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Überlegen
Beitrag 1 würde ich so verstehen, als dass Dein Zugang und folglich Dein Verständnis einfach kein wissenschaftlicher ist. Somit bezweifle ich, dass wir in diesem Punkt jemals auf einen Nenner kommen.
Beitrag 2 (&3) würde ich Deinem Widerspruch widersprechen. Und wir müssen uns nicht am Irakkrieg aufhalten, können von mir aus die dt. Forschung zur NS-Zeit aus den 1960ern nehmen. Vergleiche die mit der heutigen, und Du siehst die Diskrepanz. mit dem 1Wk ist das gar noch heftiger zwischen 60ern und heute. Die zeitliche Nähe ist ein gravierender Faltor. ZB weil nunmal, wie gesagt, viele Dokumente unter Verschluss gehalten werden bis auch jeder der irgendwie Verantwortung tragen konnte, definitiv bei veröffentlichung tot sein muss oder mit einem Bein schon im Grabe, so dass eineVerfolgung ausgeschlossen ist. Meistens wird ein Zeitraum von 75-85 jahren verananschlagt, weil man davon ausgeht, dass keiner viel länger als 100 lebt und umgekehrt keiner der jünger als 25 ist mir großer, globaler Verantwortung beladen wird. Dh die Akten, die Historiker heute zum WK1 haben, waren zb 1963 noch lange nicht veröffentlicht. Hinzu kommt die Zusammenführung aller Akten aus BRD & DDR Beständen Anfang der 1990er. Diese Mittel hatten frühere Historiker einfach nicht, weil sie Teil der Generation waren, die beteiligt war (also unter VErschlusssachen litten usw). Daher bin ich nach wie vor der Meinung, das zeitliche Distanz partout besser sein muss als Nähe (allein schon aus solchen praktischen Gründen wie genannt).
Schönes Wochenende (mal wieder, unfassbar, dass immer dann hier)
Gruss
Überlegen
Ich verstehe schon genau was Du meinst und stimme Dir in der Substanz Deiner pointe bzgl persoenlichem Personenschutz voellig bei. Doch das aendert nichts an der Tatsache , dass spaeter freigegebenes Dokumentmaterial nur minimalen historiographischen Impakt - wenn ueberhaupt - besitzt. In der Tat hat es in den letzten 100 Jahren spaet entdeckten keine Dokumente gegeben , die eine grundsaetzliche Revision ueber Wissen und Verstaendnis die betreffende Zeitperiode veranlasst hat - selbst die Entdeckung der uralten , zerstueckelten Pergamentrollen in Israel hat am eigentlichen Kenntniskoerper nichts geaendert.
Deine Vergleiche hinken deswegen, weil Du unerwaehnt laesst, dass heutige Historiographie sich ausnahmslos und hauptsaechlich auf zeitgenoessische Dokumentation stuetzt , spaetere Funde zwar Luecken ausfuellen koennen doch nicht von umwaelzenden Charakter sind.
Bzgl Autoren , ziehe ich diejenigen vor, die Geschichte gemacht hatten nicht geschrieben hatten ... David Lloyd George , Winston Churchill , Storr , Gertrude Bell, T.E. Lawrence, Golda Meir und Eisenhower fallen mir gerade ein , deren Werke werden von Historikern als primaere Quellen akzeptiert ; zwar im Detail im Nachhinein etwas verbessert doch nichts Grundlegendes.
Doch nehmen wir zur Demonstration dessen worauf ich hindeute, zwei konkrete Beispiele ueber spaetere, aktuelle Dokumentfunde die nicht das Geringste an gegenwaertigen Vorstellungen und Kenntnisse spezifischer Subjekte bzw. gaengiger Historiographie veraendert hatten :
1) Schlussbericht der Unabhängigen Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg
2) 80 Tonnen Nazi Dokumente in Kartons unter 'Safehaven' im Keller aufbewahrt.
Zum Schlussbericht der Unabhängigen Expertenkommission Schweiz:
Fakt: der 'Schlussbericht der Unabhängigen Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg' ist von der UEK seit Jahren aus dem Internet permanent entfernt worden. Dort war das 550 seitige Original - per Auflage - sowieso nur fuer eine kurze Zeit. (ich habe eine Kopie)
Fakt: Es war bekannt gewesen , dass schweizer Banken und schw. sowohl als auch italienische Versicherungen sich mittels der absurdesten Ausreden jahrzehntelang illegal an den Vermoegen ermordeter , juedischer Klienten bereichet hatten.
Fakt: Der Schlussbericht der der Unabhängigen Expertenkommission Schweiz beschreibt in akribischem Minutiae und buerokratischem Deutsch ziemlich verbluemt die dunklen Machenschaften und Methoden denen sich schweizer und italienische Finanzfirmen bedient hatten. Kein neues Wissen enstand, jedoch altes Wissen bzgl. illegal zureuckgehaltener Vermoegen , wurde durch freigegebens Aktenmaterial konkret bewiesen woraufhin ueberfaellige Auszahlungen in Milliardenhoehe an die Nachfolger der damaligen Klienten faellig wurden.
"Dieses Buch handelt von der Schweiz während der nationalsozialistischen Herrschaftin Deutschland und allgemein in der Zeit des Zweiten Weltkriegs.[...].Auf den folgenden 550 Seiten* werden die Forschungsergebnisse, zu welchen dieUnabhängige Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg (UEK) währendihres fünfjährigen Bestehens gelangt ist, zusammengefasst und in eineninternationalen Kontext gestellt."
(Auszug Schlussbericht der Unabhängigen Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg)
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* das PDF umfasst 619 Seiten
Zum Safehaven:
Ueber die Natur und Geschichte des Naziregimes ist seit Dekaden mittels verschiedener Informationstrager der ueberwiegend groesste Teil bekannt . Man koennte meinen, dass 80 Tonnen Aktenmaterial dass ~ 1997 via praesidentialer Executive Order der Einsicht von forschenden Interessegruppen zugaenglich gemacht wurde, nun neues Licht durch neue Erkenntnisse auf das Naziterrorregime werfen wuerde. Doch dem war nicht so.
Jene tausende von Kartons enthalten (noch heute) Millionen von Dokumenten in denen der buerokratische Kleinkram bzgl zigtausender Personalien aller Art und Weise aufbewahrt wurde. Nichts was das schon bekannte Gesamtbild der Naziperiode aendern wuerde , eher bestaetigen.
Doch in einem Punkt stimme ich mit den guten Schwyyyzern ueberein :
." Alshistorische Untersuchung stellt es [der Abschlussbericht -Heinz] zugleich die Frage nach dem Umgang mit dieser Vergangenheit in der Nachkriegszeit. Damit ist auch die Gegenwart angesprochen, denn diese Geschichte wirkt weiter, sei es in aktuellen Diskussionenund Entscheiden oder in Vorstellungen über die Zukunft "
(Auszug Schlussbericht der Unabhängigen Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg)
Moege der Schlussbericht eine Warnung fuer diese und kommende Generationen sein.
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"Die Importeure der geraubten Wertschriften wurden somit nie genannt –geschweige denn verurteilt.
Während es im Winter 1945 insbesondere darumging, keine Schuldigen namentlich hervorzuheben, hatten die Banken 1950
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vorübergehend die Bereitschaft für eine Enquête gezeigt, da sie die internationalenHandelsbeziehungen möglichst rasch wieder normalisieren wollten.
Als Ergebnis lässt sich sagen, dass die Raubgutgesetzgebung insofern Vorteilegegenüber der
bestehenden Rechtsordnung des ZGB bot, als sie die Rückgabevon in die Schweiz gelangten, geraubten Wertpapieren erleichterte. Dennochsteht fest, dass weit weniger geraubte Titel vor Gericht zurückgefordert wurden,als während des Kriegs in die Schweiz gelangt waren. Es kann auch alssicher gelten, dass die verhältnismässig kleine Zahl der Klageführenden nichtalle Titel zurückerhielt beziehungsweise unter dem Wert der entzogenen Titel
entschädigt wurde. Nur diejenigen Beraubten, die Raub und Verwertung in derSchweiz beweisen konnten, hatten überhaupt eine Chance, ihren Besitz zurückzuerhalten.Viele Eigentümer waren umgekommen, erfuhren zu spät oder garnicht von der Rückforderungsmöglichkeit oder konnten die Gebühren füreinen Restitutionsantrag nicht bezahlen. Zudem bezog sich die Gesetzgebungnur auf Titel, die ab Kriegsbeginn und in den besetzten Gebieten geraubt wordenwaren. Beim Bund schätzte man 1946, dass der Wert der in die Schweizgelangten Papiere, die möglicherweise geraubt oder unter Zwang verkauft wordenwaren, 50 bis 100 Mio. Franken ausmachte.120 Zurückerstattet wurden hingegen
bis 1952 weniger als 1 Mio. Franken."(Auszug Schlussbericht der Unabhängigen Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg)