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Vollständige Version anzeigen : Israel, ein freies Land im Nahen Osten, eine Hoffnung



blues
26.11.2009, 22:05
hatikva

Hoffnung

http://www.youtube.com/watch?v=s1I6d0OTSOA

Hexenhammer
26.11.2009, 22:25
http://www.upload-your-life.com/files/kwfk0p3kvx39zbj4m6nz.gif

blues
26.11.2009, 22:30
soso ...

Peaches
26.11.2009, 22:37
כל עוד בלבב פנימה
נפש יהודי הומיה,
ולפאתי מזרח קדימה
עין לציון צופיה -
עוד לא אבדה תקותנו,
התקוה בת שנות אלפים,
להיות עם חופשי בארצנו
ארץ ציון וירושלים.

Kol od ba-lewaw p'nima -
Nefesch jehudi homija
U'l fate mizrach kadima
ajin le tzijon tzofija.
Od lo awda tikwatejnu
HaTikwa bat schnot alpajim:
Lihjot am chofschi beArtzenu -
Eretz Tzion wJiruschalajim.

Sauerländer
26.11.2009, 23:06
Eine Hoffnung - für wen oder was?

Kreuzbube
27.11.2009, 14:41
Ja ja; wissen wir nun langsam, daß die Anderen immer die Bösen sind!:rolleyes:

Agano
29.11.2009, 10:15
hatikva

Hoffnung

http://www.youtube.com/watch?v=s1I6d0OTSOAmusik ist immer etwas schönes.

texte dazu muss man nicht verstehen. weder sinnbildlich, noch logisch.

viele lieder in englisch auf deutsch übersetzt würden ihren flair verlieren, weil ihre texte so hirnrissig........!

deshalb ist und wird musik auch zu geistigen manipulationen verwendet. von der musik her super und einschmeichelnd, vom textinhalt geistig verwirrt. richard

Rowlf
30.11.2009, 00:26
In einem Staat kann man nicht frei sein. Und wie kann ein Staat an sich frei sein?

blues
30.11.2009, 00:47
In einem Staat kann man nicht frei sein. Und wie kann ein Staat an sich frei sein?


die Hoffnung, in einer freien Gemeinschaft zu leben, in der alle Menschen gleichberechtigt, miteinander und nicht gegeneinander leben, es ist ein Traum und ... eine Hoffnung ...

Salazar
30.11.2009, 00:51
Eine Hoffnung - für wen oder was?

Frage ich mich auch.

Apotheos
30.11.2009, 06:04
In einem Staat kann man nicht frei sein. Und wie kann ein Staat an sich frei sein?

Ein Staat nicht. Menschen können nur frei sein. Freiheit ist ihrem Wesen nach antiautoritär, aber es kann freie Entfaltungsmöglichkeiten auch innerhalb eines bürgerlichen Staates geben. Das ist bei Israel der Fall. Hier ist auch die qualitative Unterscheidung notwendig: Viele islamischen Staaten haben ein unfreieres Volk, als Israel. Israel ist den Schritt der bürgerlichen Emanzipation gegangen, die Individualisierung im kapitalistischen Sinne. Nun muss der Schritt zur endgültigen Emanzipation, zum demokratischen Sozialismus, gegangen werden.

Sauerländer
30.11.2009, 11:13
In einem Staat kann man nicht frei sein. Und wie kann ein Staat an sich frei sein?
Ein Staat an sich kann also nicht frei sein. Warum nicht?
Ich nehme einfach mal an: Weil du, was ja durchaus diskutabel ist, seine Eigensubstanzhaftigkeit bestreitest.
Dann ist es aber merkwürdig, dass der Staat an sich durchaus in der Lage zu sein scheint, Unfreiheit herzustellen.
Es sieht für mich so aus, als müssten wir an dieser Stelle die Frage nach der Definition von "Staat" stellen.

Rowlf
30.11.2009, 11:32
Ein Staat an sich kann also nicht frei sein. Warum nicht?
Ich nehme einfach mal an: Weil du, was ja durchaus diskutabel ist, seine Eigensubstanzhaftigkeit bestreitest.
Dann ist es aber merkwürdig, dass der Staat an sich durchaus in der Lage zu sein scheint, Unfreiheit herzustellen.
Es sieht für mich so aus, als müssten wir an dieser Stelle die Frage nach der Definition von "Staat" stellen.

Ein Staat kann Unfreiheit herstellen bzw. stellt diese durch seine bloße Existenz her, da ein Staat zwingend die Herrschaft von Menschen über Menschen impliziert.
Logisch weiter argumentiert kann er, da ihm Unfreiheit innewohnt, niemals Freiheit herstellen.

Der Staat als Rechtssubjekt (juristisch gesehen bestehend aus Staatsvolk, Staatsgebiet und Staatsgewalt), kann natürlich sowohl positive als auch negative Freiheit, also die "Freiheit zu..." und die "Freiheit von..." erreichen. Daraus entsteht aber weder unmittelbare, noch mittelbare Freiheit für die Menschen, die in diesem Staat leben, weswegen für mich die Bezeichnung "freies Land" bzw. "freier Staat", nicht mehr als eine Worthülse ist, mit der politisch nicht zu arbeiten ist.

Don
30.11.2009, 11:49
Ein Staat kann Unfreiheit herstellen bzw. stellt diese durch seine bloße Existenz her, da ein Staat zwingend die Herrschaft von Menschen über Menschen impliziert.
Logisch weiter argumentiert kann er, da ihm Unfreiheit innewohnt, niemals Freiheit herstellen.

Der Staat als Rechtssubjekt (juristisch gesehen bestehend aus Staatsvolk, Staatsgebiet und Staatsgewalt), kann natürlich sowohl positive als auch negative Freiheit, also die "Freiheit zu..." und die "Freiheit von..." erreichen. Daraus entsteht aber weder unmittelbare, noch mittelbare Freiheit für die Menschen, die in diesem Staat leben, weswegen für mich die Bezeichnung "freies Land" bzw. "freier Staat", nicht mehr als eine Worthülse ist, mit der politisch nicht zu arbeiten ist.

In einem Stat kann ich solange frei sein, solange ich kein MG an der Tür brauche um Dich vom Betreten derselben abzuhalten.

Sauerländer
30.11.2009, 11:52
Ein Staat kann Unfreiheit herstellen bzw. stellt diese durch seine bloße Existenz her, da ein Staat zwingend die Herrschaft von Menschen über Menschen impliziert.
Logisch weiter argumentiert kann er, da ihm Unfreiheit innewohnt, niemals Freiheit herstellen.
Sind es denn genau besehen dann nicht konkrete MENSCHEN, die Unfreiheit herstellen, indem sie Herrschaft ausüben? Ist der "Staat" dann nicht bloß eine Organisationsform, unter deren Nutzung sie das tun?
Ich bin an dieser Stelle ein wenig kleinkariert, weil das in meinen Augen eine der Schwachstellen von großen Teilen des heutigen Anarchismus ist: Man zielt begrifflich auf "den Staat", und kommt damit um die Erkenntnis herum, dass der solche im heutigen Sinne auch gegenwärtig keineswegs überall auf dem Planeten besteht und auch in der Geschichte nicht bestand, und dennoch das, was einem anarchistischen Utopia zumindest nahe kommt, die absolute Ausnahme darstellt.
Man denke nur an Afghanistan oder Somalia. Staatlichkeit in unserem Sinne besteht da nicht wirklich.

Anders: Große Teile der anarchistischen Bewegung (ich nenne sie einfach mal so, auch wenn das, wie mir durchaus bewusst ist, eine fälschlich Einheit suggerierende Formulierung ist) scheinen die Entanarchisierung für ein politisches Problem zu halten. Was ja auf den ersten Blick auch Sinn zu machen scheint.
Auf den zweiten Blick hingegen muss ich feststellen, dass mir die Überlegungen der Anarchoprimitivisten recht überzeugend scheinen, die die Entanarchisierung eher als technisch-zivilisatorisches Problem auffassen.
Ich glaube nicht, dass es ein Zufall ist, dass viele Projekte, die nicht nur die Anarchie vorbereiten sollen, sondern in denen versucht wird, sie bereits zu leben, sich dezidiert NICHT im städtischen Bereich abspielen.
Im Grunde könnte man an dieser Stelle wieder Betrachtungen über die Berührungspunkte zwischen Anarchie und Konservatismus nachdenken, mit entsprechendem Jüngerzitat selbstverständlich...
Aber vermutlich würde es dann uferlos.:D

Rowlf
30.11.2009, 11:59
In einem Stat kann ich solange frei sein, solange ich kein MG an der Tür brauche um Dich vom Betreten derselben abzuhalten.

Dann hast du einen wesentlich enger gefassten Freiheitsbegriff als ich ihn habe.

Sauerländer
30.11.2009, 12:06
In einem Stat kann ich solange frei sein, solange ich kein MG an der Tür brauche um Dich vom Betreten derselben abzuhalten.
Naja...
Du bist z.B. NICHT frei, einfach mal deine Steuern nicht zu bezahlen, gerichtlichen Vorladungen nicht Folge zu leisten, dein Haus ohne Beachtung irgendwelcher Vorschriften zu bauen, deinen Kindern einen Namen zu geben, den die Obrigkeit für ausreichend beknackt hält, Cannabis anzubauen, Handgranaten zu sammeln, deine Kinder nicht zur Schule zu schicken, sondern sie selber zu unterrichten, tote Familienmitglieder auf deinem eigenen Grund und Boden zu bestatten, dir eine Hakenkreuzfahne ins Zimmer zu hängen (womöglich noch von draussen sichtbar), ohne irgendein Dokument einfach zum nächsten Fluss zu gehen und dir dein Abendessen zu angeln, ohne irgendein Dokument in den nächsten Wald zu gehen und dir dein Abendessen zu schießen, einfach in den nächsten Wald zu gehen und dir dein Feuerholz zu schlagen, bis vor kurzem warst du auch nicht frei, nur kirchlich zu heiraten, ohne vorher auf dem Amt gewesen zu sein, du bist nicht frei, eine sexuelle Beziehung mit engen Familienmitgliedern zu unterhalten, du bist nicht frei, weder Wehr- noch Ersatzdienst zu leisten, weil du einfach keinen Bock hast, du bist nicht frei, ohne Personalausweis rumzulaufen, du bist nicht frei, an einem Ort zu verweilen, wenn die Polizei findet, dass du da nicht hingehörst...

Rowlf
30.11.2009, 14:37
Sind es denn genau besehen dann nicht konkrete MENSCHEN, die Unfreiheit herstellen, indem sie Herrschaft ausüben? Ist der "Staat" dann nicht bloß eine Organisationsform, unter deren Nutzung sie das tun?


Natürlich sind es Menschen, die den Staat bilden, genauso wie es nicht "den Kapitalismus" gibt. Aber macht das wirklich einen so großen Unterschied? Menschen bedienen sich vorhandenen Strukturen. Das war immer so und wird immer so sein. Diesen Strukturen jede Eigendynamik abzusprechen halte ich für falsch. Daher geht es nicht rein desktruktiv darum den Staat zu zerschlagen und dann mal zu gucken, was so passiert, sondern Alterntiven und Organisationsformen anzubieten, um zu zeigen, dass es auch anders gehen kann. Strukureller Anarchismus, wenn du so willst.



Man denke nur an Afghanistan oder Somalia. Staatlichkeit in unserem Sinne besteht da nicht wirklich.


Du wirst doch nicht Anarchie mit Anomie verwechseln ;)
Afghanistan und Somalia sind sozialdarwinistische Gesellschaften.



Anders: Große Teile der anarchistischen Bewegung (ich nenne sie einfach mal so, auch wenn das, wie mir durchaus bewusst ist, eine fälschlich Einheit suggerierende Formulierung ist) scheinen die Entanarchisierung für ein politisches Problem zu halten. Was ja auf den ersten Blick auch Sinn zu machen scheint.


Ich denke, es ist nicht von Grund auf ein politisches Problem, es wurde zu einem gemacht. Durch Konstrukte wie Staat, Marktwirtschaft usw. Inzwischen bedingen sich die anthropologischen und politischen Aspekte gegenseitig, aber irgendwo muss man ja ansetzen, oder?



Auf den zweiten Blick hingegen muss ich feststellen, dass mir die Überlegungen der Anarchoprimitivisten recht überzeugend scheinen, die die Entanarchisierung eher als technisch-zivilisatorisches Problem auffassen.
Ich glaube nicht, dass es ein Zufall ist, dass viele Projekte, die nicht nur die Anarchie vorbereiten sollen, sondern in denen versucht wird, sie bereits zu leben, sich dezidiert NICHT im städtischen Bereich abspielen.

Guter Punkt. Auf die Ukraine trifft das wohl zu, auch auf Teile Katalonien, aber Beispiele wie Barcelona oder Madrid zeigen, dass es anarchistische Lebensformen auch in Städten geben kann. Ich stimme dir aber vollkommen zu, dass die anarchistische Theorie momentan stagniert, bzw. es Schwierigkeiten gibt, sie auf eine technizistische Gesellschaft anzuwenden, wobei gerade im Industriebereich eine technische Weiterentwicklung die Grundlage für ein Funktionieren einer hierarchielosen Gesellschaft sein kann, weil der Arbeitsbegriff endlich neu definiert werden könnte.



Im Grunde könnte man an dieser Stelle wieder Betrachtungen über die Berührungspunkte zwischen Anarchie und Konservatismus nachdenken, mit entsprechendem Jüngerzitat selbstverständlich...
Aber vermutlich würde es dann uferlos.:D

Naja, vielleicht war die gute Freundschaft zwischen Jünger und Mühsam nicht ganz grundlos ;)



Er [Erich Mühsam] war einer der besten und gutmütigsten Menschen, denen ich begegnet bin

Waldgänger
30.11.2009, 21:12
Ich verstehe den Staat im Marx'schen Sinn als „ideellen Gesamtkapitalisten“, was heißen will, ohne private Warenproduktion und Klassengesellschaft kein Staat.

Die Auflösung der traditionellen Genossenschafts- und Gemeindestrukturen durch Enteignung und Proletarisierung der Bevölkerung - die so genannte „ursprüngliche Akkumulation“ (Marx) - ließ die Notwendigkeit eines abstrakten Ausgleichs der zerstörten Gesellschaftlichkeit aufkommen. Diese Lücke wurde vom Staat gefüllt. Dieser versucht die privatkapitalistischen Interessen sowie jene zwischen Kapital und Arbeiterschaft auszugleichen.

Fallen die Produktionsmittel in die Hand der vom Volk organisierten Rätemacht, wird der Staat überflüssig, schließlich gibt es kein Kapital und keine Klassen mehr. Die Produktion dient dem direkten Bedarf des Volkes.

In einem Brief an Bebel schrieb Engels, im Zusammenhang mit dem Gothaer Programmentwurf: „Man sollte das ganze Gerede vom Staat fallenlassen, besonders seit der Kommune, die schon kein Staat im eigentlichen Sinne mehr war ... Wir würden daher vorschlagen, überall statt Staat Gemeinwesen zu setzen ...“ (MEW 19/6f)

Der Staat, um Engels Worte zu bedienen, „stirbt ab“. Vorkapitalistische Imperien, Reiche und Stadt„staaten“ sind m.E. keine Staaten in dem Sinne. Nicht jede Verwaltungsstruktur setzt einen Staat voraus.

Sauerländer
01.12.2009, 23:15
Natürlich sind es Menschen, die den Staat bilden, genauso wie es nicht "den Kapitalismus" gibt. Aber macht das wirklich einen so großen Unterschied? Menschen bedienen sich vorhandenen Strukturen. Das war immer so und wird immer so sein. Diesen Strukturen jede Eigendynamik abzusprechen halte ich für falsch. Daher geht es nicht rein desktruktiv darum den Staat zu zerschlagen und dann mal zu gucken, was so passiert, sondern Alterntiven und Organisationsformen anzubieten, um zu zeigen, dass es auch anders gehen kann. Strukureller Anarchismus, wenn du so willst.
Sagen wir es so: Ich würde Strukturen keineswegs eine Eigendynamik absprechen, im Gegenteil, dafür sehe ich den modernen Nationalstaat, wie wir ihn kennen, viel zu sehr von der Notwendigkeit der Aufstellung und Verwaltung des Massenheeres bestimmt, und dieses wiederum davon, dass die Verbreitung der Feuerwaffen eine egalitarisierende Wirkung im militärischen Bereich hatte, womit der Sieg keine Frage der Qualität mehr war, sondern zu einer der Quantität wurde.
Gleichzeitig würde ich aber Menschen nicht ausschließlich als von der Struktur bestimmt sehen. Oder ganz platt: Menschen mit Machttrieb, oder gar böse Menschen gibt es nicht erst durch entsprechende Strukturen. Die können das verstärken oder mehr davon hervorbringen, aber sie stehen nicht alleinig ursächlich dar. Weshalb eine Abschaffung entsprechender Strukturen in meinen Augen bestimmte Probleme, die aus den negativen Seiten des Menschen resultieren, nicht löst oder womöglich sogar verschärft. In diesem Sinne sehe ich, um einen etwas unpassend scheinenden Begriff zu wählen, den Bereich der Sicherheitspolitik als einen der Bereiche an, wo es in vielen anarchistischen Konzeptionen hochproblematisch wird. Ich will das keineswegs verallgemeinern - aber soweit ich erkennen kann, besteht dort eine deutliche Tendenz, sich in eine SEHR optimistische Anthropologie zu flüchten und das Negative als rein äusserlich, als strukturbedingt abzutun.
Damit ist man dann schnell wieder bei der Position, der Mensch müsse beherrscht werden, um das Böse zu unterdrücken. Wogegen man natürlich andererseits einwenden kann, gerade WEIL der Mensch das Böse in sich trage, sei es unverantwortlich, Menschen Macht zu geben. Anarchismus aus pessimistischer Anthropologie sozusagen. Nach dem Motto "Der Mensch ist nicht gut - aber wenn Macht ins Spiel kommt, wird alles nur schlimmer." Eine Position, die zugegebenermaßen durchaus was für sich hat.

Du wirst doch nicht Anarchie mit Anomie verwechseln ;)
Afghanistan und Somalia sind sozialdarwinistische Gesellschaften.
Diese Verwechslung passiert jedem bürgerlich sozialisierten gelegentlich, aber ich für meinen Teil habe dann doch vor ernsthaftem Anarchismus (was einen großen Teil der "Anarchisten" ausschließt) ausreichend Respekt, dass das nicht allzu oft geschieht. Nein, ich sehe durchaus, dass das keineswegs identisch ist.
Gleichwohl ich meinen würde, dass die Anomie eine Bedrohung ist, der die Anarchie in besonderer Weise ausgesetzt ist.
Im übrigen halte ich die afghanische und somalische Gesellschaft nicht für anomisch und auch nicht für sozialdarwinistisch (und Sozialdarwinismus nicht für anomisch. Er hat Werte. Rücksichtslose, brutale, abstoßende Werte - aber auch das sind Werte.).
Diese Gesellschaften HABEN einen Nomos. Clanstrukturen, persönliche Beziehungen und aus unserer Sicht vielleicht recht archaische Ehrbegriffe spielen dort eine Rolle. Das sind ANDERE Werte als bei uns - das bedeutet nicht, dass es KEINE sind.
Sozialdarwinismus wäre die bewusste Haltung, das Starke müsse geachtet werden um seiner Stärke willen, und das Schwache seiner Schwäche wegen getilgt werden. Ich habe nicht den Eindruck, dass das diese Gesellschaften zutreffend beschreibt.
Ich muss gerade denken an einen Artikel in der FAZ, in dem es darum ging, dass militante Islamisten beklagten, mit den Somalis ließe sich einfach nicht arbeiten, die zollten dem Islam Lippenbekenntnisse, aber sie seien einfach nicht bereit, sich unterzuordnen, womöglich noch einem Fremden, und sei er auch ein "Glaubensbruder".

Ich denke, es ist nicht von Grund auf ein politisches Problem, es wurde zu einem gemacht. Durch Konstrukte wie Staat, Marktwirtschaft usw. Inzwischen bedingen sich die anthropologischen und politischen Aspekte gegenseitig, aber irgendwo muss man ja ansetzen, oder?
Gar keine Frage. Was ich hingegen für der Prüfung bedürftig halte, wäre, ob ein bestehendes, NICHT ursächlich politisches Problem, das später ein deutlich politisches Element erhält, nicht eher an der Wurzel gepackt werden müsste, die nicht im politischen Bereich liegt. Es anders zu handhaben, hat ganz ohne Zweifel einen starken Reiz, alleine schon deshalb, weil zumindest theoretisch es noch vergleichsweise einfach ist, sich vorzustellen, wie man dort Einfluss zu nehmen habe, während das im anthropologischen Bereich wesentlich schwieriger ist, erst recht wenn aufgrund anarchistischer Prämisse autoritäre "Umerziehung" nicht nur als sinnlos, sondern als unzulässig gesehen wird, ja man sogar an den Punkt kommen könnte, dass es gar keine vollständige Lösung gibt.
Wie gesagt, es ist unglaublich verführerisch, diese Möglichkeit gar nicht in Betracht zu ziehen (gibt es mit anderen Problemstellungen in anderen ideologischen Bereichen ganz genauso, kenne ich auch von mir selbst), andererseits läuft man damit in meinen Augen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in die Irre.

Guter Punkt. Auf die Ukraine trifft das wohl zu, auch auf Teile Katalonien, aber Beispiele wie Barcelona oder Madrid zeigen, dass es anarchistische Lebensformen auch in Städten geben kann. Ich stimme dir aber vollkommen zu, dass die anarchistische Theorie momentan stagniert, bzw. es Schwierigkeiten gibt, sie auf eine technizistische Gesellschaft anzuwenden, wobei gerade im Industriebereich eine technische Weiterentwicklung die Grundlage für ein Funktionieren einer hierarchielosen Gesellschaft sein kann, weil der Arbeitsbegriff endlich neu definiert werden könnte.
Zunächstmal hat man das eigentlich ganz banale Phänomen, dass ein niedrigerer Technikstand in vielerlei Hinsicht der Herrschaft ganz einfach natürliche Grenzen setzt, alle möglichen Arten von Überwachung und Befehlausgabe einfach ausschließt. Und der Anstieg des Technikniveaus der Erfahrung nach gegen alle optimistische Erwartung Herrschaft nicht gemindert, sondern totalitarisiert hat.
Gleichzeitig ist das urbane Leben einfach nicht das, was man im Hinblick auf den Menschen als "Artgerechte Haltung" bezeichnen würde. Es geht einher mit diversen Entartungen, die nicht alle allein durch Hierarchie, materielle Ungleichheit und so weiter zu erklären sind. Gleichzeitig ist zuzugestehen, dass ohne urbanes Leben auf diesem Planeten nicht für 6 Milliarden Menschen Platz ist, nichteinmal für eine. Was, den absolut festen Willen zu seiner Aufgabe vorausgesetzt, den Willen zum (oder zumindest die Gleichgültigkeit gegenüber dem) Leichenberg impliziert, und damit ist man schon eher im Pol Pot´schen Bereich. Gleichwohl mancher Primitivist einwenden würde (und auch das ist keineswegs ohne Überzeugungskraft), der völlige Zusammebruch, der genau das bewirken würde, stehe früher oder später ohnehin an.

Was die Leistungsfähigkeit der industriellen Gesellschaft im Hinblick auf die Freiheit des Menschen angeht: Gewiss, sie macht ihn zunächstmal deutlich unabhängiger gegen die Natur (wobei auch das ein Stück weit nur vordergründig ist), und gleichzeitig ermöglicht sie theoretisch, dass bei besserer Verteilung einige Integration aller bei deutlich geringerer Arbeitszeit herrscht, auch durchaus orientiert am tatsächlichen BEDARF an Arbeit. Kaum jemand will wirklich GAR NICHT arbeiten - aber genauso will es kaum jemand, der ehrlich ist, acht Stunden am Tag. Da besteht gewiss Potenzial. Gleichwohl - den Zustand ohne abstrakten, nutzenungebunden Arbeitsbegriff - hatten wir ihn nicht bereits schon einmal, vor der Manufaktur, der Zeitmessung, der Entagrarisierung? Hat man nicht gerade mit dem entsprechenden "Fortschritt" das Unterworfensein deutlich ausgeweitet?

Natürlich, entsprechende Experimente hat es auch im städtischen Bereich gegeben. Und deren Ende war gewiss gewaltsamer Natur, was also nicht unbedingt etwas über ihre Funktionsfähigkeit aussagt, allenfalls über die, sich kämpfend zu behaupten (was allerdings, der Mensch ist, wie er ist, auch nicht völlig unbeachtet bleiben sollte), aber grundsätzlich ist festzuhalten: Das städtische, industrielle Leben ist ein unglaublich komplexes, arbeitsteiliges Leben. Das eines hohen Ausmaßes an Organisation bedarf. An unglaublich vielen Stellen müssen unglaublich viele Entscheidungen getroffen werden. Einen Konsens herzustellen ist dort viel schwerer, ebenso wie es häufig nur schwer überhaupt möglich ist, alle am Entscheidungsprozess zu beteiligen. Während es in einem solchen komplexen System gleichzeitig viel tötlicher ist, wenn jemand plötzlich seine spezifische Rolle nicht mehr spielt, weil er eine bestimmte Entscheidung nicht mitträgt und sich daher nicht an sie gebunden fühlt. Das bedingt eine gewisse Schwäche, die natürlich um so durchschlagender ist, wenn man in unmittelbarer Auseinandersetzung mit Systemen steht, die anders organisiert sind. Obwohl das natürlich auch über den Wagenburgeffekt helfen kann, bestehende interne Differenzen eine Weile lang zu kitten - ein Phänomen, das ich in Spanien durchaus auch am Werk sehen würde. Aber man kann wohl kaum eine permanente Belagerung wünschen, damit aus Notgedrungenheit die Zentrifugalkräfte in der Anarchie neutralisiert werden.
Ich will der Anarchie nicht generell die Lebensfähigkeit absprechen. Sie stellt sich in meinen Augen als problematisch dar aufgrund der menschlichen Natur, die ich als keineswegs "an sich gut", sondern als offen, damit aber auch stets durch den Einbruch des Bösen bedroht ansehen würde, aber das ist zunächstmal ein Problem, dem sich JEDER ideologische Ansatz stellen muss und das auch der autoritär-züchtigende Ansatz zumindest nicht abschließend zu lösen in der Lage war und ist.
Jedoch habe ich den massiven Eindruck, dass die Probleme, die sich einer anarchistischen Konzeption stellen, drastisch zunehmen, wenn man sie in einem urbanen, industriellen Kontext verortet, und obgleich ich das nicht abschließend behaupten würde, sehe ich zumindest die Möglichkeit, dass die Theorie da auf der Stelle tritt, weil sie dort vor eine Wand steht, weil es dort einfach nicht weiter geht.
Ich zumindest habe, wenn ich an Anarchie denke, und den Begriff nichtanomisch, also positiv verstehe, stets das Bild einfacher Bauerngesellschaften oder streng genommen sogar nichtmal derer, sondern das von Steinzeitmenschen vor Augen.
Und habe den Eindruck, dass man nur bedingt Macht über die Natur gewinnen kann, ohne dass gleichzeitig die Macht über den Menschen ins Spiel kommt.

Naja, vielleicht war die gute Freundschaft zwischen Jünger und Mühsam nicht ganz grundlos ;)
Sie waren beide radikale, profilstarke Menschen, die nicht davor zurückschreckten, Fragen konsequent an ihr Ende zu verfolgen und sich damit völlig gegen die Allgemeinheit oder gar letztlich alle anderen zu stellen ("Um Deutschland kann man sich nicht in Gesellschaft bemühen"...). Mühsam betreffend möchte ich mir kein Urteil anmaßen, den kenne ich ausschließlich über die Lektüre der "Unpolitischen Erinnerungen" (die allerdings ausreichen, einen gewissen Sympathiewert zu entdecken), was Jünger angeht, scheint es mir so zu sein, dass er einen anderen Menschen mit Ecken und Kanten, mit Eigenschaften, pathetisch gesprochen: mit Seele sah, was in der Massengesellschaft nicht unbedingt die Regel war und ist. Es ist einfach, die Massen zu verachten, zu hassen, ihnen die Peitsche zu gönnen, und gleichzeitig sehr schwer, sie zu respektieren, gar zu lieben. Mit Einzelmenschen ist das ganz anders. Aber dazu muss man sie erstmal als Einzelmenschen wahrnehmen. Und das hat ihm Erich Mühsam gewiss leichter gemacht als die meisten anderen Zeitgenossen.