Die neue Planung zielte auf einen
rassistischen Vernichtungskrieg zur Zerstörung des
„jüdischen Bolschewismus“: Der gesamte europäische Teil der Sowjetunion sollte erobert, ihre politischen und militärischen Führungskräfte ermordet und große Teile der Zivilbevölkerung dezimiert und entrechtet werden. Mit dem
Hungerplan, zu dem die
Belagerung Leningrads gehörte, wurde der Hungertod vieler Millionen von
Kriegsgefangenen und Zivilisten einkalkuliert, und nach dem „
Generalplan Ost“ sollten großangelegte
Vertreibungen folgen, um die eroberten Gebiete anschließend zu
germanisieren. Außerdem wurden
Einsatzgruppen aufgestellt und ausgebildet, die hinter der Front
Massenmorde an
Juden begehen sollten. Zu all dem erteilte das NS-Regime seit März 1941
völkerrechtswidrige Befehle, die die Wehrmachtführung ihrerseits übernahm und weitergab. Die Verwirklichung dieses Kriegsplans scheiterte bereits in der
Schlacht um Moskau im Dezember 1941. Dennoch setzten das NS-Regime und die Wehrmacht diesen Krieg und den
Holocaust bis zur
bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai 1945 fort.
...
Am 30. März [1941 NN] trug Hitler 250 Generälen und höheren Wehrmachtsoffizieren, von denen viele als Offiziere das Ende des Ersten Weltkriegs miterlebt hatten und die antisemitische Fassung der Dolchstoßlegende teilten, seine ideologischen Kriegsziele vor. Es gehe im bevorstehenden „Weltanschauungskampf“ um die „Ausrottung des Kommunismus für alle Zeiten“ durch die „Vernichtung der bolschewistischen Kommissare und kommunistischen Intelligenz“. Widerspruch dagegen blieb aus. Dem folgten weitere Führererlasse, die das OKW in operative Befehle und Richtlinien umsetzte, darunter als wichtigste:
der „Erlaß über die Ausübung der Kriegsgerichtsbarkeit im Gebiet ‚Barbarossa‘“ vom 13. Mai 1941,
die „Richtlinien für das Verhalten der Truppe in Rußland“ vom 19. Mai 1941,
die „Richtlinien für die Behandlung politischer Kommissare“ (Kommissarbefehl) vom 6. Juni 1941,
Hitlers Sonderauftrag an Himmler zur Ermordung der „jüdisch-bolschewistischen“ Bevölkerungsteile hinter der Front durch SD- und SS-Einsatzgruppen,
Anweisungen zur Behandlung künftiger sowjetischer Kriegsgefangener.[77]
Bei der Umsetzung gaben OKW und OKH eigene Anweisungen heraus,
die die Soldaten auf Mordaufgaben einstimmten. So schrieb Halder am 6. Mai über die Erörterung des Kommissarbefehls im OKH in sein Tagebuch:[78] „Truppe muß den weltanschaulichen Kampf mit durchfechten bei Ostfeldzug“. Mit besonderen Kursen wurden die Generalstäbe und Nachrichtenoffiziere auf ihre Zusammenarbeit mit den SD- und SS-Einsatzgruppen vorbereitet,
da manche der verbrecherischen Befehle nur mündlich weitergegeben werden durften. Bis in die materielle Ausrüstung hinein wurde der „Ostfeldzug“ als
Vernichtungskrieg vorbereitet.[79]
Auch aus kriegswirtschaftlichen Gründen wurde der Hungertod von Millionen Menschen einkalkuliert (siehe Hungerplan und Generalplan Ost). In den „Vorstellungen der Fachmilitärs […] war selbst die Ausrottung von Teilen des Gegners aus wirtschaftlichen Gründen legitim.“[80]