Eine umfangreiche Analyse mit kürzlich veröffentlichen Details, die deutlich machen, wie intensiv NATO-Staaten in den Krieg verwickelt sind
Zwei umfassende Beiträge der „New York Times“ und der Londoner „Times“ belegen, was lange bestritten wurde: die tiefe militärische und strategische Verwicklung von Nato-Mitgliedsstaaten in den Ukraine-Krieg. Demnach wird deren Kriegsbeteiligung seit Jahren vom europäischen Hauptquartier der US-Armee in Wiesbaden koordiniert.
Für Deutschland stellen sich damit verfassungsrechtliche Fragen.
Wenige Wochen später veröffentlichte die britische Tageszeitung „The Times“ Anfang April einen ähnlichen Beitrag mit dem Titel „Die unerzählte Geschichte der entscheidenden Rolle der britischen Militärchefs in der Ukraine“. Dieser bestätigt die tiefe Verstrickung der Nato-Staaten in Militäroperationen wie der ukrainischen Offensive 2023. Abweichend vom NYT-Artikel bezeichnet er jedoch die britischen Militärchefs als die „Köpfe“ der „Anti-Putin“-Koalition.
Einigkeit herrscht wiederum bei der Frage, wer für den Misserfolg der Operationen verantwortlich ist: Dies sei eindeutig der Ukraine zuzuschreiben. Auch im Times-Beitrag wird auf die besondere Rolle des europäischen US-Hauptquartiers im hessischen Wiesbaden bei der Koordination der Einsätze und den Waffenlieferungen hingewiesen.
Da die militärische Beteiligung am Krieg hauptsächlich von deutschem Boden ausgeht, in Form von Aufklärung, Einsatzüberwachung und Strategieplanung, ergibt sich besonders aus deutscher Sicht ein schwerwiegendes rechtliches Problem. Denn sowohl im Grundgesetz als auch im Zwei-plus-Vier-Vertrag, der die deutsche Wiedervereinigung ermöglichte, ist geregelt, dass von deutschem Boden nur Frieden und kein Krieg ausgehen darf. Daran sind rechtlich gesehen auch die in Deutschland stationierten Streitkräfte der Nato-Partner gebunden.
Direkte militärische Beteiligung seit Frühjahr 2022
Der NYT-Beitrag beschreibt die Zusammenarbeit der militärischen Führung der USA in Europa mit dem ukrainischen Militär hinsichtlich des Einsatzes der westlichen Waffensysteme.
Demnach habe die Kooperation zwischen dem in Wiesbaden stationierten 18. US-Luftlandekorps, ukrainischen Generälen sowie Geheimdienstmitarbeitern der westlichen Alliierten und der Ukraine mit der Lieferung von M777-Artilleriebatterien aus US-Beständen Ende April 2022 begonnen.
Auf US-Seite seien General Christopher Cavoli, bis Juni 2022 Kommandierender General des US-Großverbands United States Army Europe and Africa und danach Nato- und EUCOM-Kommandeur, sowie zunächst General Christopher Donahue, bis Ende 2024 Kommandeur des 18. US-Luftlandekorps, verantwortlich gewesen. Donahue sei von Generalleutnant Antonio Aguto 2023 ersetzt worden, der seither die Operation „Atlantic Resolve“ leitet.
Auch hohe Offiziere anderer Nato-Länder sollen laut NYT im Hauptquartier der US Army Europe and Africa in der Wiesbadener Clay-Kaserne Aufgaben übernommen haben. So sei ein polnischer General zum Stellvertreter von Donahue ernannt worden. Ein britischer General habe die Leitung des Logistikzentrums, über das Waffen der Alliierten an die Ukraine geliefert wurden, übernommen.
Ein Kanadier habe die Ausbildung der ukrainischen Soldaten überwacht. Hauptverantwortlicher Kontaktoffizier der Ukraine sei Generalleutnant Mychajlo Sabrodskyj gewesen. Die Operation soll den Codenamen „Task Force Dragon“ erhalten haben.
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