Information der Tagespresse
"Zwei Billionen Miese: 2010 überstiegen Verbindlichkeiten 83 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung
Wann muß Deutschland unter einen Rettungsschirm? Die rhetorische Frage scheint berechtigt, auch wenn in diesem Falle kein derartiger Schutz mehr greifbar wäre. Denn 2010 sind die öffentlichen Schulden der Bundesrepublik förmlich explodiert. Im Vergleich zum Vorjahr erhöhte das verantwortliche Personal des wirtschaftlich stärksten EU-Staates den Berg der Verbindlichkeiten um 319 Milliarden Euro. Dies berichtete die Bundesbank am Mittwoch in Frankfurt/Main. Damit summierten sich die Miesen von Bund, Ländern und Kommunen auf 2080 Milliarden Euro und überstiegen erstmals die Zwei-Billionen-Euro-Grenze. Die Hypothek für kommende Generationen wuchs von 73,5 Prozent auf 83,2 Prozent einer Jahreswirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt; BIP). Im Vergleich zu 1990 hat sich diese Zahl damit fast vervierfacht, allein seit dem Amtsantritt von Angela Merkel (CDU) als Bundeskanzlerin im Jahr 2005 nahm sie um rund eine halbe Billion Euro zu.

Mit einer derartigen aufgeblähten Zinslast – von Tilgung staatlicher Schulden sprechen Politiker längst nur noch in Sonntagsreden – sind beträchtliche Teile der künftigen Staatseinnahmen einer anderen Verwendung entzogen. Zwar reicht die BRD noch nicht an »Verschuldungsweltmeister« wie Japan, die USA oder auch Griechenland heran. Allerdings ist die Tendenz der Entwicklung –vom gestaltenden Staat zur Verbindlichkeitsabwicklungsbehörde – auch in New Germany deutlich.

Erlaubt nach den formal immer noch gültigen EU-Regeln ist eine Gesamtschuldenbelastung von maximal 60 Prozent des BIP. Doch kaum einer hält sich daran. Die Regierung hat zwar mit viel Getöse eine sogenannte Schuldenbremse ins Grundgesetz schreiben lassen, doch von einem geplanten Abbau ist man damit weit entfernt. In drei Jahren soll die jährliche Neuverschuldung auf 0,5 Prozent des BIP reduziert werden. Das wären dann nach heutigem Stand immer noch 12,5 Milliarden Euro, die oben draufkommen.

Hauptanteil am Parforceritt Richtung Staatspleite hat die »Bankenrettung«. In dem starken Zuwachs spiegeln sich laut Bundesbank Maßnahmen zur Finanzmarktstabilisierung über 241 Milliarden Euro wider. Als Milliardengräber gelten in diesem Zusammenhang die Bad Banks (Abwicklungsanstalten) von Hypo Real Estate (HRE) und WestLB.