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Der Grund für westlichen Hass ist Putins Bilanz
Die ARD zeigte am Montagabend zwei Filme über Russland, die wohl ein komplemetäres Paar bilden sollten.
Der erste, mit dem Titel "Ich, Putin", versuchte ein Porträt Putins aus allernächster Nähe zu zeigen, was nicht zuletzt durch Putins freundliches Entgegenkommen möglich wurde - etwas, was man bei den meisten westlichen Politikern vergeblich sucht. Die Chance, etwas Neues und Interessantes zu zeigen, wurde von dem Macher Hubert Seipel allerdings kläglich vertan: altbekannte Stereotypen, selektive Bilder, aus dem Kontext gerissene Auftrittsfetzen.
Als vermeintliches Gegengewicht wurde gleich im Anschluss ein zweiter Film gezeigt: "Zarendämmerung" von Ina Ruck. Dort wurde ausgiebig und pathetisch über die "breite" Protestbewegung gegen Putin berichtet, wobei fast immer nur Bilder aus ein und derselben Demo gezeigt wurden. Ohne die Parteilichkeit für die Protestler zu verstecken, schienen die Macher fleißig gewesen zu sein und alle noch so marginalen Aktivisten ausgegraben zu haben: den Rapper Noize MC, einige hirnverbrannte Dörfler (gerade bei Putins nachweisbar erhöhten Popularität auf dem Land), ein versprengtes Trupp der Aktivisten aus Jekaterinburg (eigentlich gilt der Ural als Putins Hochburg). Und natürlich einige aus der immer unzufriedenen und schluchzenden Petersburger Intelligenzija, die geistig auf ihrem eigenen Planeten lebt.
Die vermeintliche Ausgewogenheit des Filmpaares - ein Film über Putin und einer über die Protestbewegung - war in Wahrheit eine Mogelpackung. Für ein ausgeglichenes Bild fehlte nämlich die entscheidende Komponente: die große Mehrheit der repräsentativen Russen. Ihre Argumente, ihre Lebensentwicklung in den letzten Jahren, ihre Meinungen und Präferenzen. Kein Wort konnte man über die wahren Meinungsverhältnisse im Land erfahren (siehe Beitrag unten), die auch von den unabhängigen Instituten bezeugt werden. Über die große Mehrheit kann man im deutschen Fernsehen höchstens aus ein paar verächtlichen Worten der Minderheit erfahren.
Die Fakten aus Putins Bilanz sind offen zugänglich und von niemandem widerlegbar. Eine Reihe von Kennzahlen sprechen eine deutliche Sprache: auf der einen Seite über das von ihn geerbte völlig desolate, auf den Zerfall zusteuernde und in jeglicher Hinsicht heruntergekommene Land, ob wirtschaftlich, sozial oder ethisch-moralisch. Auf der anderen Seite das wiedererstarkte Land, das wieder Optimismus für die Zukunft schöpfen kann. Hier eine kleine Übersicht schlichter Fakten, auf die kein deutscher Sender seine Aufmerksamkeit fokussieren wird:
Kennzahl
2000
2010
Veränderung
BIP in Mrd. US-$ 1.123 2.211 +96,7%
Außenhandel in Mrd. US-$ 149 648 +432%
Handelsbilanz in Mrd. US-$ 61 152 +250%
Außenschulden in Mrd. US-$ 166 28 -83,3%
Inflation in % 20,2 8,8 -56,5%
Industrieproduktion 100% 147% +47%
Löhne, inflationsbereinigt 100% 242% +142%
Renten, inflationsbereinigt 100% 331% +231%
Einzelhandel 100% 256% +156%
Armutsrate in % 29 12,6 -56,6%
Arbeitslosigkeit in % 10,6 7,5 -29,2%
Geburten in Tsd. 1.267 1.790 +41,3%
Sterbefälle in Tsd. 2.225 2.031 -8,7%
Bevölkerungsabnahme in Tsd. 959 241 -74,9%
Säuglingssterblichkeit in Tsd. 19,3 13,4 -30,6%
Lebenserwartung in Jahren 65,3 69
Verbrechen in Tsd. 2.952 2.629 -10,9%
Morde in Tsd. 31,8 15,6 -50,9%
Selbstmorde in Tsd. 56,9 33,3 -41,5%
Alkoholvergiftungen in Tsd. 37,2 14,4 -61,3%
Abtreibungen pro 100 Geburten 168,8 66,3 -60,8%
Quelle: Rosstat, das russische Statistikamt