Frankfurt Rundschau / 08.12.2023
Flüssigerdgas für EU-Staaten: LNG-Geschäft mit Russland brummt nach wie vor
Abseits der Sanktionen spielt Flüssigerdgas aus Russland für EU-Staaten nach wie vor eine große Rolle. Dazu wird mit dem Handel von
LNG in Europa Geld verdient.
Brüssel/München - Auf EU-Ebene lautet das Vorhaben, sich von russischen Energielieferungen loszusagen, den Kreml damit zu schwächen und schließlich für Europa die Wende hin zu erneuerbaren Energien beschleunigen. In der
Realität ist dieses Vorhaben jedoch ein schwieriger und langwieriger Prozess: Denn während der Import von Öl und Kohle nahezu komplett eingestellt wurde, spielt
verflüssigtes Erdgas (LNG) eine immer größere Rolle.
Zwar bereiten die Mitgliedsländer der europäischen Staatengemeinschaft derzeit das zwölfte Sanktionspaket gegen Russland vor, doch erreichen dieses Jahr voraussichtlich
mehr LNG-Importe als zuvor von Russland aus die Häfen der EU. Zwar sind die Einfuhren fossiler Brennstoffe durch Embargos verboten worden, Erdgas ist davon jedoch ausgenommen – und erreicht die Häfen der Länder Belgien, Frankreich und Spanien. Das erklärt die Financial Times und mit Bezug auf Daten des amerikanischen Instituts für Energiewirtschaft und Finanzanalyse (IEEFA) sowie des europäischen Rohstoff-Analyseunternehmens Kpler aus Brüssel.
EU-Länder importieren für Milliarden Euro Flüssigerdgas aus Russland
Nach der Auswertung seien in den ersten neun Monaten des Jahres 2023 rund
17,8 Milliarden Kubikmeter Erdgas aus Russland in die EU verschifft worden. Die Menge entspricht einem Liefervolumen im normalen Gaszustand – verflüssigt handelt es sich um etwa
30 Millionen Kubikmeter LNG. Dabei sollen die
umweltschädlichen Flüssiggas-Importe die Loslösung von der Abhängigkeit zu Russland eigentlich vorantreiben,
zuvor gelangte die Energie über Pipelines durch die Ostsee in die Bundesrepublik und andere Länder – doch die wurden bekanntlich
gesprengt.
Ausgehebelt wird die Strategie durch die Politik, aber auch die Industrie:
Energiekonzerne wie Total aus Frankreich kaufen große Mengen LNG aus Russland, laut der Financial Times beschaffen EU-Importeure in diesem Jahr Rekordmengen an russischem Flüssiggas (LNG). Laut der Nichtregierungsorganisation Global Witness beträgt der Wert von importiertem Flüssigerdgas aus dem Land des Kremls für die ersten
sieben Monate des laufenden Jahres
5,3 Milliarden Euro.
Bei den Einzelmärkten seien Belgien und Spanien nach China die größten Abnehmer von LNG aus Russland, auch in Frankreich machen russische Frachtschiffe Station, um Flüssigerdgas in den Westen zu liefern. Den Angaben zufolge beziehen die genannten EU-Länder
„erhebliche Mengen“ aus der sibirischen Förderanlage Yamal LNG. Deren größte Anteilseigner sind der
russische Erdgasproduzent,
China National Petroleum Corporation sowie das französische Energieunternehmen
TotalEnergies.
LNG-Importe aus Russland: EU-Staaten als Umschlagsplatz
Der Hintergrund: Von den bisherigen Sanktionen gegen Russland ist der Rohstoff
ausgenommen. Liquefied Natural Gas (LNG) ist Erdgas, das in einem aufwändigen Prozess bei Temperaturen von bis zu minus 164 Grad Celsius verflüssigt wird. Russland ist derzeit für etwa
16 Prozent der
LNG-Importe in die
Europäische Union verantwortlich, den größten Anteil liefern mittlerweile offenbar die USA.
Auch Häuser in Deutschland werden nach wie vor (auch) durch LNG-Gas aus Russland gewärmt.
https://www.fr.de/wirtschaft/lng-rus...-92711140.html