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Vollständige Version anzeigen : Gesucht werden die Wendigen, Kreativen Angepassten.



Black Jack
08.01.2010, 19:38
Liebe Mitforisten. In Zuge meiner neuerlichen Beschäftigung mit der germanistischen Mediävistik, habe ich einen grandiosen Text aus dem Jahr 1976! gefunden. Zitat:

„Gesucht werden die wendigen, kreativen, angepaßten Leute, die erinnerungslos und geschichtslos, und daher auch alternativlos und utopielos sind, da nur sie die Funktionalität des Gegenwärtigen garantieren. Unerwünscht dagegen sind diejenigen, die sich in die Geschichte des Menschen versenken, um aus ihr aus ihr die anderen vielleicht die besseren Möglichkeiten zu lesen herauszulesen […], daß das Hier und Jetzt nicht das einzige ist, was es je gab und geben wird. [Unerwünscht sind die], die die Arbeit an der Geschichte dazu benutzen wollen, um aus Erkenntnis historischer Differenzen den Absolutheitsanspruch von Handlungsanweisungen zu relativieren, die in Rahmen bloß gegenwartsorientierter Zweckrationalität als unumgänglich und notwendig hingestellt werden.“*

Bitte sehr, 1976! Man könnte denken es stammt von heute. Wer dieses Zitat als reaktionär oder restaurativ verstehen will, der hat nichts verstanden. Was hier aufs Trefflichste vorgeführt wird, ist, dass die Kraft für die Bemühung um eine bessere und gerechtere Zukunft vor allem aus dem Verständnis der Vergangenheit und der Geschichte hergeleitet werden kann.
Doch das ist höchst unerwünscht. Gefragt ist der kulturlose, geschichtslose und erinnerungslose Mensch, der egal ob er in Boston, Berlin, New Delih oder Brest-Litowsk lebt, Jeans und T-Shirt trägt und Cola trinkt. Der von nichts eine Ahnung hat, außer von dem Hebel, den er bedient. Wir wollen von diesem Menschen nicht verlangen, dass er die Geschichte der Herrschaftsstrukturen kennt, in denen er lebt. Aber er weiß nicht mal, dass der Sommerhit des Jahres so und so eigentlich eine Neuauflage eines Beatlessogns ist! Und woher soll er es wissen? Niemand sag es ihm. Der Mensch ohne Geschichte ist der Idealfall der Globalisierung.

Wie die schwachsinnige postmoderne Idee von „Ende der Geschichte“ in die Universitäten und das Denken der Intellektuellen hineingeschmuggelt worden ist, ist mir bis heute ein Rätsel. Bzw. es ist keins. Neben dem Pöbel sind die Intellektuellen das leichteste Opfer für Manipulation und Gehirnwäsche.

Die selbstverschuldete Unmündigkeit zu überwinden, ist keine einmalige Sache. Jede Generation steht vor dieser Aufgabe aufs Neue. Nur wird es für die Menschen von heute und von morgen mit den zunehmend perfektionierten Instrumenten der Manipulation immer schwieriger überhaupt aufzuwachen, geschweige denn, etwas zu erkennen.

B.J.

* Dieses Zitat stammt aus einem unscheinbaren Unterrichtsbuch für Schüler, das sich mit Texten des Mittelalters beschäftigt: "Mittelalterliche Texte im Unterricht. 2. Teil". Hrsg. von Helmut Brackert.

Lichtblau
08.01.2010, 20:00
Gesucht wird der Mensch der das System nicht durchschaut, daher nicht in Frage stellen geschweige denn Bekämpfen kann.

In jeden bisherigen System der Weltgeschichte wurde und wird man von vorn bis hinten belogen!

Badener3000
08.01.2010, 20:48
Umso weiter eine Diktatur fortgeschritten ist, desto dümmer und rückgratloser die Elite.

Senator74
08.01.2010, 20:53
Umso weiter eine Diktatur fortgeschritten ist, desto dümmer und rückgratloser die Elite.

Du denkst dabei aber nicht an den IRAN???

Leila
08.01.2010, 21:01
[…]

Lieber Black Jack!

Der von Dir zitierte „grandiose Text“ beginnt gleich mit einer grandiosen Dummheit:


„Gesucht werden die wendigen, kreativen, angepaßten Leute […]“

Gruß von Leila

Badener3000
08.01.2010, 21:04
Du denkst dabei aber nicht an den IRAN???



Ich glaube nicht, daß wir Leute im Westen die Situation im Iran einschätzen können, unsere Medien sind vermutlich eher wenig glaubhaft in dieser Sache.

Ich dachte an Nazi Deutschland, an den Kommunismus, und an das westliche System heute.

Leila
08.01.2010, 21:23
Liebe Leila.

Dann bist du Reif für eine wichtige Erkenntnis. Weder Bildung, Intelligent, Talent noch Kreativität schützt uns vor Dummheit und Beschränktheit. Der technische Fortschritt wird von Menschen vorangetrieben, die zwar in ihrem Fachgebiet unglaublich talentiert, ja genial sind, die aber sonst entweder furchtbar naiv sind, oder ihr Talent verkaufen müssen, um die Mitte zu bezahlen.

Das entscheidende Kriterium, um der Dummheit die Stirn zu bieten ist nicht die Kreativität, sondern Reife und Mut. ;)

Deine „wichtige Erkenntnis“ wird mir wohl immer ein ungelöstes Rätsel bleiben. Nicht für ungut!

Gruß von Leila

Black Jack
08.01.2010, 21:31
Deine „wichtige Erkenntnis“ wird mir wohl immer ein ungelöstes Rätsel bleiben. Nicht für ungut!

Gruß von Leila
Du gibst an dich an einem einzigen Wort zu stören. Das glaube ich nicht. Es ist eher der Rest, der dich stört.
Aber nebenbei bemerkt. Ohne kreative Leute, ist der Totalitarismus der heutigen Ausprägung nicht möglich. Das ist doch ganz einfach zu verstehen.

Florian
08.01.2010, 21:33
Sehr interessanter Text. Genau so ist es.

Leila
08.01.2010, 22:01
Du gibst an dich an einem einzigen Wort zu stören. Das glaube ich nicht. Es ist eher der Rest, der dich stört.
Aber nebenbei bemerkt. Ohne kreative Leute, ist der Totalitarismus der heutigen Ausprägung nicht möglich. Das ist doch ganz einfach zu verstehen.

Gerade ein Mensch wie ich, der zwei große historische Studien in Angriff nahm (die Geschichte der Industrialisierung und die Kunst der Renaissance), selbst ein Jahrzehnt lang Schülern selbständiges Denken und Handeln beibrachte, sie ermunterte, sich schöpferisch (d.h. eben kreativ) zu betätigen und nicht bloß zu konsumieren, muß sich von solch einem dummen Text angewidert fühlen. Bedenke ich noch, daß der Text in einem Schulbuch steht, dann kann ich nur noch :kotz:

Gruß von Leila

Black Jack
08.01.2010, 22:26
Gerade ein Mensch wie ich, der zwei große historische Studien in Angriff nahm (die Geschichte der Industrialisierung und die Kunst der Renaissance), selbst ein Jahrzehnt lang Schülern selbständiges Denken und Handeln beibrachte, sie ermunterte, sich schöpferisch (d.h. eben kreativ) zu betätigen und nicht bloß zu konsumieren, muß sich von solch einem dummen Text angewidert fühlen. Bedenke ich noch, daß der Text in einem Schulbuch steht, dann kann ich nur noch :kotz:

Gruß von Leila

Laila, dieser Text wurde doch nicht für dieses Schulbuch geschreiben. Aber ich verstehe dich überhaupt nicht, außer, dass du kotzen musst. Aber weshalb? Das hast du noch nicht klar gemacht. Was ist so verkehrt oder ablehnenswert an der Darstellung, dass der Mensch ohne Geschichtsbewusstsein, die Gegenwart nicht verstehen und nicht adequat ändern kann?

Leila
08.01.2010, 22:41
Es scheint zwecklos zu sein. Das mich störende Wort markierte ich darum fett, weil es der im Text gemachten Aussagte wie auch der Realität widerspricht. Es waren die kreativen Menschen, welche Utopien verwirklichten, die Zivilisation hervorbrachten und die Kultur ermöglichten.

Felix Krull
08.01.2010, 23:09
Es scheint zwecklos zu sein. Das mich störende Wort markierte ich darum fett, weil es der im Text gemachten Aussagte wie auch der Realität widerspricht. Es waren die kreativen Menschen, welche Utopien verwirklichten, die Zivilisation hervorbrachten und die Kultur ermöglichten.

Eure jeweilige Sichtweise/Definition/Herangehensweise an den Begriff der Kreativität in diesem Kontext unterscheidet sich offenbar grundlegend. Vielleicht solltet ihr das klären, bevor ihr euch gegenseitig unschöne Sachen an den Kopf werft.

Von außen ließt sich das jedenfalls so. Wollte ich nurmal sagen.

Black Jack
09.01.2010, 08:25
Es scheint zwecklos zu sein. Das mich störende Wort markierte ich darum fett, weil es der im Text gemachten Aussagte wie auch der Realität widerspricht. Es waren die kreativen Menschen, welche Utopien verwirklichten, die Zivilisation hervorbrachten und die Kultur ermöglichten.

OK. Jetzt verstehe ich dich. Aber darin siehe überhaupt keinen Widerspruch. Diejenigen, die die Folterinstrumente des Mittelalters entwarfen, waren auch kreativ. Vernunft, Verstand, Kreativität sind nur Werkzeuge und können je nach Subjekt mit verschiedenen Vorzeichen gebrauch werden. Es kommt eben darauf an, wer am "Steuer" sitzt. Der Mensch kann eine Symphonie komponieren oder Streubomben konstruieren. Das alleine beweist, dass die Eigenschaft kreativ zu sein, nichts garantiert. Es kommt eben immer auf den Menschen selbst an, auf seine Fähigkeit richtig von falsch unterscheiden zu können. Und diese Fähigkeit wird man ohne den Begriff der Reife und damit verbundener Liebesfähigkeit nicht erklären können. Die Reife ist ein zentraler Begriff in meinem Denken, ohne den vieles in dieser Welt unerklärlich und gänzlich verrückt bliebe.

Ich verstehe jetzt natürlich deine Wut. Und ich finde es vorbildlich, wie du trotz ihr nie persönlich geworden bist. Das vermisst man hier im Forum ständig. Dafür gibt es einen Grünen.

Beste Grüße,
B.J.

willke
09.01.2010, 08:33
Kreativ? Was ist das denn?

Seit Jahren sind die Arbeitgeber -zumindest im ÖD- dabei, Kreativität, Mitdenken und remonstrieren den Beschäftigten auszutreiben. Dabei hat er ein wunderbares Instrument an der Hand: Zielvorgaben.

Beschäftigte, die sich dagegen wehren werden entlassen oder kaltgestellt.
Jüngstes Beispiel ist der Architekt aus Köln, der wegen "Körpergeruch" die Entlassung von der Stadt Köln bekommen hat.

politisch Verfolgter
09.01.2010, 08:35
Arbeitgeber sind möglichst kaufkräftige Nachfrager nach Produkten, Gütern und Dienstleistungen.
Ihnen hat man mental leistungsadäquat anbieten zu können, während der Profit leistungsanteilig abgeschöpft wird.
Kreativität ist mentale Leistungsadäquanz.
Teamfähige Managements haben dazu vernetzte Gruppenintelligenz zu moderieren.
Zielvorgabe ist user value.

Black Jack
09.01.2010, 08:41
Kreativ? Was ist das denn?

Seit Jahren sind die Arbeitgeber -zumindest im ÖD- dabei, Kreativität, Mitdenken und remonstrieren den Beschäftigten auszutreiben. Dabei hat er ein wunderbares Instrument an der Hand: Zielvorgaben.

Beschäftigte, die sich dagegen wehren werden entlassen oder kaltgestellt.
Jüngstes Beispiel ist der Architekt aus Köln, der wegen "Körpergeruch" die Entlassung von der Stadt Köln bekommen hat.

Kommt auf den Bereich. Im ÖD wird natürlich keine Kreativität gebraucht. Die Wirtschaft, Wissenschaft und Medien verlangen hingegen eine Menge Kreativität verbunden mit der Bereitschaft dennoch auf der Linie zu bleiben.

willke
09.01.2010, 08:42
Arbeitgeber sind möglichst kaufkräftige Nachfrager nach Produkten, Gütern und Dienstleistungen.


Meinst du das im Ernst?

politisch Verfolgter
09.01.2010, 08:43
willke, aber klar: die Nachfrager bezahlen für die Arbeit, die man ihnen leistet.

willke
09.01.2010, 08:48
willke, aber klar: die Nachfrager bezahlen für die Arbeit, die man ihnen leistet.

Nochmals:
Arbeitgeber sind möglichst kaufkräftige Nachfrager nach Produkten, Gütern und Dienstleistungen.

Das meinst du im Ernst?

henriof9
09.01.2010, 08:51
Du gibst an dich an einem einzigen Wort zu stören. Das glaube ich nicht. Es ist eher der Rest, der dich stört.
Aber nebenbei bemerkt. Ohne kreative Leute, ist der Totalitarismus der heutigen Ausprägung nicht möglich. Das ist doch ganz einfach zu verstehen.

Was Leila daran direkt stört kann ich natürlich nicht wissen, allerdings ist für mich schon allein das " kreativ " im Zusammenhang mit " wendig " ein totaler Wiederspruch zu " angepaßt ".

Black Jack
09.01.2010, 09:07
Was Leila daran direkt stört kann ich natürlich nicht wissen, allerdings ist für mich schon allein das " kreativ " im Zusammenhang mit " wendig " ein totaler Wiederspruch zu " angepaßt ".

Das habe ich versucht in den Beiträgen 14 und 17 zu erklären. Es ist verständlich, dass wir Kreativität als etwas positiv Besetztes verstehen. Diese Sichtweise ist meiner Meinung nach aber zu eng. Und um deine Frage zu beantworten. Jemand kann angepasst sein, z.B. sich einer Ideologie bedingungslos unterwerfen und gleichzeitig seine ganze Kraft und Kreativität im dienst der Ideologie stellen. Darin liegt kein Widerspruch.
Auf den geschichtslosen und erinnerungslosen Menschen von heute übertragen: Er wendet seine ganze Kreativität in einem System an, das ihm vorgaukelt, das einzig richtige zu sein. Dieser Mensch denkt deshalb, es kann gar nichts anderes geben, außer dem Rattenrennen um finanziellen Vorteil an dem wir alle teilnehmen und teilnehmen müssen. Gut dressierte Ratten braucht das System: wendig, kreativ und aufs Wort gehorchend, also angepasst. ;)

henriof9
09.01.2010, 09:17
Das habe ich versucht in den Beiträgen 14 und 17 zu erklären. Es ist verständlich, dass wir Kreativität als etwas positiv Besetztes verstehen. Diese Sichtweise ist meiner Meinung nach aber zu eng. Und um deine Frage zu beantworten. Jemand kann angepasst sein, z.B. sich einer Ideologie bedingungslos unterwerfen und gleichzeitig seine ganze Kraft und Kreativität im dienst der Ideologie stellen. Darin liegt kein Widerspruch.
Auf den geschichtslosen und erinnerungslosen Menschen von heute übertragen: Er wendet seine ganze Kreativität in einem System an, das ihm vorgaukelt, das einzig richtige zu sein. Dieser Mensch denkt deshalb, es kann gar nichts anderes geben, außer dem Rattenrennen um finanziellen Vorteil an dem wir alle teilnehmen und teilnehmen müssen. Gut dressierte Ratten braucht das System: wendig, kreativ und aufs Wort gehorchend, also angepasst. ;)

Kreativität kann selbstverständlich auch negativ besetzt sein aber, ob nun positiv oder negativ, wirklich kreative Menschen leben in ihrer Kreativität völlig losgelöst von Ideologien, Systemen und Zwängen, es geht ihnen dabei in erster Linie nur um die Verwirklichung ihrerselbst.
Ob nun künstlerisch ( Lagerfeld ) oder z.B. wirtschaftlich ( Madoff ), sie nutzen, wenn denn, ein System damit sich ihre Kreativität so richtig entfalten kann.
Da ist alles möglich, eben nur keine Anpassung.

Black Jack
09.01.2010, 09:21
Kreativität kann selbstverständlich auch negativ besetzt sein aber, ob nun positiv oder negativ, wirklich kreative Menschen leben in ihrer Kreativität völlig losgelöst von Ideologien, Systemen und Zwängen, es geht ihnen dabei in erster Linie nur um die Verwirklichung ihrerselbst.
Ob nun künstlerisch ( Lagerfeld ) oder z.B. wirtschaftlich ( Madoff ), sie nutzen, wenn denn, ein System damit sich ihre Kreativität so richtig entfalten kann.
Da ist alles möglich, eben nur keine Anpassung.

Das kann man so sehen, wenn du davon ausgehst, dass es "eine wirkliche Kreativität" gibt. Die gibt es nicht. Es ist immer der Faktor Mensch, der dafür sogt, wie die Kreativität eingesetzt wird. Es bedarf viel Kreativität, um eine Atombombe oder Tarnkappenflugzeug zu bauen. ;)

Don
09.01.2010, 09:25
Was Leila daran direkt stört kann ich natürlich nicht wissen, allerdings ist für mich schon allein das " kreativ " im Zusammenhang mit " wendig " ein totaler Wiederspruch zu " angepaßt ".

Vor allem bedenken sich meist Leute mit dem Begriff "kreativ" die damit ihre absolute Inkompetenz in jedem denkbaren Bereich verschleiern wollen.

henriof9
09.01.2010, 09:30
Das kann man so sehen, wenn du davon ausgehst, dass es "eine wirkliche Kreativität" gibt. Die gibt es nicht. Es ist immer der Faktor Mensch, der dafür sogt, wie die Kreativität eingesetzt wird. Es bedarf viel Kreativität, um eine Atombombe oder Tarnkappenflugzeug zu bauen. ;)

Da reicht doch das Wissen allein aus.
Ich sehe Kreativität in erster Linie als eine Ausdrucksform an und der Faktor Mensch bedient sich höchstens ihrer um entweder sich selbst darzustellen oder weil er meint damit überhaupt etwas darzustellen.

Black Jack
09.01.2010, 09:50
Da reicht doch das Wissen allein aus.

Da muss ich dir widersprechen. Auch der Wissenschaftler ist auf Einfälle, Fantasie, und Experiment angewiesen. Alles Kinder der Kreativität.


Ich sehe Kreativität in erster Linie als eine Ausdrucksform an und der Faktor Mensch bedient sich höchstens ihrer um entweder sich selbst darzustellen oder weil er meint damit überhaupt etwas darzustellen.
Natürlich kann jemand die Selbstdarstellung sehr originell kreieren. Der Gegenstand der Kreativität in einem solchen Fall ist das eigene Selbst, bzw. die Selbstdarstellung. Es kann eben andere Gegenstände geben auf die sich die Kreativität richtet. Eben auch eine Atombombe. ;)

PS: Du scheinst Originalität mit Kreativität zu verwechseln.

Leila
09.01.2010, 10:01
An alle:

Ich habe erst heute abend wieder Zeit, hier zu schreiben. Nach dem Mittagessen zieht meine Karawane wieder ins Flachland, gen Deutschland zu. Bis dann seid bitte so nett und verpfuscht mir diesen bemerkenswerten Strang nicht!

Gruß von Leila ;)

Humer
09.01.2010, 10:07
Es ist in der Tat etwas verwirrend, in welchem Zusammenhang die Bezeichnung kreativ hier genannt wird. Ich denke, es ist das kreativ angepasste Idividuum damit gemeint. Das wären dann soche Menschen, die ihre Schöpfungskraft in den Dienst einer falschen Sache stellen.

Im Umgang mit der Geschichte und im Umgang mit der Religion gibt es Gemeinsamkeiten. Beides sind Steinbrüche der Erkenntnis, aus denen man sich das herausholt, was der bereits vorgefassten Überzeugung entspricht und mit der man diese dann untermauern kann.
Eine umfassende humanistische Bildung könnte dem entgegenwirken, die ist aber zur Zeit aus der Mode gekommen, das sie nicht der Profitmaximierung dient.

Black Jack
09.01.2010, 10:57
Eine umfassende humanistische Bildung könnte dem entgegenwirken, die ist aber zur Zeit aus der Mode gekommen, das sie nicht der Profitmaximierung dient.
Vieles fällt der Profitmaximierung zum Opfer. Was mich aber am meisten nervt ist, das die humanistischen Tugenden überhaupt nicht bekannt sind, und von Idioten mit dem so genannten "Gutmenschentum" beleidigt und gleichgesetzt werden. :rolleyes:

Leila
09.01.2010, 19:12
Lieber Black Jack!

Das Zitat (http://www.politikforen.net/showpost.php?p=3390180&postcount=1) enthält im ersten Satz mehrere Eigenschaftswörter, die das in den beiden folgenden Sätzen Behauptete bekräftigen sollen, es aber negieren oder zumindest relativieren. Die aufgestellte Behauptung ist somit zweifelhaft, wenn nicht gar unhaltbar. Warum? Weil der erste Satz Eigenschaftswörter enthält, die einander eher widersprechen als ergänzen.

Der Einfachheit halber substantiviere ich die Adjektive. Die Wendigkeit und Anpassungsfähigkeit sind durchaus Eigenschaften, die zu Schöpferischem befähigen. Wer jemals in einem Elendsviertel war, dem mußte, wenn er nicht blind war, der Einfallsreichtum der an Gütern armen Menschen auffallen. Ich vermute, daß nicht wenige Erfindungen aus schierer Not und zu ihrer Linderung entstanden (Kleider, Hütten, Gefäße und Waffen zum Beispiel). Schöpferische Menschen sind solche, die sich zu helfen wissen, und sei es nur, um lästige Tätigkeiten zu vereinfachen. Menschen aber, die ganz neue Dinge erfinden, sind sehr selten. Die meisten ‚Erfinder‘ sind eigentlich Verbesserer, und als solche sehr kenntnisreich und nachdenklich, d.h. sich des Gegenwärtigen und Vergangenen bewußt. Sie sind aber dennoch Schöpfer, also Kreative.

Würden im Zitat nicht die „wendigen, kreativen, angepaßten Leute“ erwähnt, die angeblich „erinnerungslos und geschichtslos, und daher auch alternativlos und utopielos“ sind, dann hätte ich in diesem Strang wohl keine Silbe geschrieben. Denn von offensichtlichen Dummheiten fühle ich mich nicht minder angezogen als von blaßschimmernden Weisheiten.

Gruß von Leila

Senator74
09.01.2010, 19:31
Da muss ich dir widersprechen. Auch der Wissenschaftler ist auf Einfälle, Fantasie, und Experiment angewiesen. Alles Kinder der Kreativität.

Natürlich kann jemand die Selbstdarstellung sehr originell kreieren. Der Gegenstand der Kreativität in einem solchen Fall ist das eigene Selbst, bzw. die Selbstdarstellung. Es kann eben andere Gegenstände geben auf die sich die Kreativität richtet. Eben auch eine Atombombe. ;)

PS: Du scheinst Originalität mit Kreativität zu verwechseln.

Ja,die Kinder der Kreativität danken dir für die treffsichere Darstellung!!!

Ausonius
09.01.2010, 19:44
Liebe Mitforisten. In Zuge meiner neuerlichen Beschäftigung mit der germanistischen Mediävistik, habe ich einen grandiosen Text aus dem Jahr 1976! gefunden. Zitat:
.....
Doch das ist höchst unerwünscht. Gefragt ist der kulturlose, geschichtslose und erinnerungslose Mensch, der egal ob er in Boston, Berlin, New Delih oder Brest-Litowsk lebt, Jeans und T-Shirt trägt und Cola trinkt. Der von nichts eine Ahnung hat, außer von dem Hebel, den er bedient. Wir wollen von diesem Menschen nicht verlangen, dass er die Geschichte der Herrschaftsstrukturen kennt, in denen er lebt. Aber er weiß nicht mal, dass der Sommerhit des Jahres so und so eigentlich eine Neuauflage eines Beatlessogns ist! Und woher soll er es wissen? Niemand sag es ihm. Der Mensch ohne Geschichte ist der Idealfall der Globalisierung.


Was das Geschichtsbewusstsein betrifft, kann ich dem nicht so ganz zustimmen. Ich sehe insgesamt einen - verhalten positiven - Trend in Deutschland.
Ein Symptom war zum Beispiel der große Erfolg der Serie "Die Deutschen" und die Tatsache, dass diese Sendung vom ZDF von vornherein auf den wichtigen 20.15 Uhr-Slot gesetzt wurde (ohne jetzt mal über die inhaltliche Qualität zu diskutieren).
Während vor Jahren auch das Angebot bei Geschichtsmagazinen für Laien überschaubar war und sich im wesentlichen auf "damals" und "G - Geschichte beschränkte, gibt es jetzt doch eine Flut neuer Titel a la "Geo Epoche" und Sonderausgaben großer Printmagazine (z.B. des Spiegel). Darunter sind auch Produkte, die quasi wirklich "von unten" kommen, etwa Zeitschriften, die durch die Mittelalter-Szene hervorgebracht wurden.
Dazu kommen Prestige-trächtige Großprojekte wie der Wiederaufbau der Frauenkirche und des Berliner Stadtschlosses.

Dass es freilich auch Misstände gibt, zeigt der unsägliche Umgang der Stadt Köln mit ihrem Archiv.
Der Idealzustand herrscht für mich immer in England mit seinen großen Stiftungen für das Kulturerbe. Wenn man z.B. mal am Hadrianswall spazieren geht, merkt man, dass die Kulturdenkmäler dort nicht nur eine große Anziehungskraft für die Bürger haben, sondern dass man auch von staatlicher wie privater Seite stark interessiert ist, dafür Geld zu investieren.

Black Jack
09.01.2010, 21:01
Lieber Black Jack!

Das Zitat (http://www.politikforen.net/showpost.php?p=3390180&postcount=1) enthält im ersten Satz mehrere Eigenschaftswörter, die das in den beiden folgenden Sätzen Behauptete bekräftigen sollen, es aber negieren oder zumindest relativieren. Die aufgestellte Behauptung ist somit zweifelhaft, wenn nicht gar unhaltbar. Warum? Weil der erste Satz Eigenschaftswörter enthält, die einander eher widersprechen als ergänzen.

Der Einfachheit halber substantiviere ich die Adjektive. Die Wendigkeit und Anpassungsfähigkeit sind durchaus Eigenschaften, die zu Schöpferischem befähigen. Wer jemals in einem Elendsviertel war, dem mußte, wenn er nicht blind war, der Einfallsreichtum der an Gütern armen Menschen auffallen. Ich vermute, daß nicht wenige Erfindungen aus schierer Not und zu ihrer Linderung entstanden (Kleider, Hütten, Gefäße und Waffen zum Beispiel). Schöpferische Menschen sind solche, die sich zu helfen wissen, und sei es nur, um lästige Tätigkeiten zu vereinfachen. Menschen aber, die ganz neue Dinge erfinden, sind sehr selten. Die meisten ‚Erfinder‘ sind eigentlich Verbesserer, und als solche sehr kenntnisreich und nachdenklich, d.h. sich des Gegenwärtigen und Vergangenen bewußt. Sie sind aber dennoch Schöpfer, also Kreative.

Würden im Zitat nicht die „wendigen, kreativen, angepaßten Leute“ erwähnt, die angeblich „erinnerungslos und geschichtslos, und daher auch alternativlos und utopielos“ sind, dann hätte ich in diesem Strang wohl keine Silbe geschrieben. Denn von offensichtlichen Dummheiten fühle ich mich nicht minder angezogen als von blaßschimmernden Weisheiten.

Gruß von Leila
Liebe Leila.
Es ist doch alles richtig, was du schreibst. Nur das sind andere Aspekte der Realität, die du ansprichst, als die im Zitat angesprochen werden. Fällt dir das nicht auf? Mir scheint, dass wir nicht den gelichen Text gelesen haben. Das Zitat fängt mit "Gesucht werden...". Denke darüber nach.

Übrigens, scheint eine ganze Epoche an dir vorbeigegangen zu sein, (na ja, die ist ja noch nicht vorbei) was gar nicht so schlecht ist. Die post-modernen Grundsätze sind der reinste Stuss. ;)