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Es ist ja kein Geheimnis, dass in Russland Menschen einfach so verschwinden. Diejenigen, die etwas gegen den Krieg sagen, werden beschimpft, bespuckt. Ich habe auch ein paar Videos gesehen, wo Demonstranten angegriffen wurden. Das Mindeste, womit sie rechnen müssen, ist, dass die Polizei sie in Untersuchungshaft steckt. Dazu kann dann kommen, dass sie ihren Job verlieren, ihre Wohnung verlieren oder dass ihre Kinder nicht mehr in den Kindergarten dürfen. Man kann den Menschen doch nicht vorwerfen, dass sie nicht alle bereit sind, diese Risiken einzugehen.Das klingt so, wie es in Deutschland früher in der DDR zuging. Müssen Russen auch fürchten, von ihren Nachbarn und Freunden bespitzelt zu werden?Es gibt in Russland sogar ein Wort dafür: "klopfen". Es steht dafür, dass man irgendwo anklopft [sie klopft zweimal auf den Tisch], um jemandem etwas zu erzählen. Und wer klopft, der bekommt eine Antwort, heißt es. Das bedeutet, wer Geheimnisse über einen Regimegegner verrät, die zu einer Verhaftung führen, der bekommt dafür im Gegenzug Privilegien.
Neulich ist die Bekannte eines Freundes von mir verhaftet worden, weil sie in einem Vortrag das Putin-Regime mit einem sehr bekannten anderen europäischen Regime aus der Mitte des letzten Jahrhundert verglichen hatte. Denn jemand, der beim Vortrag war, hatte einfach kurz mal ein paar Fotos gemacht, ein Audio aufgenommen und ist damit zur Polizei gegangen. Und hat da geklopft.Genau.Darf ich Ihnen noch eine Frage stellen?Ja.Worauf hoffen Sie?Im besten Fall auf eine internationale Einigung, die einen Waffenstillstand erreicht. So dass die Menschen nicht mehr ihre Häuser verlassen müssen, nicht mehr leiden müssen und nicht mehr kämpfen müssen. Und ich hoffe auch, dass Länder international kooperieren, um das Putin-Regime irgendwie zur Rechenschaft zu ziehen. Wenn man es realistisch sieht, darf man aber wohl am ehesten auf den Kollaps der Wirtschaft und die Spaltung der Eliten hoffen, die sagen: Es reicht, wir haben zu viel Geld verloren.