Wenn der Rest genauso ist, kann man das Buch wegschmeißen! Mozarts Vertonung ist vieles, aber sicher nicht archaisch. Die drei Tänze und Taktarten des ersten Finales ließen sich eher als Vorwegnahme der Polyrhythmik Igor Strawinskys interpretieren.
Mit erlesener Raffinesse, dem Gegenteil des Archaischen, schließt Mozart seinen Don Giovanni signaturhaft ab. Ohne ein wenig ins Detail zu gehen, kann man das leider nicht nachvollziehen.
Zunächst der Text:
https://youtu.be/WaYlZQt-d60?t=10539
Um eine uralte Weise anzudeuten, läßt Mozart die drei Personen etwas singen, ein in langen Notenwerten gehaltenes Thema, woraus er im Streichquartett G-Dur KV 387 und der Jupitersinfonie KV 551 Fugenartiges gemacht hat.
Der Fugenstil wurde mit den Liturgievertonungen Bachs und Händels verbunden!
Das Aufgreifen alter, damals schon überholter Techniken könnte man mit Müh und Not als archaisch betrachten.
Kaum aber, wenn das im Finale einer Opera Buffa auftritt, nur angedeutet wird, eine Weiterführung im Fugenstil unterbleibt, und die mit dieser Struktur verbundene Komplexität im Orchester liegt, rasenden Tonleitern, abgelöst vom Wiederauftauchen eines Buffa-Gedankens in den Geigen und dann wieder rasenden Tonleitern, aber abwärts. Danach Schlußakkorde und Fallen des Vorhangs.
Der Regisseur dieser Vorstellung hat den glücklichen Einfall gehabt, die Sänger beim Vortragen der "antichissima canzon" die Hände wie zum Gebet falten zu lassen.
Ich frage mich, ob der Autor überhaupt den Text gelesen hat? In dieser Szene macht sich Don Giovanni über den Komtur und damit auch Tod lustig. Die Angst fährt lediglich Leporello in die Knochen, der von seinem Herrn per Degen gezwungen wird, den Komtur zum Essen einzuladen.
Die Vertonung wäre ebenfalls ein Beleg, daß Don Giovanni vieles sein mag, aber garantiert nicht archaisch, dafür ist das Stück viel zu intelligent, raffiniert, auch soziologisch gesehen, und zu wenig brutal.
An vier Stellen der Friedhofszene wählt Mozart, um etwas Unheimliches, aus dem Rahmen fallendes darzustellen, einen harmonischen Kunstgriff, der erst später, ab Schubert, üblich geworden ist.