In Polen sorgt derzeit etwa ein Buch des US-Soziologen Jan Tomasz Gross für Aufsehen, das den Polen vorwirft, vom Holocaust profitiert zu haben.
POHL: Die Polen haben im Ostblock-Vergleich zwar viel geforscht, aber das Thema Kollaboration ist unter den Tisch gekehrt worden. Man muss dazu sagen, dass Gross die Sache sehr provokant und moralisierend angeht. Im Speziellen geht es darum, dass die polnischen Bewohner die Gelände der Vernichtungslager nach wertvollen Gegenständen abgesucht haben. Geplündert wurde aber in ganz Europa und in Polen auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau. Vor allem wenn man schaut, was in Österreich und Deutschland in puncto Arisierung passiert ist. Die richtigen Profite sind schon von den Tätern gemacht worden und nicht von den Zuschauern.
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POHL: Wir haben weltweit einen gewissen Bodensatz an Rechtsextremismus. Im Regelfall handelt es sich um Antisemiten oder Hitler-Fans, die ihren Führer weißwaschen wollen. Williamson ragt deshalb heraus, weil er ein hoher Kleriker ist. Sonst ist das ja im Westen nicht so ausgeprägt. Wir haben ganz selten Fälle von rechtsextremen Geschichtsprofessoren. Aber letztendlich halte ich dieses Problem für unausrottbar. Wenn wir in Krisenzeiten rutschen, wird dieser Bodensatz noch deutlich zunehmen. Für uns ist es eine Daueraufgabe, derlei Geschichtslügen in die Schranken zu weisen.
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