VOR 70 JAHREN: DAS MASSAKER VON DEIR YASSIN
Geschichte / 08/04/2018
Ben-Gurion entwarf zusammen mit anderen zionistischen Führern einen Plan:
Nachrichtenoffiziere der paramilitärischen zionistischen Organisation Haganah sammelten genaueste Informationen über alle arabischen Dörfer und Städte. Palästinensische Gebiete wurden in Zonen aufgeteilt, die bestimmten Haganahbataillonen unterstellt wurden.
Aus jedem palästinensischen Ort, der in diesen Zonen zwischen isolierten jüdischen Siedlungen lag, musste die arabische Bevölkerung verschwinden.
Wo arabische Ortschaften einen Friedenspakt mit benachbarten jüdischen Siedlungen geschlossen hatten – so wie Deir Yassin –, wurde den Milizen der Irgun und Lehi
unter der Hand erlaubt, das Gebiet zu übernehmen. Mit dem Fortschreiten der Vertreibung wurde die zionistische Führung entschlossener und ihre Begeisterung wuchs:
»Wenn ich nach Jerusalem komme, spüre ich, dass ich in einer jüdischen Stadt bin«,
sagte Ben-Gurion im Februar 1948.
»In vielen arabischen Stadtvierteln im Westen ist kein einziger Araber mehr zu sehen. Ich denke nicht, dass sich das ändern wird. Und was in Jerusalem und Haifa möglich war, das kann auch in großen Teilen des Landes geschehen. Wenn wir nicht nachlassen, ist es durchaus möglich, dass es in den kommenden sechs oder acht Monaten erhebliche Veränderungen im Land geben wird, sehr erhebliche, und dies zu unserem Vorteil«
(Zitiert nach: »Die ethnische Säuberung Palästinas« von Ilan Pappe / Englische Version Seite 68).
Im März wurde ein solider Plan entworfen – Plan Dalet –, in dem kein Zweifel gelassen wurde über das Schicksal der arabischen Ortschaften:
»Diese Operationen müssen auf folgende Weise ausgeführt werden: Zerstörung der Ortschaften (indem sie in Brand gesetzt, gesprengt und Minen in den Schutt gelegt werden)«, hieß es da. »Im Fall des Widerstands müssen die bewaffneten Kräfte ausgelöscht werden und die Bevölkerung muss über die Grenzen des Staats vertrieben werden.«
Der israelische Historiker Ilan Pappe sprach aus, was dieser Plan bedeutete:
Er war eine Blaupause für ethnische Säuberungen.
Deir Yassin gehörte zu den ersten Orten, die entsprechend dem Plan Dalet gesäubert wurden. Zu diesem Zeitpunkt waren schon 75.000 Palästinenser zu Geflüchteten geworden – einige Monate bevor Großbritannien das Land verlassen hatte.
Die britischen Streitkräfte in Palästina waren doppelt so stark wie die
Haganah und hätten die Massaker leicht verhindern können.
Stattdessen fanden die ethnischen Säuberungen unter den Augen der Besatzungsmacht statt. Erst Tage später schickten die Briten einen Polizeioffizier nach Deir Yassin, unweit der Hauptstadt Jerusalem, um die Angelegenheit zu untersuchen. Er wurde von der
Haganah daran gehindert.
Erst Vertreibung, dann Vertuschung
Nach den anfänglichen Prahlereien versuchten die zionistischen Kräfte nun zu vertuschen, was sie getan hatten. Selbst heute noch sorgt der israelische Staat dafür, dass Fotografien von dem Massaker fest unter Verschluss in den Archiven bleiben. Der Haganahoffizier Shraga Peled, der die Fotos gemacht hatte, erinnert sich jedoch noch sehr deutlich:
»Als wir nach Deir Yassin kamen, sahen wir als Erstes einen großen Baum, an den ein junger Araber gebunden war«, erzählt er in Shoshanis Film. »Dieser Baum wurde angezündet. Sie hatten ihn dort angebunden und verbrannt. Ich habe das fotografiert.«
Während damals das Massaker gefeiert wurde, versucht das israelische Establishment es heute zu vertuschen – aus gutem Grund. Die Milizen, die das Massaker begangen hatten, gründeten schließlich die Armee Israels. Der Kommandeur der Irgun, Menachem Begin, wurde später israelischer Ministerpräsident. Die Erinnerung an Deir Yassin wird in Israel verdrängt, weil es die Schrecken zeigt, aus denen dieser Staat geboren wurde.
Zum Artikel:
Der Artikel erschien am 24. 3. 2018 in der englischen Zeitung
»Socialist Worker«. Wir danken »Socialist Worker« für die Genehmigung zur Veröffentlichung und Rosemarie Nünning für die Übersetzung.
https://www.marx21.de/das-massaker-von-deir-yassin/