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Vollständige Version anzeigen : Junge Juden drücken für Deutschland die Daumen



Kreuzritter2685
28.06.2010, 20:37
Daumen drücken für Deutschland
Sie sind gebildet und unbefangen, und über ihre Identität machen sie sich keine großen Gedanken: junge Juden, deren Familien aus dem früheren Ostblock eingewandert sind. Bald werden sie in den Gemeinden das Sagen haben.

19. Juni 2010

Deutschland, Israel oder Russland? Wären alle diese drei Länder bei der Weltmeisterschaft in Südafrika vertreten, welcher Mannschaft würde Charlotte Knobloch die Daumen drücken? Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland hat für ihre Antwort keine Sekunde überlegen müssen. „Für Deutschland natürlich“, sagte sie am Ende einer Diskussionsveranstaltung über die Zukunft des deutschen Judentums im Jüdischen Museum auf die Frage der Moderatorin Cilly Kugelmann.

Auch die Antwort von Kirill Boguslavski kam prompt: „Deutschland.“ Von Russland will der „Russe“ aus der Ukraine nichts mehr wissen. Israel ist ihm, dem Frankfurter Bub, der vor 18 Jahren mit seinen Eltern aus Kiew in die Mainmetropole gekommen ist, zwar sympathisch. Aber Deutschland empfindet er als seine Heimat, hier fühlt er sich zu Hause.

Woraus speist sich das Selbstgefühl?

Charlotte Knobloch, 1932 in München geboren, repräsentiert das alte Judentum der Holocaust-Überlebenden, das nach dem Krieg von Überlebenden und Zuwanderern vor allem aus Polen gepflegt wurde. Kirill Boguslavski, 1988 in Kiew geboren, steht für das deutsche Judentum der Zukunft, das seine Identität nicht mehr über den Holocaust und Israel bezieht.

Woraus sich das Selbstgefühl aber stattdessen speist, fällt nicht nur Kirill schwer zu erklären. Wie sollen sie sich als Juden definieren, die fast 100.000 Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion und die gewiss noch einmal 100.000 Köpfe starke Gruppe der säkularen Juden aus Russland, der Ukraine und Weißrussland, die nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und des Kommunismus nach Deutschland gekommen sind?
Mit Religion hatte das erst einmal gar nichts zu tun

Kirill Boguslavski und Polina Livshits, die vor knapp sechs Jahren mit ihren Eltern aus Russland gekommen ist, haben keine so schlüssige Antwort geben können, wie die Moderatorin und mancher Zuhörer sie gerne gehört hätten. Die beiden fühlen sich als Juden. Basta. Was sollen sie sich groß definieren? Ob die Identität eines Juden darauf beruht, dass er Mitglied einer Religionsgemeinschaft ist, Angehöriger eines Volkes oder Teil einer durch Geschichte und Kultur verbundenen Gemeinschaft, das interessiert die jungen Einwanderer nicht so brennend, dass sie sich dauernd darüber den Kopf zerbrechen würden.

Damals, in der Ukraine und in Russland, war die Sache klar. In den Pässen von Kirills und Polinas Eltern stand: „Jude“. In der Sowjetunion galt das als Nationalität. Mit Religion hatte das rein gar nichts zu tun. Die Ahnen mögen den mosaischen Glauben noch gelebt haben, aber nicht mehr die Juden der atheistischen und religionsfeindlichen Sowjetunion. Von der fünf Büchern Moses und dem Bunde Gottes mit Abraham wussten sie so gut wie nichts, Jom Kippur und die anderen hohen Feiertage begingen sie nicht mehr nach dem religiösen Ritual. Dass sie Juden waren, merkten sie vor allem daran, dass sie in Schule und Beruf häufig diskriminiert wurden.
Sehr bildungsstark

Hier in Deutschland können sie jetzt ein jüdisches Leben führen. Das gefällt Polina und Kirill an ihrer neuen Heimat. Ihr „Jüdischsein“ haben sie allerdings erst lernen müssen. Kirill zum Beispiel im jüdischen Kindergarten und in der hiesigen jüdischen Grundschule, dazu auf Freizeiten und anderen Veranstaltungen jüdischer Organisationen. Polina, die Offenbacherin, ist für ihre Eltern sogar eine Jüdischlehrerin geworden. Sie hat an den Vater und die Mutter ihr Wissen über das Judentum weitergegeben, das sie nach ihrer Ankunft in Deutschland erworben hat.

Noch haben im deutschen Judentum die Alteingesessenen das Sagen. Knobloch, die den Nationalsozialismus dank des Mutes einer Hausangestellten mit einer falschen Identität in einem Dorf in Franken überlebt hat, ist Chefin des Zentralrats. Ihr Nachfolger wird vermutlich Dieter Graumann, dessen Eltern nach dem Krieg nach Frankfurt gekommen sind. Doch über kurz oder lang werden die „Russen“ die entscheidenden Positionen einnahmen. An ihrer Zahl gemessen, stellen sie schon jetzt die klare Mehrheit in den Gemeinden. Nur dank ihres Zuzugs hat die zuvor überalterte und schrumpfende jüdische Gemeinschaft wieder eine Zukunft gewinnen können.

Nicht zufällig sind Kirill und Polina Stipendiaten der Start-Stiftung, die sich um begabte Migrantenkinder kümmert. Kinder jüdischer Einwanderer sind im Vergleich zu denen anderer Zuwanderergruppen ungemein bildungsstark. Unter ihnen findet sich kein Schulversager ohne Abschluss. Im Gegenteil: Die meisten machen Abitur. So sind junge Menschen wie Kirill und Polina nicht nur Hoffnungsträger des deutschen Judentums, sondern auch Deutschlands.

http://www.faz.net/s/RubFAE83B7DDEFD4F2882ED5B3C15AC43E2/Doc~ECCFB90A323CE48EAA043390AA41F50FB~ATpl~Ecommon ~Scontent.html

Siegfriedphirit
29.06.2010, 12:26
wie? nach unten...

Biskra
29.06.2010, 17:11
wie? nach unten...

Angeborene Leseschwäche?