Nordbayern.de / 03.01.2021 / von Stefan Blank
Storck-Barracks
Kaserne in Illesheim: Das Kronjuwel der US Army in Europa
ILLESHEIM - Truppenabzugs-Drohungen von Donald Trump und kein erhöhter Blutdruck? Durch die Formulierungen beim Verteidigungshaushalt hat der Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika noch vor Weihnachten der geplanten Reduzierung von US-Soldaten in der Bundesrepublik erst einmal einen Riegel vorgeschoben.
Doch trotz zahlreicher Schließungen in vergangenen Jahrzehnten wurde
fast nie über die
Storck-Barracks-Kaserne Illesheim diskutiert.
"Wichtiges strategisches Drehkreuz", nennt den Stützpunkt der Sicherheits- und Verteidigungs-Experte der CSU und ehemalige Bundesminister Christian Schmidt.
"Tor zum Osten was die Fluggeräte der US-amerikanischen Armee angeht", sagen Army-Verantwortliche. Für Fred Lane, der so etwas wie der Direktor der Freizeitgestaltung in den Storck Barracks ist, ist Illesheim das
"Kronjuwel der US Army in Europa".
Warum?
Außergewöhnliche Flugsimulatoren, Hubschrauber-Instandhaltungs-Hochburg und das große Flugfeld für die Helikopter.
Gute Infrastruktur
Das Knattern eines Chinooks beim Landeanflug ist unüberhörbar. Kurs: Illesheim. Storck Barracks. Das Flugfeld mit einer 850-Meter-Landebahn und tausenden LED-Leuchten ist selbst bei Dunkelheit nicht zu übersehen. Die Infrastruktur in der Kaserne ist sehr, sehr gut, sagt Steve Borkowski, Storck Site Manager und damit eine Art Bürgermeister der Kasernen Ansbach und Illesheim. Der 30 Meter lange und bis zu 22 Tonnen schwere
Transporthubschrauber Chinook reiht sich neben
Apache-Kampfhubschraubern und
Blackhawk-Transporthubschraubern ein. Platz ist reichlich auf dem Parkbereich des Flugfeldes. Insgesamt umfassen die nach dem US-amerikanischen Kriegshelden Louis J. Storck benannten Barracks
165 Hektar.
Gleich neben dem Flugfeld stehen zwei große Hangar. "Mit Technik vollgestopfte Hochregallager", wie sie Gerlinde Hoyle lächelnd nennt. Hoyle ist Mitarbeiterin im Büro für Öffentlichkeitsarbeit der US-Army in Ansbach und Illesheim und zeigt mit Fred Lane, wo vor der Corona-Pandemie Hunderte Hubschrauberpiloten aus allen möglichen Nato-Staaten hinpilgerten und Hunderte es sicher bald wieder tun werden.
Dort in den Hallen gibt es Simulatoren für Apache-, Blackhawk- und Chinook-Piloten und alle Crewmitglieder. "Da kann man alles trainieren", erklärt Karl Brand. "Sie haben das Gefühl, sie sitzen in einem richtigen Hubschrauber." Brand kennt nahezu jedes Teil der drei Hubschrauber-Arten der US Army in Westmittelfranken – und das sind unfassbar viele. Die Simulatoren – es handelt sich um Cockpits, die alles beinhalten, was auch in flugfähigen Apaches, Blackhawks oder Chinooks ist.
Seltener Flugsimulator
"Alles, was Sie in der Luft machen können, können Sie auch in diesem Simulator machen", sagt Fred Lane.
"Es ist eine Art Virtual Reality – das großartigste Videospiel aller Zeiten." Nach Angaben der fest in Ansbach-Katterbach stationierten
12. Kampffliegerbrigade wurden zwischen 1985 und 1987 erste Flugsimulatoren in Illesheim installiert, derzeit gebe es nur
zwei Flugsimulatoren-Ansammlungen in Europa.
Hineinzugehen in die Hallen ist nicht erlaubt – doch auf dem Gelände des ehemaligen Fliegerhorsts der Luftwaffe der Wehrmacht gibt es viel zu sehen – dort leben aktuell rund
1000 Soldaten der
Rotationseinheit der
101st Combat Aviation Brigade aus
Fort Campbell im
Bundesstaat Kentucky. Neben den Truppenunterkünften wurden nach der Umstrukturierung 2015 auch Familienunterkünfte für Soldaten ohne Frauen und Kinder als Wohngemeinschaften genutzt. "Was wir vermissen, sind die Familien", sagt Fred Lane, Familienangehörige haben die in Illesheim stationierten Soldaten – früher war das anders – nicht dabei.
Nichts Offizielles zum Abzug der Army
"Es ist aber nichts abgebrochen worden, nur eingemottet", erklärt Hoyle. Schule, Kindergarten, sogar einen riesigen Spielplatz gibt es auf dem Areal. "Alles wird in Schuss gehalten, wenn doch mal irgendwann wieder Familien kommen sollten", sagt Hoyle. Doch momentan haben die Storck-Barracks "einen anderen Auftrag", sagt Fred Lane und meint, ohne es auszusprechen, die Ausbildung von Piloten und die Funktion als Drehscheibe für Helikopter in Einsatzgebiete Richtung Osten.
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Ein großer Teil im Südwesten des Kasernenareals, auf dem zwischen 250 und 300 Zivilisten arbeiten und auch eine Tankstelle mit Supermarkt und Geschäfte zu finden sind, ist eine Stellfläche für Transportfahrzeuge aller Art – vom Tanklastzug bis zum Jeep. "Manche Rotationseinheiten übernehmen die Fahrzeuge von anderen, andere bringen ihre eigenen mit", erklärt Steve Borkowski.
Hubschrauber-Instandsetzungs-Einheit
Und dann ist da noch das zweite Juwel der Kaserne, das ebenfalls zur Einzigartigkeit beiträgt, wie sich die Verantwortlichen einig sind: die Hubschrauber-Instandsetzungs-Einheit. Dort arbeiten US-Amerikaner vom Verteidigungsministerium, ein 40köpfiges Team aus "Local Nationals", das aus Deutschen und zahlreichen Nicht-Amerikanern besteht und von Karl Brand geleitet wird, und Mitarbeiter eines Unternehmens, das je nach Auftragslage und Bedarf Experten stellt.
"Wir machen das komplette Spektrum", erklärt Karl Brand. Von der kleinen Inspektion bis zum Totalschaden wie bei einem Absturz. In dem großen Hangar in Illesheim werden alle Hubschrauber regelmäßig komplett auseinandergenommen. "Wir schauen uns jedes Teil genau an", sagt Brand. Oft wird aber auch an Standorten in ganz Europa repariert oder gewartet: "Wir bekommen die Infos und schicken dann ein Team dorthin." Es komme auch vor, dass Monteure und Equipment mit Chinooks zum Einsatzort geflogen werden. Feste Teams gibt es unter anderem in Hohenfels, Grafenwöhr, Afghanistan oder Ägypten. Jedes Stück des Hubschraubers könne gefertigt werden, wenn es einmal schwer zu bekommen sei – "das sind dann trotzdem vom Hersteller genehmigte Teile", Sonderanfertigungen nach Vorgaben der Ingenieure. Die fertigen Teile werden nochmal geröntgt, und auf Risse überprüft, sagt Brand.
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