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Vollständige Version anzeigen : Revolution und Kunst - Halbphilosophische, nächtliche Winter-Impression



Apotheos
20.12.2009, 23:22
Apotheos hat gedacht und träumte:


Die Befreiung des Menschen, seine Gewahrwerdung im Lebendig-seienden, die Befreiung realgedanklichen Seelenlebens, der atmende Geist, die größte Kälte der Nacht erwärmend, ist bereits ausgedrückt als Freiheit in der Freiheit der Kunst. Die Emanzipation des Menschen liegt bereits im freien Schaffen des Künstlers vorgezeichnet vor uns, als eine wage Karikatur dessen, was Aufklärung bedeutet, was ein aufgeklärter Mensch ist. Als eine sanfte Andeutung dessen, was Revolution bedeutet, was menschliche Emanzipation bedeutet. Der Poet, der die Welt im innersten ergründet, auf untergründiger Ebene des stofflichen, das sogenannte rein-stoffliche als lebendigen Prozess der Umwandlung und Lebendigkeit begreift, das innere Verständige des Gefühls erkennt und diese im Leben liegende Struktur formuliert: Das ist Geist, wie er nur der Geist des freien Menschentums sein kann. Der Geist der Freiheit fängt nur dort sein Feuer, wo die Freiheit des Geistes bestehen kann. Halten wir sie fest, diese flüchtige Erkenntis, einer anderen Welt. Spüren wir die Freiheit pochend... da spricht der wahre Mensch, der lebendige Mensch, der Mensch die Natur erkennend durch die Natur des Menschen strömend. In allen Dingen liegend. Revolutionär, das ist Kunst und der Künstler jener, der, auch ohne es zu wissen, unbewusst bereits dies tut: ein Revolutionär zu sein und die befreiende Revolution des Menschen vorzuzeichnen. Wir können, wenn wir wollen. Wir erschaffen jeden Tag. Wir gestalten unser Leben immer wieder aufs Neue und die Kunst ist der flüchtige Funke der Hoffnung am Horizont, wenn wieder Stimmen ertönen: Aber wir können nicht. Doch, wir können, sage ich, wir können, weil wir Leben... weil wir lieben... wir machen Musik und tanzen die Revolution... tanz mit.

wonderwall tralalaaaaa (http://www.youtube.com/watch?v=2vH3SKYwT0I&translated=1)

Waldgänger
20.12.2009, 23:44
Klingt nach Ernst Bloch.

Seiner Theorie nach, werden in Kunst und Musik wesentliche latente, im Unbewussten schlummernde, konkrete Utopien vorweg genommen. Adorno sah das ähnlich, einzig, soweit ich weiß, besteht sein Unterschied darin, dass er in der Kunst eine Nische innerhalb der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft sieht, eine gesellschaftliche Befreiung schien für ihn nahezu unmöglich.

Aber es stimmt: Was wir brauchen sind Visionen, Träume, und die Vereinigung konkreter Utopien aus Kunst, Musik, Vergangenheit und Gegenwart, gebündelt in einem Feuer wirkmächtiger Weltveränderung!

http://www.linkezeitung.de/cms/images/stories/LZKoeln3/1921_-_juon__der_neue_planet.jpg

Verein Freier Menschen rockz'! :cool2:

Stechlin
20.12.2009, 23:52
Der linke Liberalismus hat die Kunst zur Hure herabgewürdigt. Ihrer konnten sich fortan solche Freier wie Picasso, Braque, Klee und viele weitere Unbekannte schamlos bedienen. Alles Apologeten der Moderne.

Waldgänger
20.12.2009, 23:53
NITUP, klingt nach einem ziemlich aristokratisch-bildungsbürgerlichen Kunstverständnis. Ich halt's da lieber mit Joseph Beuys, der da sagte, jeder Mensch ist ein Künstler.

Kunst muss allen frei zugänglich sein und jeder muss die Möglichkeit haben, sich mit ihr auseinander zu setzen, seine eigene „soziale Plastik“ (Beuys) zu entwerfen, das heißt durch künstlerische Tätigkeit beizutragen, die Beschränkung der Kunst auf das Bildungsbürgertum zu beenden.

Stechlin
20.12.2009, 23:58
NITUP, klingt nach einem ziemlich aristokratisch-bildungsbürgerlichen Kunstverständnis. Ich halt's da lieber mit Joseph Beuys, der da sagte, jeder Mensch ist ein Künstler.

Was hätte Beuys auch anderes sagen sollen. Der Typ selbst verstand von Kunst soviel wie ein Komapatient vom aktuellen Tagesgeschehen.

Diese Figur überhaupt in die Nähe einer irgendgelagerten Ästhetik zu rücken, erscheint mir unglaublich und absurd.

arnd
20.12.2009, 23:58
Der linke Liberalismus hat die Kunst zur Hure herabgewürdigt. Ihrer konnten sich fortan solche Freier wie Picasso, Braque, Klee und viele weitere Unbekannte schamlos bedienen. Alles Apologeten der Moderne.

dieses Buch solltest du mal lesen

http://www.ephraimkishon.de/Picassokishausschnitt.htm

Waldgänger
21.12.2009, 00:02
Was hätte Beuys auch anderes sagen sollen. Der Typ selbst verstand von Kunst soviel wie ein Komapatient vom aktuellen Tagesgeschehen.

Diese Figur überhaupt in die Nähe einer irgendgelagerten Ästhetik zu rücken, erscheint mir unglaublich und absurd.

Und wer legt Deines Erachtens fest, was Kunst ist, außer die beteiligten Menschen selbst, weil diese es schließlich sind, die sie in die Welt setzen?

Stechlin
21.12.2009, 00:05
Kunst muss allen frei zugänglich sein und jeder muss die Möglichkeit haben, sich mit ihr auseinander zu setzen, seine eigene „soziale Plastik“ (Beuys) zu entwerfen, das heißt durch künstlerische Tätigkeit beizutragen, die Beschränkung der Kunst auf das Bildungsbürgertum zu beenden.

Wer hat zu bestimmen, wann welche Kunst zu beenden sei? Diese Arroganz und Anmaßung nahm sich bisher nur die Linke heraus, weil es in ihren Ideen und Weltbildern an Ästhetik nur so mangelt. Es ist eine reine Schutzbehauptung, jeder Mensch sei ein Künstler, denn solche Thesen kann nur aufstellen, dem das Talent fehlt, den Sinn für Schönheit und Wahrheit zu entdecken. "Soziale Plastik" -wenn ich solch ein elendes Geschwätz schon höre. "Moderne" Kunst ist nichts weiter als die Psychoanalsyse von Verrückten, deren Dünkel nur Hässliches, Dunkles und Entrücktes produziert. Die Tragik besteht darin, dass der Vorwurf der Linken, bügerliche Kunst sei elitär, von ihr selbst bis zum Exzess zelebriert wird.

So kann das nichts werden mit der Weltrevolution. Und das ist auch gut so.

Stechlin
21.12.2009, 00:11
Und wer legt Deines Erachtens fest, was Kunst ist, außer die beteiligten Menschen selbst, weil diese es schließlich sind, die sie in die Welt setzen?

Die Geschichte. Kunst ist das, was man als Kultur bezeichnet. Sie muss also identitätsstiftend sein. Die "moderne" Kunst erfüllt diesen Zweck nicht, weil sie das ob ihrer Beliebigkeit gar nicht kann.

Die Ästhetik ist das Mittel, welche die tierischen und die verstandesmäßigen Kräfte des Menschen miteinander vereint. Das hat Schiller gesagt. Und der hatte nunmal Recht, weil er mit seinem Werk höchstselbst bewies, dass es wahr ist.

Apotheos
21.12.2009, 00:18
Wer hat zu bestimmen, wann welche Kunst zu beenden sei? Diese Arroganz und Anmaßung nahm sich bisher nur die Linke heraus, weil es in ihren Ideen und Weltbildern an Ästhetik nur so mangelt.

Dann musst du mir eindeutig überlegen sein. Schon leicht arrogant und überzogen, findest du nicht? Ich kann mich sowohl am dekadenten Picasso erfreuen, als auch an Bach. Also mach keinen Schuh draus. Die einzig wahre Kunst gibt es nicht. Affig wird es immer nur, wenn irgend ein Troll, der sich für einen Aristokraten hält, versucht festzulegen, was die einzig wahre und wundersame Ästhetik ist. :rolleyes:


Es ist eine reine Schutzbehauptung, jeder Mensch sei ein Künstler, denn solche Thesen kann nur aufstellen, dem das Talent fehlt, den Sinn für Schönheit und Wahrheit zu entdecken.

Das ist erstmal ne' These. Kannst du die auch empirisch untermauern? :]

Apotheos
21.12.2009, 00:19
Der linke Liberalismus hat die Kunst zur Hure herabgewürdigt. Ihrer konnten sich fortan solche Freier wie Picasso, Braque, Klee und viele weitere Unbekannte schamlos bedienen. Alles Apologeten der Moderne.

Und du ein Apologet der Reaktion? Naja. Einseitig, einseitig. Kann nicht besser sein. Ich bin ja doch eher ein Verfechter der freien Kunst, also sowohl der Moderne, als auch der Klassik.

Apotheos
21.12.2009, 00:30
Die Geschichte. Kunst ist das, was man als Kultur bezeichnet. Sie muss also identitätsstiftend sein. Die "moderne" Kunst erfüllt diesen Zweck nicht, weil sie das ob ihrer Beliebigkeit gar nicht kann.
.

Halt: Du sprichst von Leitkultur. Nicht von "Kunst".

Waldgänger
21.12.2009, 00:34
Die Geschichte. Kunst ist das, was man als Kultur
bezeichnet. Sie muss also identitätsstiftend sein. Die "moderne" Kunst erfüllt diesen Zweck nicht, weil sie das ob ihrer Beliebigkeit gar nicht kann.

Kultur kommt vom lat. cultum, übersetzt meint das in etwa „das Bebaute, Gepflegte“. Das sagt nichts über den Inhalt aus. Überhaupt ist Kultur nahezu überall vorhanden. In seiner Auseinandersetzung mit der Natur und anderen Menschen schafft der Mensch jederzeit bereits Kultur. Der Mensch kann niemals Naturwesen sein ohne Kulturwesen zu sein.


Die Ästhetik ist das Mittel, welche die tierischen und die verstandesmäßigen Kräfte des Menschen miteinander vereint. Das hat Schiller gesagt. Und der hatte nunmal Recht, weil er mit seinem Werk höchstselbst bewies, dass es wahr ist.

Klar, hat er auch Recht. Nur, wer legt fest, was ästhetisch ist? Das könnte ja nur ein Mensch oder eine Menschengruppe festlegen, die subjektiv meint: „Dies und das ist ästhetisch, punktum!“, und uns diesen subjektiven Geschmack als objektiv andrehen will.

Genau das macht m.E. die bürgerliche Kunst und die Aufklärung. Sie setzt ihr eigenes Selbstgefühl als allgemeines und verabsolutiert die bürgerlich-aufklärerische Ästhetik als „die“ Ästhetik überhaupt. Ein Phänomen, das gleichermaßen in der Staats- und Wirtschaftstheorie auftritt. Die bürgerliche Gesellschaft ist aus dieser Sicht „die“ allgemein-menschliche und freie Gesellschaft. Die geschichtlich entstandene Ordnung wird naturalisiert und verobjektiviert.

Das ist natürlich alles totaler Murx. Aus diesem Grund halte ich Deine Feststellung, dies und jenes sei ästhetisch, das andere nicht, für subjektiv und gesellschaftlich bedingt sowie an eigene Vorlieben gebunden. Sie taugt aber keineswegs für eine Verallgemeinerung.

Ästhetisch ist immer das, was in einem speziellen geschichtlich-kulturellen Kontext als schön gilt. Ein ästhetisches Absolutum gibt es nicht. Außer, wir fallen auf die Ebene der Philosophie des Idealismus zurück, die durch den Historischen Materialismus und zahlreiche Zweige der Humanethologie, Soziologie, Psychologie etc. als ad absurdum geführt gelten kann.

Black Jack
21.12.2009, 07:25
Sie [Kunst] muss also identitätsstiftend sein...

Was ist an einer bachschen Fuge identitätsstiftend??? ?(