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Apotheos
22.11.2009, 18:15
Kommunismus und Demokratie



Der "erste Schritt in der Arbeiterrevolution (ist) die Erhebung des Proletariats zur herrschenden Klasse, die Erkämpfung der Demokratie" heißt es im Manifest der Kommunistischen Partei von 1848. Jedoch seit langem schon ist die Vorstellung verbreitet, dass Sozialdemokraten für Demokratie, nicht für wirklichen Sozialismus, die Kommunisten für den Sozialismus, aber nicht für richtige Demokratie eintreten würden.

Die SED-Bibel "Wörterbuch des wissenschaftlichen Kommunismus" bestätigt nur diesen Eindruck, denn weder sind dort Menschenrechte erwähnt, noch gibt es Stichwörter für Freiheit, Emanzipation, oder Unterdrückung. Demokratie erscheint als "sozialistische Demokratie", von der es dort heißt: "sie ist der höchste Typ der politischen Demokratie, den die Geschichte kennt. Durch sie werden die formale bürgerliche Demokratie überwunden und erstmals die reale Volksherrschaft verwirklicht...Voraussetzung und höchster Ausdruck der sozialistischen Demokratie ist die Verwirklichung der wachsenden Füh-rungsrolle der marxistisch-leninistischen Partei." (Berlin, 2. Aufl. 1984, S. 345)

Sozialistischer „Vater Staat“

Die SED-Herrschaft in der früheren DDR ließ sich nur unter Vergewaltigung der Vernunft als Verwirklichung wahrer Demokratie ausgeben. Gegenüber dem heutigen China machen Sinologen und "China-watchers" viel Aufhebens von der Feststellung, dass politische Strukturen und politisches Denken im sozialistischen China stark vom Konfuzianismus und der Tradition des Kaiser*hofes beeinflusst sind. Dass der chinesische Kaiser ein "Mandat des Himmels" gehabt habe, entsprach ungefähr der europäischen Vorstellung vom Gottesgnadentum des Herrschers. Anders als in der europäischen Geschichte billigten die chinesischen Gelehrten den Bauern jedoch ein Recht auf Revolution zu, falls der Kaiser und sein Beamtenapparat besonders korrupt war. Dann fiel das himmlische Mandat in die Hände von aufständischen Bauernführern, die eine neue Kaiserdynastie begründeten. Sie stürzten den Kaiser, aber nicht den Kaiserthron.

Patriarchalisches oder bevormundendes Denken durchdringt heute noch öffentliches und privates Leben in China. In den Familien werden Kinder nicht mit ihrem Namen, sondern mit der Rangfolge ihrer Geburt gerufen, die ihren Einfluss in der Familie begründet: großer Bruder, große Schwester, zweiter Bruder, zweite Schwester, dritter Bruder usw. In vielen Fällen entscheiden Eltern noch über die Hochzeitspartner ihrer Söhne und Töchter. Die Bezeichnung "Kind" wird frühestens mit der Eheschließung abgelegt. Selbst für 30-jährige ist es nichts ungewöhnliches, wenn sie in der Öffentlichkeit als "Kinder" bezeichnet werden, vor allem, wenn es sich um Frauen handelt.

In der Armee-Zeitung schrieb kürzlich ein Kommentator: "Als China noch feudalistisch war, bezeichneten einfache Leute die Beamten als ihre "Eltern". Sie hatten die Macht von Halbgöttern und kleinen Kaisern und trafen lebenswichtige Entscheidungen für ihre Untertanen genau wie Eltern gegenüber ihren Kindern. Zu meinem Erstaunen haben auch heute noch viele Leute dieselbe Vorstellung. Einige Zeitungen haben sogar Kolumnen eröffnet, die zum Beispiel heißen: "Städtische Beamte - unsere Eltern". Statt sich wie Eigentümer des Staates aufzuführen, sollten sich die Beamten auf den verschiedenen Verwaltungsebenen des Staates besser wie Diener des Volkes verhalten." (vgl. China Daily, 19.12. 1992)

Ob sich chinesische Funktionäre wie "Väter" oder wie "Diener" aufführen, liegt weitgehend in ihrem eigenen Ermessen. Ihre Untergebenen haben kaum systemkonforme Mittel, darauf Einfluss zu nehmen.

Aber mit der Feststellung, dass politische Strukturen und Gewohnheiten im Feudalismus wurzeln, ist nicht viel an Analyse gewonnen. Diese Sinologen tun so, als stammten die westlichen Regierungsformen aus dem Jahr 1945. Die europäischen Parlamente gehen auf alte Aristokratenversammlungen zurück und haben bisher wenig von ihrer Volksferne verloren. Die Büttel, Schergen und Lakaien, der ganze Beamtenstand stammt aus der Zeit des europäischen Absolutismus, und noch immer haben diese "Staatsdiener" soviel Privilegien, aber auch so wenig Freiheiten, dass sie als botmäßiges Werkzeug jeder Regierung dienen. Dieselbe Beamtenschaft folgte Hitler bis zum letzten Atemzug und diente anschließend herüben Adenauer und Erhard und drüben Ulbricht und Honecker. Das deutsche Offizierskorps schließlich geht auf das mittelalterliche Ritterheer zurück, und bewahrt immer noch so sehr seine Sonderexistenz gegenüber der Gesellschaft, dass sein Vorhandensein und seine Tätigkeit sorgsam aus den Zeitungsspalten ferngehalten werden.

Sowohl in der absurden Theorie von der "realen Volksherrschaft" in der DDR wie bei den vordemokratischen Verhältnissen in China fallen Kommunismus und Demokratie auseinander. Allerdings führen Rückschlüsse von den politischen Verhältnissen in der DDR auf das heutige China fast immer in die Irre: In der DDR war auf Seiten der Obrigkeit wie bei den "Untertanen" die Situation eher schlimmer als in China: Die Macht der SED war von außerhalb, von Moskau aus, begrenzt, was die Machtkontrolle von Seiten der Bevölkerung nur erschwerte. Und die DDR-Bevölkerung bewahrte besonders brav ihren preußischdeutschen, nationalsozialistisch geformten Untertanengeist.

In China dagegen fürchten die Parteioberen "ihr" Volk um so mehr, als sie einerseits nicht mit der Intervention sowjetischer Panzer drohen können, und andererseits viele Chinesen noch eine anarchische Spontaneität besitzen, die nicht davor zurückschreckt, unliebsame Entscheidungen der Parteiführung dadurch unwirksam zu machen, dass die lokalen "Volksdiener" verprügelt werden. Viele Dekrete und Bestimmungen in China gelten wie die Verkehrsregeln nur in Sichtweite der Vorgesetzten.

Friedrich Engels definierte einmal einen "Staat mit despotischer Regierung" als den Staat, der "frei gegenüber seinen Bürgern ist" (F. Engels in dem Brief an August Bebel vom 18./28. März 1975), so dass die Bürger dem Willen der Regierung schutzlos ausgeliefert sind. Nach diesem Kriterium war die SED-Regierung mindestens so despotisch wie das heutige China.

Einige Schlaumeier verfielen auf die Idee, allen Ländern, die nicht ihrem Demokratie-verständnis entsprachen, den sozialistischen Charakter abzusprechen. Entweder ist das nur ein Streit um Worte oder diese Leute glauben, Staatsformen wälzten sich im Gleichschritt zusammen mit den Eigentumsverhältnissen um, und jede Produktionsweise würde jeweils nur einen bestimmten Staatstyp zulassen. Lenin sprach sogar von der Möglichkeit, "dass im Kommunismus nicht nur das bürgerliche Recht eine gewisse Zeit fortbesteht, sondern sogar auch der bürgerliche Staat - ohne Bourgeoisie!" (Lenin: Staat und Revolution. In: Ausgewählte Werke in 3 Bänden, Berlin 1970. 8. Aufl., Band 2, S. 400) Warum nicht auch ein Gemisch aus feudalem und bürgerlichem Staat in China?

Die blutige Niederwerfung der Protestbewegung von 1989 konnte im Ausland den falschen Eindruck erwecken, die Macht der chinesischen Kommunisten stütze sich hauptsächlich auf Panzer und Angst. Solange die chinesische KP erfolgreich die wirtschaftliche Rückständigkeit Chinas beseitigt und den Lebensstandard hebt, hat sie die Unterstützung der großen Mehrheit, auch wenn niemand daran zweifeln kann, dass die gleiche Mehrheit mit den politischen Verhältnissen unzufrieden ist. In einer Umfrage von 1992 unter 50.000 chinesischen ArbeiterInnen äußerten 77 Prozent die Ansicht, dass "politische Demokratie die Wirtschaftsentwicklung fördere".( China Daily, 4.4.1993)

Weiter gehts hier: http://www.marx-forum.de/geschichte/china/demokratie.html

politisch Verfolgter
23.11.2009, 15:31
Weg mit dem AffenschiebereiDreck, her mit goldenen Anbieternetzen.
Wer einem gesetzgeberisch und ÖDlerisch mit "Arbeitnehmer" daherkommt, ist ein Verbrecher, hat dort nichts verloren, gehört hinter Gitter.

Ajax
23.11.2009, 19:14
Kommunismus und Demokratie...

...ist beides abzulehnen. :]

Kenshin-Himura
23.11.2009, 19:46
...ist beides abzulehnen. :]

Wow, wie provokant. :rolleyes:

borisbaran
23.11.2009, 19:51
Wow, wie provokant. :rolleyes:
Na ehr wow, wie hirnlos....

Kenshin-Himura
23.11.2009, 19:53
Na ehr wow, wie hirnlos....

Du findest den Kommunismus also gut?

Na ja, wäre bei deinem Hintergrund ja auch nicht ungewöhnlich, das sieht man dir ja auch an der Nase an...

borisbaran
23.11.2009, 20:00
Du findest den Kommunismus also gut?
Nien.

Na ja, wäre bei deinem Hintergrund ja auch nicht ungewöhnlich, das sieht man dir ja auch an der Nase an...
Geh und schieb dir deine antisemtischen Anspielungen dahin, wo keine Sonne hinscheint.

BRDDR_geschaedigter
23.11.2009, 21:16
Eine reine Demokratie ist natürlich abzulehnen, denn da herrschen null beschränkungen für das Parlament.

arnd
23.11.2009, 21:31
Eine reine Demokratie ist natürlich abzulehnen, denn da herrschen null beschränkungen für das Parlament.

Welche sinnvolle Alternative gibt es zur Demokratie?

Apotheos
23.11.2009, 21:51
Eine reine Demokratie ist natürlich abzulehnen, denn da herrschen null beschränkungen für das Parlament.

Polemisch könnte ich erwiedern, dass es eine "unreine" Demokratie nicht gibt.

Rowlf
24.11.2009, 01:42
Eine reine Demokratie ist natürlich abzulehnen, denn da herrschen null beschränkungen für das Parlament.

Was ist denn eine reine Demokratie?

Don
24.11.2009, 07:22
Weiter gehts hier: http://www.marx-forum.de/geschichte/china/demokratie.html

Kommunismus IST Demokratie. Ich meine, 99,5% sind doch superdemokratisch oder?

FranzKonz
24.11.2009, 07:34
Kommunismus IST Demokratie. Ich meine, 99,5% sind doch superdemokratisch oder?

Wahlergebnisse wie beim Parteivorsitz der Union. :))

Don
24.11.2009, 07:45
Wahlergebnisse wie beim Parteivorsitz der Union. :))

Da drehe ich die Hand nicht rum.

PSI
24.11.2009, 11:18
Sozialismus muss Demokratie sein.

Kommunismus ist Staaten- bzw. Systemlos, und deshalb strenggenommen auch keine Demokratie oder sonst etwas.

Apotheos
24.11.2009, 15:20
Kommunismus IST Demokratie. Ich meine, 99,5% sind doch superdemokratisch oder?

Dann nehm mal ein Geschichtsbuch in die Hand und lese sozialistische Theorie, insbesondere Bakunin "Der Staat und seine historische Aufgabe". Der Name Bakunin sollte dir gewiss ein paar Informationen darüber geben, wie differenziert man das Ganze betrachten kann, bin ich doch libertärer Marxist.

Apotheos
24.11.2009, 15:25
Kommunismus ist Staaten- bzw. Systemlos, und deshalb strenggenommen auch keine Demokratie oder sonst etwas.

Was man nur strenggenommen so betrachten muss. Ist ja eher eine Definitionsfrage. Wenn der Zustand vollgesellschaftlicher Rätepartizipation hergestellt ist, dann gibt es natürlich keine "Demokratie" im eigentliche Sinne, da es keinen Staat mehr gibt und dem Volk übergeordnete Instanz, sondern das Volk ist die Instanz, die letztlich entscheidet. Das wäre dann auch die klassenlose Gesellschaft.

Don
24.11.2009, 15:25
bin ich doch libertärer Marxist.

Ist das so etwas wie ein moderater Taliban?

leuchtender Phönix
24.11.2009, 15:25
Dann nehm mal ein Geschichtsbuch in die Hand und lese sozialistische Theorie, insbesondere Bakunin "Der Staat und seine historische Aufgabe". Der Name Bakunin sollte dir gewiss ein paar Informationen darüber geben, wie differenziert man das Ganze betrachten kann, bin ich doch libertärer Marxist.

Ich habe leider keine Geschichtsbücher, die sich mit solch nebensächlischen Theorien beschäftigen. Aber dafür einige mit realen Ereignissen, wie den ganzen sozialistischen Diktaturen.

Apotheos
24.11.2009, 15:29
Ich habe leider keine Geschichtsbücher, die sich mit solch nebensächlischen Theorien beschäftigen. Aber dafür einige mit realen Ereignissen, wie den ganzen sozialistischen Diktaturen.

... wobei du offenbar nicht genügend geschichtliches Wissen hast, wenn es um freiheitliche Sozialismen geht, wie der Spanischen Sozialistischen Republik. Dass die Staatssozialismen alle eine Ähnlichkeit besitzen liegt wohl an ihrem leninistischen Etatismus. Hat mit libertären Marxismus aber nichts gemein.

Don
24.11.2009, 16:35
... wobei du offenbar nicht genügend geschichtliches Wissen hast, wenn es um freiheitliche Sozialismen geht, wie der Spanischen Sozialistischen Republik.

Die war auch klasse, ja.
Der einzige Grund weshalb der die großen Belüger der Menschheit nachtreuern ist, daß sie nicht über's Embrionalstadium rauskam um ihre häßliche Fratze zu zeigen.



Dass die Staatssozialismen alle eine Ähnlichkeit besitzen liegt wohl an ihrem leninistischen Etatismus. Hat mit libertären Marxismus aber nichts gemein.

Wissen wir. Kommunismus hat nichts mit Kommunismus zu tun.

Apotheos
24.11.2009, 16:44
Wissen wir. Kommunismus hat nichts mit Kommunismus zu tun.

Wenn du diskutieren willst, dann bitte fundiert und mit historischen Quellen, Anhaltspunkten usw., denn eine weitere polemische Diskussion will ich nicht schon wieder. Klar? Also, wenn dein Interesse mehr sein sollte, als bloße Polemik, sondern vielleicht darin bestünde, wirklich zu reden, dann bin ich bereit für weiter Unterhaltungen nach diesem Beitrag. Der leninistische Sozialismus hatte zwar den Anspruch kommunistisch zu sein, aber mit dem antietatistischen Sozialismus hat er definitionsgemäß nichts gemein. Als libertärer Kommunist stehe ich dem Anarchismus deutlich näher.

Pescatore
24.11.2009, 16:57
Ist das so etwas wie ein moderater Taliban?

Nein, einer der Marx nicht verstanden hat und vor allem nicht die Schwierigkeiten die es bereitet, den stumpfsinnigen und knechtsseligen Teil der Bürger auch "geistig" zu befreien. Daran ist Lenin, bedingt durch seinen frühen Tod, gescheitert und Stalin konnte die KP, die aus nachvollziehbaren Gründen in der Übergangszeit auch die wichtigen Stellen in der (rückständigen) Wirtschaft besetzen musste, usurpieren. Damit war der angebliche "Etatismus" geboren, "Etatismus" bzw. die Kontrolle der wichtigsten Positionen durch die revolutionäre Partei ist in der Übergangszeit zwangsläufig und notwendig (es sei denn, man gehört zur rein "anarchistischen" Fraktion die als Handlungsmaxime einen Staat aber dann innerhalb kürzester Zeit auf die Tauschwirtschaft zurückführen wird). Stalin konnte diesen Etatismus und die Parteibürokratie als neue Herrscherschicht festigen in dem er ALLE Idealisten/Leninisten killte.

Don
24.11.2009, 17:17
Nein, einer der Marx nicht verstanden hat und vor allem nicht die Schwierigkeiten die es bereitet, den stumpfsinnigen und knechtsseligen Teil der Bürger auch "geistig" zu befreien. Daran ist Lenin, bedingt durch seinen frühen Tod, gescheitert und Stalin konnte die KP, die aus nachvollziehbaren Gründen in der Übergangszeit auch die wichtigen Stellen in der (rückständigen) Wirtschaft besetzen musste, usurpieren. Damit war der angebliche "Etatismus" geboren, "Etatismus" bzw. die Kontrolle der wichtigsten Positionen durch die revolutionäre Partei ist in der Übergangszeit zwangsläufig und notwendig (es sei denn, man gehört zur rein "anarchistischen" Fraktion die als Handlungsmaxime einen Staat aber dann innerhalb kürzester Zeit auf die Tauschwirtschaft zurückführen wird). Stalin konnte diesen Etatismus und die Parteibürokratie als neue Herrscherschicht festigen in dem er ALLE Idealisten/Leninisten killte.

Schön. Ändert aber nichts daran daß die geitig befreiten Bürger dann weiterhin die Brötchen backen und die Etatisten oder Anarchisten beanspruchen dieselben geschmiert zu bekommen.

Apotheos
24.11.2009, 17:19
Nein, einer der Marx nicht verstanden hat und vor allem nicht die Schwierigkeiten die es bereitet, den stumpfsinnigen und knechtsseligen Teil der Bürger auch "geistig" zu befreien. Daran ist Lenin, bedingt durch seinen frühen Tod, gescheitert und Stalin konnte die KP, die aus nachvollziehbaren Gründen in der Übergangszeit auch die wichtigen Stellen in der (rückständigen) Wirtschaft besetzen musste, usurpieren. Damit war der angebliche "Etatismus" geboren, "Etatismus" bzw. die Kontrolle der wichtigsten Positionen durch die revolutionäre Partei ist in der Übergangszeit zwangsläufig und notwendig (es sei denn, man gehört zur rein "anarchistischen" Fraktion die als Handlungsmaxime einen Staat aber dann innerhalb kürzester Zeit auf die Tauschwirtschaft zurückführen wird). Stalin konnte diesen Etatismus und die Parteibürokratie als neue Herrscherschicht festigen in dem er ALLE Idealisten/Leninisten killte.

Korrekt. Wobei: Die Differenzierung zwischen Stalin und Lenin nur theoretisch umrissen ist. Es könnte genauso sein, dass Stalin nur die Folge der leninistischen Ideen war, was ich momentan sogar für sehr wahrscheinlich halte. Auch das erfordert weitere Studien meinerseits.

Apotheos
24.11.2009, 17:23
Schön. Ändert aber nichts daran daß die geitig befreiten Bürger dann weiterhin die Brötchen backen und die Etatisten oder Anarchisten beanspruchen dieselben geschmiert zu bekommen.

Nein. Etatisten sind nicht Anarchisten. Die Anarchisten/Sozialisten/Kommunisten arbeiten natürlich auch. Dass linke gerne arbeitslos sind entspricht zwar der Polemik vieler politischer Gegner, aber nicht der Realität. Eine Frage ist eben nur für wen ich arbeite, zu welchem Zweck und in welchen Verhältnissen ich das für mich gut finde oder eben nicht.

PSI
24.11.2009, 17:52
Nein. Etatisten sind nicht Anarchisten. Die Anarchisten/Sozialisten/Kommunisten arbeiten natürlich auch. Dass linke gerne arbeitslos sind entspricht zwar der Polemik vieler politischer Gegner, aber nicht der Realität. Eine Frage ist eben nur für wen ich arbeite, zu welchem Zweck und in welchen Verhältnissen ich das für mich gut finde oder eben nicht.

Prawda.

Pescatore
24.11.2009, 18:41
Schön. Ändert aber nichts daran daß die geitig befreiten Bürger dann weiterhin die Brötchen backen und die Etatisten oder Anarchisten beanspruchen dieselben geschmiert zu bekommen.

Anarchisten können außen vor bleiben da sie in größerer Zusammenballung nicht lebensfähig sind. Und WIE man den Übergang organisiert ist eine durchaus berechtigte Frage die im großen einmal (einmal!) versucht wurde und misslang, im kleinen sich aber durchaus als praktikabel erwieß. In einer freien, gebildeten Gesellschaft wird es außerdem immer noch genug Menschen geben die mit Brötchenschmieren zufrieden sind.

Wollen wir jetzt im Gegenzug aufzählen wer sich in der freiesten aller westlichen Gesellschaften die Brötchen schmieren lässt, also KEINERLEI gesellschaftlich nützliche Arbeit leistet obwohl in der Summe Milliarden verbrannt werden?

Pescatore
24.11.2009, 18:54
Korrekt. Wobei: Die Differenzierung zwischen Stalin und Lenin nur theoretisch umrissen ist. Es könnte genauso sein, dass Stalin nur die Folge der leninistischen Ideen war, was ich momentan sogar für sehr wahrscheinlich halte. Auch das erfordert weitere Studien meinerseits.

Dann hätte Stalin nicht alle (ALLE) Leninisten (also im Prinzip die alten Bolschewiki der Revolution) umbringen müssen um sie durch Kriecher und Schleimer in der Form moderner Sozialdemokraten zu ersetzen.

Lenin = Stalin ist ein griffige Parole die sich hartnäckig in der Welt hält und die vor allem vertreten wurde durch:

a) Stalin, da Lenin seine einzige Rechtfertigung war, er führte den Leninkult ein, er missachtete selbst Lenins Wünsche bezüglich eines einfachen, bürgerlichen Grabes bei seiner restlichen Familie.
b) Den Westen, denn durch nichts ließ sich Lenin und der Kommunismus an sich besser diskreditieren (da lässt sogar Onkel Popper seinen schwarzen Schwan wo er ist)
c) Die unter dem um sich greifenden Faschismus leidenden Kommunisten in Europa denn nur so konnten sie sich Hoffnung erhalten, egal wie oft Stalin die Kommunisten Europas verriet oder wieviele Flüchtlinge er, auch mit Hilfe der freiheitlich-westlichen SPD-Ikone Wehner auch killen ließ.

Apotheos
24.11.2009, 19:04
Dann hätte Stalin nicht alle (ALLE) Leninisten (also im Prinzip die alten Bolschewiki der Revolution) umbringen müssen um sie durch Kriecher und Schleimer in der Form moderner Sozialdemokraten zu ersetzen.

Könnte auch bloße Machtsicherung gewesen sein.


Lenin = Stalin ist ein griffige Parole die sich hartnäckig in der Welt hält und die vor allem vertreten wurde durch:

Lenin wollte den sozialistischen Übergangsstaat. Ich finde schon, dass man vermuten kann, dass ein solcher Etatismus zur Bürokratisierung führt. Eine Revolution über eine staatliche Machtsicherung durchzusetzen, heißt diese eben auch durchzusetzen, in dem man sich der Unterdrückungsmechanismen eines Staates bedient. Dies führt letztlich zur Herausbildung einer Bürokratenschicht, welche das Volk unterdrückt, als selbsternannte proletarische Avantgarde. Jeder, der den Staat kritisiert, ist ein potentieller Konterrevolutionär und deswegen unter Umständen automatisch in Lebensgefahr. Das führt wiederum zu mangelnder Opposition gegen die zentralistische Regierung und nicht zur Mündigwerdung des Volkes. Denn mündig ist im eigentlichen Sinne nur jemand, der auch gelernt hat selbstverantworlich zu leben und zu kritisieren.

leuchtender Phönix
24.11.2009, 19:26
... wobei du offenbar nicht genügend geschichtliches Wissen hast, wenn es um freiheitliche Sozialismen geht, wie der Spanischen Sozialistischen Republik. Dass die Staatssozialismen alle eine Ähnlichkeit besitzen liegt wohl an ihrem leninistischen Etatismus. Hat mit libertären Marxismus aber nichts gemein.

Solche Eintagsfliegen beachte ich nicht. Die existierte viel zu kurz, um eine Aussage darüber zu machen. In Venezuela wird die Demokratie seit Chavez Machtantrritt Stück für Stück abgebaut.

Waldgänger
24.11.2009, 23:53
Lenin wollte den sozialistischen Übergangsstaat. Ich finde schon, dass man vermuten kann, dass ein solcher Etatismus zur Bürokratisierung führt. Eine Revolution über eine staatliche Machtsicherung durchzusetzen, heißt diese eben auch durchzusetzen, in dem man sich der Unterdrückungsmechanismen eines Staates bedient. Dies führt letztlich zur Herausbildung einer Bürokratenschicht, welche das Volk unterdrückt, als selbsternannte proletarische Avantgarde. Jeder, der den Staat kritisiert, ist ein potentieller Konterrevolutionär und deswegen unter Umständen automatisch in Lebensgefahr. Das führt wiederum zu mangelnder Opposition gegen die zentralistische Regierung und nicht zur Mündigwerdung des Volkes. Denn mündig ist im eigentlichen Sinne nur jemand, der auch gelernt hat selbstverantworlich zu leben und zu kritisieren.

Gut beschrieben. Der Stalinismus war Folge des leninistischen Prinzips der - falsch verstandenen - Diktatur des Proletariats, ein Theorie, die bereits strukturelle Probleme in sich trug.

Aber lassen wir Marx selbst zu Wort kommen:

„Heißt dies, daß es nach dem Sturz der alten Gesellschaft eine neue Klassenherrschaft geben wird, die in einer neuen politischen Gewalt gipfelt? Nein. Die Bedingung der Befreiung der arbeitenden Klasse ist die Abschaffung jeder Klasse, wie die Bedingung der Befreiung des dritten Standes, der bürgerlichen Ordnung, die Abschaffung aller Stände war. Die arbeitende Klasse wird im Laufe der Entwicklung an die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft eine Assoziation setzen, welche die Klassen und ihren Gegensatz ausschließt, und es wird keine eigentliche politische Gewalt mehr geben, weil gerade die politische Gewalt der offizielle Ausdruck des Klassengegensatzes innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft ist.“

(„Das Elend der Philosophie“ (1846-1847) MEW 4 S. 181f.)

Die Aufhebung des Staates beginnt bereits während des Aufbaus des Sozialismus, denn nach Marx ist dieser wesentlich als „Frühphase des Kommunismus“ (Marx) zu verstehen, der sich vom entfalteten Kommunismus einzig darin unterscheidet, dass es noch eine Koppelung zwischen Geben und Nehmen gibt, ich also erst nach erbrachter Arbeitsleistung meinen Anteil an der gesellschaftl. Produktion entnehmen kann, wogegen im entwickelten Kommunismus „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jeder nach seinen Bedürfnissen“ lebt und tätig ist.

In Marx' Schrift zum „Bürgerkrieg in Frankreich” heißt es weiter:

„Die (Pariser) Kommune war eine Revolution gegen den Staat selbst, gegen diese übernatürliche Fehlgeburt der Gesellschaft; sie war eine Rücknahme des eignen gesellschaftlichen Lebens des Volkes durch das Volk und für das Volk. Sie war nicht eine Revolution, um die Staatsmacht von einer Fraktion der herrschenden Klasse an die andre zu übertragen, sondern eine Revolution, um diese abscheuliche Maschine der Klassenherrschaft selbst zu zerbrechen.”

Die Diktatur des Proletariats ist bei Marx mehr polemisch und propagandistisch zu verstehen. Wenn der Begriff überhaupt auftaucht, dann verstanden als soziales Diktat der Arbeiterschaft, im Moment der Aneignung der gesellschaftl. Produktionsmittel. Nach dieser Tat geht diese aber sofort in die sozialistische Rätedemokratie und in die Aufhebung von Staat, Kapital und Markt über. Keine Ergreifung der Staatsmacht!

Der späte Marx hat seine früheren Irrtümer, es wäre notwendig die Staatsmacht zu erobern und diese zu zentralisieren, anhand der Erfahrung der Pariser Kommune, dahingehend erkannt und wäre gar nicht erst zur leninistischen Schlussfolgerung gekommen, er verwarf sie explizit. Im Prozess des sozialistischen Aufbaus selbst, löst die Arbeiterklasse das Kapital und damit sich selbst als Klasse auf. Nicht erst in ferner Zukunft der utopisch verbrämten kommunistischen Ära.

Die staatlichen Funktionen sterben durch die Kommunalisierung des Lebens, und der Zusammenlegung von Politik und Ökonomie in den Organen der Volksräte, nach und nach ab, ersetzt durch ein Netzwerk der Kommunen und verschiedener Projekte an denen sich die Menschen beteiligen. Als Koordination dienen nationale und internationale Rätekongresse.