Ulus-Kert
22.12.2009, 15:25
Chef des Weltklimarats wegen Nebenjobs im Fokus
Rajendra Pachauri ist als Chef des Intergovernmental Panel on Climate Change, des Weltklimarats, bekannt. Der gibt von Zeit zu Zeit einen Bericht zur Lage des globalen Klimas heraus. Bei der Weltklimakonferenz stand Pachauri im Mittelpunkt des Geschehens. Jetzt wird über diverse Nebentätigkeiten berichtet.
Rajendra Pachauri ist auch im Sport zu Hause. 2007, als der IPCC mit seinen Berichten besonders laut vor einem drohenden Klimakollaps warnte und mit einem Tross Tausender Experten und Beobachter von Konferenz zu Konferenz um die Welt jettete, wurde es Pachauri zwischendurch zu viel. Von einer Tagung in New York flog er für nur einen Tag in seine Heimat nach Delhi, um dort als Kricket-Spieler aufzutreten und anschließend – wieder für nur einen Tag – zurückzueilen.
Die britische Zeitung „Daily Telegraph“ hat nun in ihrer Sonntagausgabe ein weiteres, bislang eher unbekanntes Interessengebiet des promovierten Ökonomen beleuchtet, das zwar näher dran ist am Klimageschehen als Kricket, dafür aber umso problematischer für die Glaubwürdigkeit eines unabhängigen Chefs einer UN-Organisation: der wirtschaftliche Erfolg als Unternehmer im klimaindustriellen Komplex (deutsche Übersetzung hier). „Dr. Pachauri hat ein erstaunliches weltweites Portfolio aufgebaut mit Geschäftsinteressen und milliardenschweren Investitionen, deren Erfolg von Empfehlungen des IPCC abhängt“, schreibt das Blatt. Zum Beispiel meint der „Telegraph“ damit die Tätigkeit als Beirat an der Chicago Climate Exchange, der „größten und lukrativsten Börse für den Handel mit Rechten für den Kohlendioxidausstoß“ – einem Geschäft, das man getrost als Ergebnis des IPCC-Prozesses ansehen darf.
„Doch dies sind nur Peanuts“, meint der „Telegraph“, „im Vergleich zu den zahlreichen Posten, die Dr. Pachauri antrat, seit die UN ihn zum obersten Klimawandel-Beamten ernannten.“ Risikokapitalfirmen im Bereich erneuerbarer Energien haben ihn als Berater geangelt, große, weltweit operierende Versicherungsgesellschaften und Banken setzen auf ihn und seine strategischen Ideen, wenn sie viele Milliarden schwere Fonds oder Gesellschaften in diesem Bereich auflegen.
Insbesondere seine Tätigkeit beim indischen Energieforschungsinstitut TERI – einem Ableger des in dem Land sehr einflussreichen multinationalen Stahl-, Energie- und Autokonzerns Tata, dem inzwischen Land Rover und Jaguar gehören – hat dem Chef des Weltklimarates einschlägige Jobs verschafft. So sei TERI in Bio-Energieanlagen engagiert, finanziert von der EU. In einem anderen Projekt, kofinanziert vom Londoner Umweltministerium und der Münchener Rückversicherung, erarbeite man gerade eine zukunftsträchtige Studie: Sie soll aufzeigen, wie die indische Versicherungsbranche – in der auch Tata engagiert ist – die angenommenen Risiken eines Klimawandels am lukrativsten nutzen könne. „Warum britische Steuerzahler eine Studie finanzieren, um die Profite indischer Versicherungsunternehmen zu verbessern, wird nicht erklärt“, merkt das Blatt trocken an.
Die angenommenen Gefahren eines Klimawandels kommen dabei der indischen Wirtschaft nicht nur über steuerfinanzierte Studien aus Europa zugute. Die Gesetze des Handels mit Emissionsrechten, in dem Pachauri ja ebenso engagiert ist, führten laut „Telegraph“ zum Beispiel auch dazu, dass die Produktion von jährlich drei Millionen Tonnen Stahl aus dem Werk von Corus im britischen Redcar nach Orissa in Indien wandert. Besitzer von Corus: der Tata-Konzern. 1700 Beschäftigte in Redcar verlieren ihren Job im Namen des Weltklimas, an dem sich wenig ändert durch die Verlagerung nach Indien.
Die weltweite Vernetzung Pachauris macht klar, warum der kurze Jet-Sprung zum Kricket-Spiel nach Delhi für ihn nichts Außergewöhnliches war. Er ist Chef des Klimainstitutes der Yale-Universität, bestens ausgestattet mit Geldern der US-Regierung und von Unternehmen. Er ist Klimawandel-Berater der Deutschen Bank, Direktor des japanischen Institute for Global Environmental Strategies und war bis vor Kurzem Berater von Toyota. Es fügt sich, dass, wie der „Telegraph“ zitiert, Pachauri in der Zeitschrift seines TERI-Institutes vor Kopenhagen dafür warb, dass die US-Regierung auch unabhängig von der Zustimmung des Kongresses die CO2-Minderung und den Zertifikatehandel vorantreiben solle, die Industrieländer insgesamt konkrete Zusagen treffen müssten, Entwicklungsländer wie Indien sich dagegen auf keine Reduktionsziele festlegen lassen sollten.
Der „Telegraph“ bezieht sich in seinem Beitrag vor allem auf einen offenen Brief, in dem zwei Amerikaner – erklärte Gegner des UN-Klimaschutz-Prozesses – ihre Recherchen zusammengetragen hatten zu Pachauris „Nebentätigkeiten“, über die in dessen Munzinger-Biografie nichts steht. Der Brief wurde in Kopenhagen an die Delegierten der 190 Teilnehmerstaaten verteilt. Über ein Dementi des IPCC oder Pachauris ist nichts bekannt. Eine entsprechende Anfrage von WELT ONLINE blieb bislang unbeantwortet.
http://www.welt.de/wissenschaft/umwelt/article5611640/Chef-des-Weltklimarats-wegen-Nebenjobs-im-Fokus.html
/:(germane
Ohne Worte.
Rajendra Pachauri ist als Chef des Intergovernmental Panel on Climate Change, des Weltklimarats, bekannt. Der gibt von Zeit zu Zeit einen Bericht zur Lage des globalen Klimas heraus. Bei der Weltklimakonferenz stand Pachauri im Mittelpunkt des Geschehens. Jetzt wird über diverse Nebentätigkeiten berichtet.
Rajendra Pachauri ist auch im Sport zu Hause. 2007, als der IPCC mit seinen Berichten besonders laut vor einem drohenden Klimakollaps warnte und mit einem Tross Tausender Experten und Beobachter von Konferenz zu Konferenz um die Welt jettete, wurde es Pachauri zwischendurch zu viel. Von einer Tagung in New York flog er für nur einen Tag in seine Heimat nach Delhi, um dort als Kricket-Spieler aufzutreten und anschließend – wieder für nur einen Tag – zurückzueilen.
Die britische Zeitung „Daily Telegraph“ hat nun in ihrer Sonntagausgabe ein weiteres, bislang eher unbekanntes Interessengebiet des promovierten Ökonomen beleuchtet, das zwar näher dran ist am Klimageschehen als Kricket, dafür aber umso problematischer für die Glaubwürdigkeit eines unabhängigen Chefs einer UN-Organisation: der wirtschaftliche Erfolg als Unternehmer im klimaindustriellen Komplex (deutsche Übersetzung hier). „Dr. Pachauri hat ein erstaunliches weltweites Portfolio aufgebaut mit Geschäftsinteressen und milliardenschweren Investitionen, deren Erfolg von Empfehlungen des IPCC abhängt“, schreibt das Blatt. Zum Beispiel meint der „Telegraph“ damit die Tätigkeit als Beirat an der Chicago Climate Exchange, der „größten und lukrativsten Börse für den Handel mit Rechten für den Kohlendioxidausstoß“ – einem Geschäft, das man getrost als Ergebnis des IPCC-Prozesses ansehen darf.
„Doch dies sind nur Peanuts“, meint der „Telegraph“, „im Vergleich zu den zahlreichen Posten, die Dr. Pachauri antrat, seit die UN ihn zum obersten Klimawandel-Beamten ernannten.“ Risikokapitalfirmen im Bereich erneuerbarer Energien haben ihn als Berater geangelt, große, weltweit operierende Versicherungsgesellschaften und Banken setzen auf ihn und seine strategischen Ideen, wenn sie viele Milliarden schwere Fonds oder Gesellschaften in diesem Bereich auflegen.
Insbesondere seine Tätigkeit beim indischen Energieforschungsinstitut TERI – einem Ableger des in dem Land sehr einflussreichen multinationalen Stahl-, Energie- und Autokonzerns Tata, dem inzwischen Land Rover und Jaguar gehören – hat dem Chef des Weltklimarates einschlägige Jobs verschafft. So sei TERI in Bio-Energieanlagen engagiert, finanziert von der EU. In einem anderen Projekt, kofinanziert vom Londoner Umweltministerium und der Münchener Rückversicherung, erarbeite man gerade eine zukunftsträchtige Studie: Sie soll aufzeigen, wie die indische Versicherungsbranche – in der auch Tata engagiert ist – die angenommenen Risiken eines Klimawandels am lukrativsten nutzen könne. „Warum britische Steuerzahler eine Studie finanzieren, um die Profite indischer Versicherungsunternehmen zu verbessern, wird nicht erklärt“, merkt das Blatt trocken an.
Die angenommenen Gefahren eines Klimawandels kommen dabei der indischen Wirtschaft nicht nur über steuerfinanzierte Studien aus Europa zugute. Die Gesetze des Handels mit Emissionsrechten, in dem Pachauri ja ebenso engagiert ist, führten laut „Telegraph“ zum Beispiel auch dazu, dass die Produktion von jährlich drei Millionen Tonnen Stahl aus dem Werk von Corus im britischen Redcar nach Orissa in Indien wandert. Besitzer von Corus: der Tata-Konzern. 1700 Beschäftigte in Redcar verlieren ihren Job im Namen des Weltklimas, an dem sich wenig ändert durch die Verlagerung nach Indien.
Die weltweite Vernetzung Pachauris macht klar, warum der kurze Jet-Sprung zum Kricket-Spiel nach Delhi für ihn nichts Außergewöhnliches war. Er ist Chef des Klimainstitutes der Yale-Universität, bestens ausgestattet mit Geldern der US-Regierung und von Unternehmen. Er ist Klimawandel-Berater der Deutschen Bank, Direktor des japanischen Institute for Global Environmental Strategies und war bis vor Kurzem Berater von Toyota. Es fügt sich, dass, wie der „Telegraph“ zitiert, Pachauri in der Zeitschrift seines TERI-Institutes vor Kopenhagen dafür warb, dass die US-Regierung auch unabhängig von der Zustimmung des Kongresses die CO2-Minderung und den Zertifikatehandel vorantreiben solle, die Industrieländer insgesamt konkrete Zusagen treffen müssten, Entwicklungsländer wie Indien sich dagegen auf keine Reduktionsziele festlegen lassen sollten.
Der „Telegraph“ bezieht sich in seinem Beitrag vor allem auf einen offenen Brief, in dem zwei Amerikaner – erklärte Gegner des UN-Klimaschutz-Prozesses – ihre Recherchen zusammengetragen hatten zu Pachauris „Nebentätigkeiten“, über die in dessen Munzinger-Biografie nichts steht. Der Brief wurde in Kopenhagen an die Delegierten der 190 Teilnehmerstaaten verteilt. Über ein Dementi des IPCC oder Pachauris ist nichts bekannt. Eine entsprechende Anfrage von WELT ONLINE blieb bislang unbeantwortet.
http://www.welt.de/wissenschaft/umwelt/article5611640/Chef-des-Weltklimarats-wegen-Nebenjobs-im-Fokus.html
/:(germane
Ohne Worte.