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Gegen 21:00 Uhr amerikanischer Ortszeit griffen Luftverbände der USA, Englands und Frankreichs, wie von vielen erwartet, mindestens 3 Ziele in Syrien an. In mehreren Wellen, mit insgesamt 120 Raketen und Marschflugkörpern, überlasteten das US-Bündnis die syrische Luftabwehr, um so die Missionsziele auch bei einer möglichen starken russischen Gegenwehr zu erfüllen.
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Es war ein, aus militärischer Sicht, sehr massiver und vor allem kostspieliger Angriff, der von vornherein in keinen Verhältnis zum möglichen Erfolg stand. Denn ein Tomahawk-Marschflugkörper kostet je nach Ausstattung bis zu 800.000 $. Und sowohl die syrischen als auch die iranischen Streitkräfte verlagerten bereits 2 Tagen zuvor ihr schweres Gerät auf die russischen Stützpunkte und zerstreuten ihre Bodentruppen. Die angegriffenen Stützpunkte waren also anzunehmender Weise überwiegend geräumt. Der entstandene Schaden deshalb vermutlich gering. Und das ist eine gute Nachricht für den Weltfrieden.
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Die gewaltige Anzahl von 120 eingesetzten Flugkörpern zeigt allerdings, dass man innerhalb der US-Koalition einen Höllenrespekt vor der sich in höchster Alarmbereitschaft befindlichen russischen Luftabwehr hatte. Seitens der Angreifer musste die Anzahl der eingesetzten Raketen deshalb so hoch ausfallen, weil man nur so eine Chance hatte, eine mögliche russische Luftraumsperre der S-300 und S-400 Abwehrkomplexe zu überwinden. Denn der Verteidiger hat das Problem, dass er für jedes anfliegende Geschoss 2-4 Abfangraketen abfeuern muss, um eine Zerstörungswahrscheinlichkeit zu erreichen. Damit aber war das relativ kleine russische Expeditionscorps in Syrien selbstredend überfordert, und das wusste natürlich auch das amerikanische Militär.
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Dennoch erscheint es so, dass in dieser Nacht auch der russische Bär seine Muskeln hat spielen lassen. Anders erklären sich erste Berichte nicht, wonach eine große Anzahl der anfliegenden Geschosse wirkungslos verpufft sein sollen. Dass dem so sein könnte, darauf deutet eine Gratulation des russischen Präsidenten an die Regierung Assad von heute Morgen hin. Es ist also anzunehmen, dass Russland seine elektronische Abwehr einsetze, die dann erfolgreich die anfliegenden Marschflugkörpern verwirrte. Natürlich wird keine Seite das offiziell zugeben, doch von Militärexperten war im Vorfeld genau das erwartet worden. Diese Luftschlacht um Syrien dürfte deshalb für lange Zeit in die taktischen Analysen aller Militärs weltweit einfließen. Ebenso wie die Erkenntnisse über die Möglichkeiten der russischen Verteidigung insgesamt, die sicher ein weiteres sekundäres Kriegsziel waren.
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Entscheidend aber ist bei allem, dass die USA offenbar die kleine, sprich eher symbolische Konfliktlösung gewählt haben, die es dem amerikanischen Präsidenten ermöglicht das Gesicht zu wahren und ebenso auch Russland die Chance gibt, das Ereignis abzuhaken. Es ist aus dieser Perspektive deshalb nicht einmal verwunderlich, wenn man sich auf höchster Ebene vor dem Angriff ausgetauschte, wie es der amerikanische Verteidigungsminster im heutigen Interview ansprach, um die reale Gefahr eines Weltkrieges zu vermeiden. Ende gut, alles gut, könnte man also sagen. Denn an den Machtverhältnissen vor Ort hat sich nichts geändert und die USA haben nun die Chance, sich wie geplant aus dem Wespennest Syrien zurückzuziehen, wie das der US-Präsident in der morgendlichen Stellungnahme mitteilte.
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Doch bei aller Freude um ein mögliches Happy End, soll hier dennoch nicht unerwähnt bleiben, dass es sich bei diesem Luftschlag um ein Völkerrechtsverbrechen des unzulässigen Angriffskrieges handelte, denn die USA handelten ohne Auftrag der vereinten Nationen. Die Rechtslage ist insoweit eindeutig und wird weltweit auch von keinem Experten bestritten, auch wenn man dieses Thema heute in der deutschen Mainstreampresse wohlweislich nicht vertieft. Professor Talmon von der Universität Bonn führte dazu gegenüber der Bildzeitung aus: „Das Völkerrecht sieht keine einseitigen militärischen Straf- und Vergeltungsaktionen vor“. Und auch die Süddeutsche Zeitung urteilte in der Vergangenheit dazu: „Es gibt keine Gleichheit im Unrecht. Die Charta der Vereinten Nationen billigt den Einsatz von Gewalt nur dann, wenn ein angegriffener Staat sich verteidigt oder der UN-Sicherheitsrat den Militärschlag genehmigt.“ Doch so lange die USA die Welt dominieren, muss auch dort kein Politiker Angst davor haben, für solche Brüche des Völkerrechts zur Verantwortung gezogen zu werden. Auch vor den Richtern in den Haag, sind eben nicht alle Schweine gleich und die moderne Justizia hat zwar immer noch eine Augenbinde aber eben auch einen Geldsack unter dem Arm.
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Walter Ehret – 14.04.2018