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Vollständige Version anzeigen : USA, UK wollen Geldmenge zusätzlich aufblähen



Heinrich_Kraemer
23.07.2010, 16:01
Hallo,

die Problematik der Geldmengenerhöhung wurde hier bereits in vielen Strängen dargestellt.

Soweit die Überschußliquidität aber anscheinend nur in geringem Maße außerhalb des Finanzsektors ankommt, bleibt die ökonomische Lage angespannt, während befürchtet werden muß, daß die Überschußliquidität z.B. am Rohstoffmarkt investiert wird, was starke Inflation auslösen würde -> Die Rohstoffpreise würden stark anziehen, die Wirtschaft müsste umlegen, die Bevölkerung verarmt und fordert höhere Eks, die höheren Eks erhöhen die Herstellungspreise etc.



23. Juli 2010

Briten und Amerikaner werfen die Notenpresse an

Die Welt steht vor einem Experiment mit hohen Risiken: Die US-Notenbank Fed und die Bank of England wollen noch mehr Geld drucken.
(...)
Zur Wochenmitte signalisierte US-Notenbankchef Ben Bernanke ein erneutes Anfahren der Druckmaschinen und auch die Bank of England ließ durchblicken, dass sie den Finger bereits am Schalter hat, um neue Noten zu produzieren. Nicht zuletzt der schwächelnde Häusermarkt, vor allem in den USA, soll gestützt werden. Die Notenbanken werden zu „Notbanken“.
(...)
Die Notenbanker finden sich in einem Dilemma wieder. Sie können das frische Geld nicht direkt an Industrie und Privathaushalte verteilen, sie benötigen dazu die Banken, deren Rolle in der Prüfung von Bonität besteht. Das Hauptinstrument, die Kreditvergabe zu stimulieren, war in der Vergangenheit der Leitzins. Je niedriger dieser Preis für Geld, desto mehr Kunden fragten Darlehen nach. Auf diese Weise wurde die Wirtschaftsaktivität angeregt. Doch nach Lehman ist alles anders: ein Zuviel an Kredit gilt als gefährlich. Noch viel billiger kann Geld gar nicht werden – und trotzdem ist der Kreditkanal „verstopft“.

In Amerika liegt der Leitzins bereits bei nahe null. Daher suchen Fed-Chef Ben Bernanke und seine Mannen andere Mittel und Wege, Geld in die Wirtschaft zu bringen. Eines dieser unkonventionellen Instrumente besteht darin, die Banken mit Geld zu fluten: Die Notenbank kauft den Instituten dazu im großen Stil Wertpapiere ab: Staatsanleihen, Hypothekentitel und Geldmarktpapiere.

Als Folge davon sitzen die Institute auf einem Haufen von Barem. Statt das Geld in den Kreditkreislauf zu bringen, deponieren die Institute es sicherheitshalber wieder bei der Notenbank, die sie wie ein Sparbuch nutzen können. Bei der Fed werden diese Überschussreserven mit 0,25 Prozent verzinst. Im Gegensatz zu Pflichtreserven sind Überschussreserven freiwillig: Die „Währungshüter“ versuchen daher, die Haltung von Überschussreserven unattraktiv zu machen. Denn lieber wäre es Bernanke, dass das Geld in die Kreditvergabe fließt.

Die Fed-Bilanz explodierte binnen weniger Monate von 900 auf 2300 Mrd. Dollar, die der EZB wuchs von 1450 auf mehr als 2000 Mrd. Euro. Nach einer kurzen Entspannung, in der die Bilanzen wieder etwas entschlackt wurden, ging es zuletzt wieder deutlich nach oben. Die Fed-Bilanz ist von zwischenzeitlichen 1800 wieder auf einen Rekordwert von mehr als 2300 Mrd. Dollar angestiegen. Die EZB vermeldete kürzlich einen Spitzenwert von 2154 Mrd. Euro.

Mit jeder zusätzlichen Milliarde in der Notenbank-Bilanz steigt die Gefahr, dass es zu einem finanziellen GAU kommt. Denn dem Mehr an gedrucktem Geld steht kein realwirtschaftliches Mehr gegenüber. Kommt die Liquidität irgendwann wieder in den Kreislauf, könnte leicht Geldentwertung, sprich Inflation die Folge sein. Das Problem ist umso brennender, als es seit der Aufhebung des Goldstandards Anfang der Siebzigerjahre ohnehin zu viel Geld auf der Welt gibt.
(...)
http://www.welt.de/finanzen/article8582293/Briten-und-Amerikaner-werfen-die-Notenpresse-an.html

Sui
23.07.2010, 16:10
Zu dem Gau kommt es ohnehin.

Bettmaen
23.07.2010, 17:19
Mal sehen, was der Held Ben Shalom Bernanke zustande bringt.

Kann die Zentralbank sich nicht unter Umgehung der Privatbanken an Kunden und Unternehmen wenden?

Michael Kohlhas
23.07.2010, 17:40
Hallo,

die Problematik der Geldmengenerhöhung wurde hier bereits in vielen Strängen dargestellt.

Soweit die Überschußliquidität aber anscheinend nur in geringem Maße außerhalb des Finanzsektors ankommt, bleibt die ökonomische Lage angespannt, während befürchtet werden muß, daß die Überschußliquidität z.B. am Rohstoffmarkt investiert wird, was starke Inflation auslösen würde -> Die Rohstoffpreise würden stark anziehen, die Wirtschaft müsste umlegen, die Bevölkerung verarmt und fordert höhere Eks, die höheren Eks erhöhen die Herstellungspreise etc.

Das ganze läuft auf eine Entschuldung durch Hyperinflation hinaus.

Aber wir haben ja jetzt einen Aufschwung, ein Strohfeuer, mehr nicht.

Pascal_1984
23.07.2010, 19:11
Mal sehen, was der Held Ben Shalom Bernanke zustande bringt.

Kann die Zentralbank sich nicht unter Umgehung der Privatbanken an Kunden und Unternehmen wenden?

Man wird es in vielen Helikoptern aufteilen und übers Land auswerfen^^
Bernankes Spitzname ist Helikopter Ben, in der genau diese Maßnahme von ihm angedeutet wurde, schon ne weile her...

Pillefiz
23.07.2010, 19:13
dazu past das hier auch prima:

Die Deutsche Bundesbank lässt im kommenden Jahr die Euro-Scheine im Ausland drucken. Die staatseigene Bundesdruckerei ist zu teuer.

Die Bundesbank wird Euro-Geldscheine wieder im Ausland drucken lassen. Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di teilte mit, die bisherigen Stammdruckereien der deutschen Euro-Banknoten seien bereits über die bevorstehende Vergabe der Aufträge ins Ausland informiert worden. Diese solle am 2. August beginnen.

Demnach geht die staatliche Bundesdruckerei in Berlin für die Druckorders 2011 komplett leer aus, der Münchener Konzern Giesecke & Devrient (G&D) soll nur noch die Hälfte produzieren. „Damit sind an den beiden Standorten Berlin und München 400 Arbeitsplätze gefährdet“, warnte Ver.di. G&D wollte sich mit Verweis auf die laufende Ausschreibung nicht äußern.


http://www.welt.de/wirtschaft/article8599241/Bundesbank-laesst-Euro-Scheine-im-Ausland-drucken.html?wtmc=RSS.Wirtschaft.Wirtschaft

Verrari
23.07.2010, 20:10
dazu past das hier auch prima:

Die Deutsche Bundesbank lässt im kommenden Jahr die Euro-Scheine im Ausland drucken. Die staatseigene Bundesdruckerei ist zu teuer.

Mir gefällt daran, dass sich auch eine sogenannte "sichere Branche" der Globalisierung stellen muss.
Fehlt nur noch der "öffentliche Dienst".

Heinrich_Kraemer
27.07.2010, 12:51
Hallo,

hab jetzt ergänzend zum Geldmengenwachstum noch interessante Daten gefunden, die das Ausmaß veranschaulichen. In einem vorigen Beitrag hier wurde das Geldmengenwachstum des Teuro 1999-2008 von knappen 100% von höchst offizieller Seite so bestätigt:


(...)
Geldmenge im Euroraum nimmt drastisch zu

Finanzen/Antwort - 30.03.2009

Berlin: (hib/HLE) Die Geldmenge "M3" im Euro-Raum ist seit Beginn des Jahres 1999 um jahresdurchschnittlich 7,5 Prozent gewachsen. Dies teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort (16/12362) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (16/12161) nach der Stabilität des Euro mit. Trotz der Zinserhöhungen von Dezember 2005 bis Juli 2008 habe die Geldmenge "M3" in den letzten Jahren sogar zweistellige Jahreswachstumsraten erreicht. Diese Rate habe in der Spitze im Oktober 2007 bei 12 Prozent gelegen. (...)
http://www.bundestag.de/presse/hib/2...09_098/02.html

jetzt schaut die Sache seit 08 so aus:


"Von 2008 bis 2009 erhöhten die USA die Geldmenge um über 100 Prozent, die Euro-Länder um rund 30 Prozent" (Wirtschaftswoche, 11.04.2009, S.18).

bzgl. der Aufgabe des Goldstandards 1971 durch USA staunt man:


(Prof. Dr. Hamer, 19.7.2010: )

"Seit die Federal Reserve Bank (FED) 1971 den Goldstandard, die Staatshaftung und alle damit verbundenen Geldmengenbindungen verloren hat, konnten ihre privaten Eigentümer die Geldmenge in nur dreißig Jahren vervierzigfachen - bei nur vervierfachtem Güterwachstum."

http://www.goldseiten.de/content/diverses/artikel.php?storyid=13899

(Ist ein Selbstplagiatsbeitrag, sofern aber der Inhalt stichhaltig ist und uns alle angeht, hoffe ich auf Nachsicht der Moderation)

Tonsetzer
27.07.2010, 14:39
Kommt die Liquidität irgendwann wieder in den Kreislauf, könnte leicht Geldentwertung, sprich Inflation die Folge sein.

Die Gefahr sehe ich eben nicht. In dem Artikel steht doch recht schön, dass die Kreditinstitute das erhaltene Geld überhaupt nicht in die Wirtschaft fließen lassen, sondern postwendend gegen Zinsen wieder bei der FED einlagern.

An diesem Zustand könnte sich eigentlich nur was ändern, wenn die Wirtschaft derart boomt, dass von den Unternehmen wieder Kredite für den Aufbau neuer Produktionsstätten etc. angefordert werden.

Dann könnte die FED immer noch gegensteuern, aktuell ist dies aber ohnehin kein Szenario.

Die Geldmenge M3 taugt übrigens keinesfalls als Inflationsindikator. Sie enthält kurzfristige Termineinlagen, Geldmarktfonds etc. Die M3-Menge steigt also allein schon an, wenn risikoaverse Investoren ihr Geld aus Aktien abziehen und auf den sog. Geldparkplätzen ablegen.

Heinrich_Kraemer
27.07.2010, 15:02
Die Gefahr sehe ich eben nicht. In dem Artikel steht doch recht schön, dass die Kreditinstitute das erhaltene Geld überhaupt nicht in die Wirtschaft fließen lassen, sondern postwendend gegen Zinsen wieder bei der FED einlagern.

An diesem Zustand könnte sich eigentlich nur was ändern, wenn die Wirtschaft derart boomt, dass von den Unternehmen wieder Kredite für den Aufbau neuer Produktionsstätten etc. angefordert werden.

Dann könnte die FED immer noch gegensteuern, aktuell ist dies aber ohnehin kein Szenario.

Die Geldmenge M3 taugt übrigens keinesfalls als Inflationsindikator. Sie enthält kurzfristige Termineinlagen, Geldmarktfonds etc. Die M3-Menge steigt also allein schon an, wenn risikoaverse Investoren ihr Geld aus Aktien abziehen und auf den sog. Geldparkplätzen ablegen.

zum 1.Abs.: Richtig. Das Problem dabei ist, daß (aufgrund der Steuergesetzgebung) die Unternehmensfinanzierung anscheinend nicht ausreichend ist, daß versucht über den Umweg des Abkaufens von Müll der Banken der Wirtschaft dann so genügend Liquidität zukommen zu lassen.
Durch das Verschiebespielchen zwischen Zentralbanken und Banken verdienen die Banken schön Geld, die Geldmenge wird erhöht, nicht das Güterwachstum, wobei depperterweise die Banken dieses Geschäft wohl offensichtlich als sicherer und rentabler ansehen, anstatt ausreichend Kredite für die Wirtschaft bereitzustellen.

Also stellt sich das Problem, was tun die NBanken mit der Überschußliquidität?

Es geht dabei weniger zunächst um die Wirtschaft, denn wenn diese Kohle zur Spekulationen z.B. auf Rohstoffe verwendet würde, steigen normalerweise die Preise, die Unternehmen legen diese um, die Bevölkerung verarmt, bekommt aber höhere Löhne -> höhere Preise usw.

zum2.Abs.: Das muß wohl nicht unbedingt der Fall sein. Unternehmen finanzieren ihre Verbindlichkeiten zwischen, benötigen daher auch in der Rezession Kredite. Die Banken sind da mittlerweile vorsichtig geworden, ist es doch ein sicheres Geschäft so mit den Zentralbanken.

zum 3. Abs.: Wie noch gegensteuern?! Der Leitzins liegt bei nahzu null %. Zieht man die Zinsen an, gibts weniger Liquidität und ein Wirtschaftskollaps steht vor der Tür, sowie größte Probleme bei den Staaten, sofern die Entschuldung langsamer läuft, schlimmer noch Konkurs, weil auf die Staatstitel höhere Zinsen gezahlt werden müssten.
Oder gar allen Mist aus den Bilanzen rauskaufen, so wies im Moment danach ausschaut?!

zum 4.Abs.: Meiner Meinung nach ist das freilich richtig, denn die Umlaufgeschwindigkeit ist bzgl. Inflation ausschlaggebend: vgl. Deflation in Japan bei langfristigen 0% Leitzins, wo die Leute die Kohle stets bunkern und sparen.

Dazu aber auch, daß die jetzige Finanzkrise u.a. ausgelöst wurde durch den Interbankenhandel mit faulen Finanzprodukten, die aber schon diesem Kreislauf ausgegliedert wurden, indem man diese soweit wie mgl. ans Publikum verhökerte. D.h. soweit das Spielchen funktionierte wurde eben schon Nachfrage auf reale Güter und sonstiges generiert, vgl. auch Immobilienblase.