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Die IS-Ideologie verspricht jungen Muslimen, sobald ein Kalifat errichtet sei, kehre ein Goldenes Zeitalter zurück, das sie wieder zu Siegern erhebe. Ein Zusammenbruch des Daesh im Irak oder in Syrien wäre daher auf zwei Ebenen von Bedeutung. Auf operationell-militärischer würde dies dem IS die physische Kontrolle über eine Region und damit die Möglichkeit entziehen, dort Truppen auszubilden. Auf psychologischer Ebene wäre die Niederlage einer obskuren, menschenverachtenden Ideologie besiegelt und das jungen Arabern gegebene Heilsversprechen gebrochen.
Wenn es dazu kommt, sollten die Konsequenzen nicht allein den Militärstrategen und Politikern des Westens überlassen werden. Es bedeutet einen großen Unterschied, wer einen solchen Triumph für sich reklamiert und wem er tatsächlich zuzuschreiben ist. Um von Dauer zu sein, müsste ein solcher Umschwung vor allem mit einer glaubwürdigen Alternative einhergehen, die ungeduldigen jungen Männern, die sich so sehr danach sehnen, endlich einmal unter den Gewinnern zu sein, eine Perspektive eröffnet.
Mindestens ebenso essenziell ist die Frage, wer nach einem Sieg über den IS das ideologische Vakuum füllt, das dieser zwangsläufig hinterlässt. Als zehntausende junger Araber Ende 2010 und Anfang 2011 auf den Straßen von Tunis, Kairo oder Alexandria demonstrierten, glaubten viele von ihnen, die Geburtsstunde arabischer Demokratien sei nahe. Leider waren die Agenten des Wandels organisatorisch und von ihrem politischen Potenzial her nicht in der Lage, das Vakuum zu füllen, das durch die Flucht von Staatschef Ben Ali in Tunesien und durch die Verhaftung des Präsidenten Hosni Mubarak in Ägypten entstand.
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