An der Kriegsgefahr scheiden sich die Geister...
Angesichts der Zuspitzung der Konfrontation mit Rußland scheiden sich nun die Geister, denn der Versuch, Rußland und China einzuschüchtern, ist fehlgeschlagen: Beide Staaten haben deutlich gemacht, daß sie nicht nachgeben werden, und nun dämmert immer mehr Menschen auch in den führenden Schichten des Westens, welche furchtbaren Konsequenzen drohen, wenn man den Kurs nicht ändert.
So warnte der bekannte US-Journalist William Pfaff am 7. Mai in der International Herald Tribune unter der Überschrift „Eine reale Nuklearkriegsgefahr?“ vor der Konfrontation gegen Rußland. In seinem Artikel verweist er besonders auf den Gegensatz zwischen der „außerordentlichen Brutalität“ der Beschimpfungen des US-Außenministers John Kerry (wie etwa kürzlich im Wall Street Journal) gegen Präsident Putin und Rußland, und dem „fast völligen Schweigen des Pentagon, von Verteidigungsminister Chuck Hagel und führenden Kommandeuren, einschließlich Generalstabschef Martin Dempsey“. Kerry führe die Sprache des Krieges, wenn er die Russen als „Gangster“ und den russischen Außenminister als „Lügner“ bezeichnet. Kerry tue dies, so Pfaff, obwohl „die US-Regierung und Administration ,sich voll darüber bewußt’ sind, daß diese Konfrontation gegen Rußland zu einem Nuklearkrieg führen könnte“.
Die Tatsache, daß die Militärführung hingegen „fast vollständig schweigt“, deutet laut Pfaff auf die „Besonnenheit der Militärs“ hin, die wissen, daß der Preis ein Krieg wäre, von dem zivile Amtsträger so tun, als werde nur mit Worten gekämpft. Pfaff wiederholt eine Warnung von Henry Kissinger und George Kennan, wonach die bewußte und gezielte Ausweitung der NATO-Mitgliedschaft bis zur früheren Grenze der Sowjetunion Rußland geradezu dazu einlade, auf diese Demütigung mit Gewalt zu reagieren.
Ebenfalls am 7. Mai erschien auf der Mainstream-Webseite NationalInterest.org ein Beitrag des Harvard Professors Graham Allison. Er ist ein langjähriger Analytiker für Verteidigungsfragen und diplomatische Angelegenheiten sowie ein anerkannter Experte der Kubakrise. Unter dem Titel „Könnte die Krise der Ukraine einen Weltkrieg entzünden?“ zieht er die Analogie der jetzigen Lage zu 1914 und dem Beginn des Ersten Weltkrieges: „Das rapide Abgleiten von Rechtlosigkeit zu Gewalt, das in der letzten Woche das Leben von mehr als 60 Menschen in den ukrainischen Städten Donezk, Slawjansk und Odessa gefordert hat, läßt Alarmglocken schrillen, die man in westlichen Hauptstädten deutlicher zur Kenntnis nehmen sollte… Können wir ein Echo von vor einem Jahrhundert hören, als der Mord an einem österreichischen Erzherzog einen großen europäischen Krieg auslöste?“
Allison warnt seine Leser davor, diese Einschätzung als „abstrus“ abzutun. „Wir sollten nicht vergessen: Im Mai 1914 konnte sich fast niemand vorstellen, daß die Ermordung eines Erzherzogs einen Weltkrieg hervorbringen könnte. Die Geschichte lehrt uns, daß unwahrscheinliche, selbst unvorstellbare Ereignisse geschehen.“
Vor dem Hintergrund dieser unmittelbaren Kriegsgefahr ruft Allison dann dazu auf, „präventive Initiativen“ zu ergreifen.
Quelle:
http://bueso.de/node/7321