Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) will drohende Strafgelder im laufenden EU-Defizitverfahren laut "Focus" zum Teil an die Bundesländer weitergeben. Mit einem juristischem Gutachten lasse das Finanzministerium prüfen, ob der Bund die Länder an möglichen Sanktionen aus Brüssel beteiligen könne. Deutschland hatte 2002 erstmals die zulässige Neuverschuldung von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschritten
Eichel muss bis zum 21. Mai darlegen, wie er die gesamtstaatliche Finanzlücke von rund 20 Milliarden Euro ohne zusätzliche Kredite schließen will. Andernfalls könnten EU-Ministerrat und EU-Kommission bis zu zehn Milliarden Euro Strafe verhängen. Für die Rüge aus Brüssel macht Eichel vor allem die unionsregierten Länder verantwortlich und will sie daher zur Kasse bitten. Schließlich hätten diese durch ihre "Blockadehaltung" beim so genannten Steuervergünstigungsabbaugesetz verhindert, dass Deutschland die EU-Auflagen erfüllen könne, zitiert der "Focus" aus einem internen Argumentationspapier des Finanzministeriums.
Einige unionsgeführte Bundesländer hatten jedoch bereits angekündigt, der Bundesregierung bei einer möglichen milliardenschweren EU-Strafe nicht helfen zu wollen. Das hohe Defizit sei schließlich die Schuld von Rot-Grün, sagen Bayern, Sachsen und auch Baden-Württemberg. Zuerst war das Nein aus dem CSU-regierten Bayern gekommen, später hatten auch die CDU-geführten Länder Baden-Württemberg und Sachsen erklärt, sie würden sich an der drohenden Geldstrafe aus Brüssel wegen des gebrochenen Euro-Stabilitätspakts nicht beteiligen.
Unterdessen wird die Haushaltslage offenbar immer bedrohlicher: Im Bundeshaushalt 2003 klafft nach Einschätzung der Union ein Finanzloch zwischen 13 und 15 Milliarden Euro. Die neuen Schulden kletterten so auf 32 bis 34 Milliarden Euro und lägen über der von der Verfassung festgelegten Grenze, sagte der Haushaltssprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dietrich Austermann.
Austermann sagte weiter, Deutschland werde auch in diesem Jahr die von der EU gezogene Defizitgrenze von 3,0 Prozent mit mindestens 3,6 Prozent überschritten. Der aufgelaufene Schuldenberg werde mit einem Anteil von 62,5 Prozent am Bruttoinlandsprodukt auf neue Höchststände klettern.