-Systempropaganda. Jede Kritik am System wurde damals mit dem Vorwurf des Antikommunismus abgebügelt.
Wenn man sagte Tschernobyl sei schlimm, dann war das Antikommunismus. Wenn man auf Opfer hinwies, war man Antikommunist.
Ähnlich ist es beim Antisemitismus, wer Israel kritisiert, wird sofort zum Antisemiten abgestempelt.
Wenn man in diesem Forum Deutschland die Schuld am 2.WK vorwirft, ist man Antideutsch.
Wenn man Amerika kritisiert, ist man antiamerikanisch.
usw.
Schlussfolgerung:
Das Muster ist überall dasselbe. Ergo steckt hinter jedem Anti-Vorwurf das gleiche Prinzip.
Das Prinzip lautet:
1. der Kritik wird jede Glaubwürdigkeit genommen, sie ist die Lüge des Gegners
2. jede Kritik wird damit zum Beweis für die Universalität des Feindbildes
Dies stärkt das eigene System (bzw. die eigene Gruppe), indem die Gruppendefinition durch das Feindbild verstärkt wird und das eigene System wird positiver und bekommt mehr Zustimmung.
Auf der psychologischen Seite, gefällt den Menschen das Anti-Argument, weil es das positiv empfundene Gruppengefühl aktiviert, und moralische Abscheu oder Hass auf das Feindbild erzeugt. Zudem empfindet man Stolz auf die eigenen Intelligenz wenn man eine Lüge das Gegners aufgedeckt hat.
(Jedes menschliche System (oder jede Gruppe) definiert sich durch eine Freund/Feind-Definition, Proletarier/Kapitalisten, Sozialismus/Kapitalismus, Demokratie/Diktatur, Deutschland/Juden, Gläubiger/Ungläubiger, Abendland/ Morgenland, Arier/Untermenschen, Männer/Frauen, Android-Nutzer/Apple-Nutzer)
Es gibt natürlich echten Antikommunismus, Antisemitismus, Antigermanismus usw. Aber das Problem ist wenn man dann an diese Wahrheit glaubt, es sehr schwierig ist nicht wieder in den psychologischen Mechanismus der Gruppendefinition zu fallen, und damit wieder in den bipolaren Denkkäfig.