Zitat:
– Das darf nicht sein. Das kann nicht sein. Wir müssen dringend angeben, was »Missbrauch von Religion« ist.
Die Antwort zur Frage, ob Merkel und andere Freunde universaler Liebe den Kapitulationsbrief der Aufklärung unterschrieben haben, hängt an dieser auf den ersten Blick nur philosophischen Frage: Wie belastbar ist der Begriff »missverstandene Religion«? Ist Religion nicht per Definition immer genau das, was der einzelne Gläubige eben unter seiner Religion versteht? Wer ist Frau Merkel, mir zu sagen, ob ich meine eigene, persönliche Religion richtig verstanden habe? (Randfrage: Wo sind eigentlich all die Religionsversteher, wenn es in Deutschland gegen Scientology geht? Wo sind die Bekundungen, dass auf den ersten Blick teure Seminare und scheinbare Machtbestrebungen nur »missverstandene« Religion seien, denn alle Religionen – also auch Scientology – seien im Kern doch gut?)
Es ist spät. Die Zwerge werfen lange Schatten, besonders wenn sie sich bei den Oscars und Goldenen Kameras blamieren. Wir brauchen eine »Theologie der missverstandenen Religion«, die ganz ohne sonstige Kenntnisse von Religion auskommt. Und wir brauchen sie dringend. Ich will Ihnen deshalb eine mögliche Bedeutung des Begriffs »missverstandene Religion« vorschlagen, einen bissfesten Inhalt für die von unseren Gewählten gewählte Leerstelle.
Zitat:
Wer einer monotheistischen Religion angehört, der muss qua Theologie eine Trennung zwischen sich und dem Allerhöchsten einziehen. Dort der Gerechte, Allmächtige, Wahrhaftige. Hier du, der Sündige, Hilflose, Fehlbare. Die Aufhebung dieser Trennung ist, wo ich den Begriff »Missbrauch der Religion« ansiedeln möchte.
Nur Gott steht es zu, über Tod und Leben zu entscheiden. (Und Er hat dafür einige bewährte Verfahren: Unfälle, Organversagen, verstopfte Arterien, durchgeknallte Zellhaufen oder schlicht verlangsamte Zellteilung, sprich »Alter«.) Wer seine Religion als Rechtfertigung nimmt, selbst Gott zu spielen, missbraucht und missversteht sie. Du bist nicht Gott, also hast du kein Recht, über das Leben anderer Menschen zu richten.
Nur Gott steht es zu, über das innere Leben der Menschen zu urteilen. Wenn du Menschen hasst, weil sie schwul oder hetero sind, links oder rechts, ungläubig oder gläubig, dann spielst du dich zum »kleinen Gott der Welt auf«, wie Goethe es genannt hat. Du bist nicht Gott, also hast du kein Recht, über das Innere andere Menschen zu richten.