Zitat:
Wenn man aber in Gott und Teufel zwei Fausts Seele innewohnendeElementartriebkrafte des Dramas sieht, so sind sie die aus der Auseinandersetzungzwischen gegensatzlichen Prinzipien entstandenen, paradoxenFiguren, durch deren Konflikt sich sein Geistesleben entwickelt.Mephisto bestimmt sich erstens als einen Teil von jener Kraft, die stetsdas Bose will und stets das Gute schaift, und zweitens als den Geist, derstets verneint, wahrend er sich als eine Triebkraft fur die anschaulicheEntfaltung des Dramas zeigt. Die erste Bestimmung mag zwar die Ideeder gottlichen Vorsehung in dem Sinne der Theodizee (Fr. Strich) und diezweite, die der Verneinung als ein Moment der dialektischen Entwicklung(G. Likacs) bedeuten. Aber bei Goethe sind beide Ideen gleichbedeutend,d. h. der Sinn der ersteren ist der Gehalt der letzteren selbst, wie dieserdie Antwort auf die Frage nach jenem Sinn ist. Man darf nicht diese beidegetrennt behandeln.Gottes Schaffen enthalt sowohl die Verneinung als auch die Bejahung."Alles, was entsteht, ist zwar wert, vernichtet zu werden", aber ebendeshalb entwickelt sich alles. Vernichten wird immer nur um des Schaffenswillen gerechtfertigt, sonst nicht. Trotzdem behauptet Mephisto:"Drum war's besser, dass nichts entstunde." (vgl. auch Z. 11596ff) Hierhebt sich sein Philister-Nihilismus hervor. Mephisto, ein Damon, entwickeltsich nicht, indem auch seine Verneinung durchaus lauter Negativitatbleibt, die keine Affirmation zulasst, wie der positive Nihilismus Fausts,der sich entwickelt. Mephisto, der ein Teil der Kraft ist, die stets das Bosewill und "unwillkurlich" stets das Gute schafft-ohne Absicht, ja widerseinen eigenen Willen-er schafft nur nach Gottes Willen, als ein Organder schaffenden Gottheit, der ganzen Kraft. Sein Schaffen des Gutenkann nie als eine Entwicklung von seiner Verneinung, seinem Nihilismusaus begriffen werden. Seine Behauptung, dass das Bose sein eigentlichesElement sei, ist auch nichts anders als eine Funktion des reizenden Gesellenzum Menschen, seine Bestimmtheit von Gott, der zerstort um nichts, sondernum etwas zu schaffen