Zitat:
Das hier rezensierte Buch von Helmut Roewer schildert die politischen Ereignisse in der "westlichen Welt" im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts, in einer Zeit also, an deren Beginn London eine Weltmacht war und bleiben wollte. Der Vf. ist kein reiner Historiker, doch das macht die Darstellung insofern interessanter, als er beruflich im Verfassungsschutz tätig war und somit weiß, dass die Dinge, die hinter der Bühne vor sich gehen, meistens wichtiger und lehrreicher sind als das, was dem staunenden Publikum gezeigt wird.
Man erkennt mit ihm, dass es eigentlich keinen echten politischen Grund für den Ersten Weltkrieg gab; Großbritannien hätte ohne weiteres seine Halbweltherrschaft noch Generationen weiterführen können, das Deutsche Reich hätte daran nichts auszusetzen gehabt und die USA hatten reichlich mit den Problemen in ihrem Land und dem Rest des Kontinents zu tun, da gab es schon Kriege genug.
Die eigentlichen Gründe, die zur Katastrophe führten, waren wirtschaftlicher Art. Der Vf. stellt dies auf S. 62 (und in den dazugehörigen Fußnoten) eingehend dar. Im Jahre 1900 exportierte das Empire Waren im Wert von ca. 300 Mio. £ und importierte Waren im Wert von 550 Mio. £. Im Jahre 1870 produzierte GB ca. 6 Mio. to Roheisen, D nur ca. 1,3; 40 Jahre später lag GB bei ca. 10 Mio. to, D dagegen bei ca. 13 Mio. to. Bei Rohstahl war der Umschwung noch krasser. Das Defizit für London beim deutsch-britischen Handel stieg ebenfalls kontinuierlich an. Auch die deutsche Flotte - aber nicht die Kriegsflotte sondern die deutschen Handelschiffe - war besorgniserregend, wie aus einem vom Vf. zitierten Gespräch zwischen Arthur Balfour und dem US-Botschafter Henry White (aus dem Jahre 1910) klar hervorgeht