Edelstahl-Sorten
Unter den Begriffen
Edelstahl, nichtrostender Stahl, Edelstahl rostfrei, stainless steel (engl.), Inox (ital./franz. inoxidable) werden über
100 verschiedene,
hoch-legierte Stahlsorten zusammengefasst, die neben Chrom verschiedene andere Zusätze enthalten. Der Chromanteil von mind.
12,5% ist der Träger der Passivität, er erhöht die Härte aber auch die Sprödigkeit. Nickel, oft der teuerste Legierungsanteil, verbessert die Festigkeit, Zähigkeit, Verformbarkeit und -zusammen mit Molybdän- den Korrosionsschutz. Und kleine, aber entscheidende Mengen von Kohlenstoff, Stickstoff und Schwefel, Titan, Tantal, Niob und Kupfer schaffen große Unterschiede in der Bearbeitbarkeit und Beständigkeit. Je nach Zusammensetzung ergeben sich unterschiedliche Gefügearten. So unterteilt man den
nichtrostenden Stahl in 4 Gruppen:
Austenitische Stähle (Gruppe A1 - A5) enthalten unter 0,1% Kohlenstoff, sind nicht härtbar (außer der Kaltverfestigung bei Umformung) und nicht, oder nur gering magnetisierbar (zunehmend mit steigender Kaltverformung). Durch den hohen Anteil an Chrom und Nickel haben sie eine hohe Beständigkeit gegen Witterungseinflüsse, Säuren und verschiedensten Chemikalien, sind gut kaltumformbar und gut schweißbar (außer bei Schwefel-Zusätzen). Der bekannteste Vertreter dieser Gruppe ist das "V2A-Stahl" Werkstoff-Nr.
1.4301.
Durch den Zusatz von 2% Molybdän (erstmalig im Krupp-V4A) konnte die Beständigkeit gegen schweflige Säuren und chlorhaltige Verbindungen (auch Seewasser) wesentlich verbessert werden. Der bekannteste CrNiMo-Stahl ist das "V4A" Werkstoff-Nr.
1.4401. Der Werkstoff 1.4404 ist praktisch eine Weiterentwicklung mit mehreren Vorteilen: Er lässt sich in der Version "easy cut" besser auf Drehmaschinen bearbeiten und durch einen reduzierten Kohlenstoffgehalt wird das nachfolgende Problem beim Schweißen vermieden. Durch Erhitzen und unkontrolliertes Abkühlen, z.B. beim Schweißen, kann durch den Kohlenstoffgehalt "interkristalline Korrosion" (Kornzerfall) eintreten, die durch karbidbildende Zusätze Titan, Tantal, Niob vermieden wird.
Für Schweißkonstruktionen ab ca. 6mm Dicke wird das titanhaltige
1.4541 oder
1.4571 eingesetzt, - oder Stähle mit einem C-Gehalt unter 0,03% (L=low carbon). Die titanhaltigen Stähle lassen sich durch die Bildung der Karbidkristalle nicht auf Hochglanz polieren. Ein Zusatz von 0,2% Schwefel verbessert beim Werkstoff
1.4305 die spanabhebende Bearbeitbarkeit. Aus diesem Stahl, mit etwas niedrigerer Korrosionsbeständigkeit, lassen sich Automatendrehteile mit einem guten Preis-Leistungsverhältnis herstellen.
Austenitische Stähle haben eine höhere Bruchdehnung (35-40%), Korrosionsbeständigkeit und Wärmeausdehnung, - und eine geringere Wärmeleitfähigkeit als die zwei nachfolgenden Gruppen.
Die mechanischen Eigenschaften (Zugfestigkeit ca. 500-750N/qmm, Streckgrenze Rp 0,2 ca. 190-280 N/qmm) können besonders bei den vergüteten martensitischen Stählen wesentlich höher liegen. Die geringere Wärmeleitfähigkeit der A1/A4-Edelstähle (15W/mK) sollte Planern etwas bekannter sein: Der Wärmverlust von normalen Stahl (50W/mK) ist 3x, der von Aluminium (204W/mK) 10x höher, - daher sollten für Ankerteile in wärmegedämmten Fassaden nur diese Legierungen eingesetzt werden.
Martensitische Stähle (Gruppe C1, C3, C4) enthalten über 0,1% Kohlenstoff, 12-18% Chrom, unter 3% Nickel, sind magnetisierbar und durch Wärmebehandlungen härt- und vergütbar. Die Härte der Stähle ist umso größer, je höher der Kohlenstoff-Gehalt ist (0,1-1,0%). Wegen ihrer Neigung zur Bildung von Härterissen werden sie im allgemeinen nicht geschweißt. Vergütet, mit geschliffener und polierter Oberfläche werden sie für Wellen, Kolbenstangen, chirurgische Instrumente, Messer und Federn eingesetzt.
Ferritische Stähle (Gruppe F1) enthalten unter 0,1% Kohlenstoff, 12-19%Chrom, unter 1% Nickel, sind magnetisierbar, teilweise schweißbar und nicht härtbar. Sie haben eine schlechtere Korrosionsbeständigkeit als die A1/A4-Gruppe und werden durch den niedrigen Preis z.B. für einfache Bestecke, Spülbecken und Behälter eingesetzt.
Austenitisch-ferritische Stähle, wegen ihrer
zwei Gefügebestandteile auch
Duplex-Stähle genannt, sind die neuen
Hightech-Edelstähle. Z.B. der Werkstoff-Nr.
1.4462 bildet mit 22% Cr, 5% Ni, 3% MO + 15% N eine ausgewogene Gefügemischung mit
hervorragenden mechanischen und
korrosionsbeständigen Eigenschaften und wird im
Offshore-Bereich und auf
Regatta-Yachten zur Mastenabspannung eingesetzt.
Unter guter Beständigkeit gegen äußere Einflüsse und Chemikalien versteht man, wenn der jährliche Oberflächenabtrag unter 0,1mm liegt. Für eine gute Korrosionsbeständigkeit ist ein Chromgehalt von mindestens
12,5%, besser aber
17% erforderlich, - auch Nickel und Molybdän verbessert.
Aber nicht nur die Zusammensetzung der Legierung, sondern auch die Qualität und Glätte der Oberfläche und Gefügeveränderungen des Materials durch Druck und Temperatur sind von Bedeutung. So bietet eine polierte, saubere Oberfläche (z.B. Elektropolitur) einen wesentlich besseren Rostschutz, als eine matte, ungepflegte Oberfläche, auf der sich sogar kleine Partikel von Flugrost festgesetzt haben.
Die durch Erhitzen oder Schweißen oxydierten Oberflächen werden üblicherweise mit flusssäurehaltigen Mitteln gebeizt. Das "nackte" Edelstahl überzieht sich dann in einigen Tagen mit einer dünnen, farblosen, schützenden Chromoxydschicht. Diese Passivierung kann durch Einlegen in eine verdünnte Salpetersäure beschleunigt werden.
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