Auch über die Herstellung der weißen Soßen-Grundmasse herrscht weder in Kochbüchern noch in den Odenwälder Küchen Einigkeit. Statt gehaltvoller Zutaten wie Sahne, Creme Fraîche, Schmand oder Mayonnaise kommen etwa alternativ Magerquark und Joghurt zum Einsatz, so wie bei Hobby-Köchin Irmgard Hofmann. Grüne Soße light – eine Modernisierung in Zeiten, da Kalorienzählen angesagt ist oder die Aufrechterhaltung klassischer Zutaten?
Damit das höchst umstrittene, aber traditionsreiche Kräutersoßenrezept nicht in Vergessenheit gerät, spielt es in der Ausbildung künftiger Küchen-Fachleute am Beruflichen Schulzentrum des Odenwaldes in Michelstadt eine Rolle.
Hauswirtschaftslehrerin Gudrun Michel hat die Grüne Soße in den vergangenen zwei Wochen mit ihren Klassen durchgenommen. Vom Anlegen der Kräuter im schuleigenen Beet bis zur Zubereitung wurde alles selbst gemacht. „Das Wissen der Schüler um traditionelle Gerichte nimmt natürlich ab – darum berücksichtigen wir in den Lehrplänen regionale und saisonale Gesichtspunkte“, erläutert sie das Ausbildungsziel.
Selbst um die Herkunft der Grünen Soße ranken sich Mythen. Vorläufer der Kräuterspezialität soll es bereits vor 2000 Jahren gegeben haben. Nach Deutschland brachten die Rezeptur möglicherweise die Hugenotten aus Frankreich mit, als sie sich um 1680 in weiten Teilen Nordhessens und der Rhein-Main-Region niederließen. Das erste gedruckte Rezept der Frankfurter Grünen Soße ist auf das Jahr 1860 datiert.
Damit in Vielbrunn gar nicht erst ein Streit entsteht, wie denn nun die perfekte Grüne Soße für den Gründonnerstagsschmaus auszusehen hat, kommen beim gemeinsamen Essen im Gemeindehaus gleich mehrere Schüsseln auf den Tisch. Jeder, der möchte, bringt seine selbstgemachte Soße mit. „Es gibt wahrscheinlich so viele verschiedene Grüne Soßen, wie es Menschen gibt, die sie zubereiten“, bringt Pfarrer Micha-Steffen Stracke die Sache auf den Punkt. „Man macht sie am besten gar nicht nach Rezept, sondern frei nach Schnauze.“