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Vollständige Version anzeigen : Die Macht der Tradition beginnt in der Küche, zum Beispiel



Gärtner
09.11.2009, 17:46
http://img18.imageshack.us/img18/7460/23593436.jpgennt Ihr das eigentlich? Überkommene Bräuche und Sitten, in der Familie von Generation zu Generation weitergeben, kleine Eigenheiten, die man automatisch übernommen hat, die in Fleisch und Blut übergegangen sind, sodaß ihre Änderung oder gar Abschaffung völlig unmöglich erscheint... Ein schönes Beispiel dafür ist die Art und Weise, welches Handtuch in der Küche welchem Zwecke dient:

Mit der Handtuchordnung verhält es sich in meiner Familie seit Menschengedenken, mindestens aber seit über Hundertfünfzig Jahren nämlich so: Glashandtücher sind stets und ohne Ausnahme weißblaukariert (oder auch blaugestreift), niemals aber in einer anderen Farbe. Geschirrhandtücher können in jeder sonstigen Farbe und Kombination gestreift oder kariert sein, nur nicht blau. Die Handtücher für das Schwarzgeschirr schließlich sind meistens einfarbig, auf jeden Fall aber dunkel und können gerne auch großformatige Muster oder Motive tragen, im Stoff sind sie meist ein wenig stärker als die übrigen.

http://img121.imageshack.us/img121/4634/handtuch1.jpg

Wie sehr so etwas prägt, merke ich jedesmal, wenn ich woanders bei Freunden zu Besuch bin und beim Abtrocknen helfe. Es ist bereits ein merkwürdiges Gefühl, ein Weinglas mit einem rot- oder grünkarierten Handtuch zu polieren, aber völlig undenkbar ist das Ansinnen, die große Bratpfanne mit einem unschuldig-zarten blauweißen Handtuch abzutrocknen. Man wird es schließlich danach nie wieder benutzen können...


Erzähl doch mal, gibt es dergleichen bei Euch auch?

Haspelbein
09.11.2009, 18:11
[...]
Wie sehr so etwas prägt, merke ich jedesmal, wenn ich woanders bei Freunden zu Besuch bin und beim Abtrocknen helfe. Es ist bereits ein merkwürdiges Gefühl, ein Weinglas mit einem rot- oder grünkarierten Handtuch zu polieren, aber völlig undenkbar ist das Ansinnen, die große Bratpfanne mit einem unschuldig-zarten blauweißen Handtuch abzutrocknen. Man wird es schließlich danach nie wieder benutzen können...


Erzähl doch mal, gibt es dergleichen bei Euch auch?

Nimm es mir bitte nicht uebel, aber diese Betrachtung kommt mir irgendwie etwas kleinkariert vor. :D

Mütterchen
09.11.2009, 18:14
Nimm es mir bitte nicht uebel, aber diese Betrachtung kommt mir irgendwie etwas kleinkariert vor. :D

Ich dagegen finde das sehr rührend und komme mir wie ein Trampel vor. Ich ziehe nämlich einfach ein Geschirrtuch aus dem Schrank - das oberste eben. Und damit wird abgetrocknet, was eben zu trocknen ist. Ob Glas oder Porzellan oder Pfanne.

Settembrini
09.11.2009, 18:14
Das ist aber ein kompliziertes System. Bei uns in der Kueche gibt es ein Handtuch fuer die Haende und eins fuers Geschirr. Schon damit bin ich manchmal ueberfordert und neige zur Fehlanwendung. Auch bei meiner Mutter liegt - glaube ich - immer nur ein einziges Geschirrhandtuch aus, welches nach uebermaessiger Anwendung stante pede dem Waschkorb zugefuehrt und durch ein frisches ersetzt wird.

Zum Thema habe ich leider nichts anderweitiges beizutragen.

Don
09.11.2009, 18:20
Erzähl doch mal, gibt es dergleichen bei Euch auch?

So etwas gerät einem meist erst bei entsprechender Gelegenheit in den Sinn, aber natürlich gibt es das.

Ähnliches bei Geschirrtüchern. Nur nicht so pedantisch nach Farbton, sondern nach Intensität. Also Glastuch weiß oder zartes Pastell, Geschirrtuch kräftiges Karo und fürs Grobe der dicke Lappen.

Andere Dinge: die Alufolie von Butter wird ordentlich zusamengefaltet. Früher hob man das auf um damit Backbleche etc. einzufetten. Ich schmeiße es zwar weg da ich kein Backkönig bin, aber ich falte es immer noch vorher. Man weiß ja nie...

Haspelbein
09.11.2009, 18:23
Ich dagegen finde das sehr rührend und komme mir wie ein Trampel vor. Ich ziehe nämlich einfach ein Geschirrtuch aus dem Schrank - das oberste eben. Und damit wird abgetrocknet, was eben zu trocknen ist. Ob Glas oder Porzellan oder Pfanne.

Ich nehme mal an, 95% der Bevoelkerung machen sich da keine Gedanken drum. Ich weiss nicht, es gibt genug im Leben, um dass ich mich kuemmern muss, dann ist mir sowas ehrlich relativ gleich.

Und bezueglich der Kochkuenste meiner Mutter mache ich jetzt mal keine Aussagen. lol

Mark Mallokent
10.11.2009, 09:27
Es ist bereits ein merkwürdiges Gefühl, ein Weinglas mit einem rot- oder grünkarierten Handtuch zu polieren, aber völlig undenkbar ist das Ansinnen, die große Bratpfanne mit einem unschuldig-zarten blauweißen Handtuch abzutrocknen.

Ich finde es völlig undenkbar, überhaupt abzutrocknen. :smoke:

Mütterchen
10.11.2009, 09:31
Mir ist nach einem Tag immer noch nichts eingefallen, was ich vom Elternhaus her gewohnt bin, aber selbst auch 1:1 umsetze.
Das gibt mir langsam zu denken....:(

jak_22
10.11.2009, 09:37
Ich persönlich kann kein Brot wegwerfen. Sowohl mein Vater, als
auch meine Mutter haben nach dem Krieg intensiven Hunger kennen-
gelernt. Brot war - vor allen anderen Lebensmitteln - bei uns im
Haus etwas "Heiliges". Es landete niemals im Mülleimer. Und das
habe ich einfach so weiter gemacht, lange Zeit, ohne es zu reflektieren.

Eine der ersten Anschaffungen, als ich meinen eigenen Haushalt einrichtete,
war demzufolge ein guter Brotkasten. Darin wird Brot höchstens mal hart,
schimmelt aber praktisch nie, und lässt sich generell länger aufbewahren.

henriof9
10.11.2009, 09:42
Mir ist nach einem Tag immer noch nichts eingefallen, was ich vom Elternhaus her gewohnt bin, aber selbst auch 1:1 umsetze.
Das gibt mir langsam zu denken....:(

Muß es nicht, geht mir auch so.

Dafür entwickelt man eigene Macken.
Bei uns z.B. ist es so, daß das Besteck im Geschirrspüler einsortiert wird, also Gabeln, Messer, Löffel, Teelöffel ect. jeweils getrennt in Fächern, niemals vermischt.

jak_22
10.11.2009, 09:44
Muß es nicht, geht mir auch so.

Dafür entwickelt man eigene Macken.
Bei uns z.B. ist es so, daß das Besteck im Geschirrspüler einsortiert wird, also Gabeln, Messer, Löffel, Teelöffel ect. jeweils getrennt in Fächern, niemals vermischt.

Stimmt, machen wir auch so.

Pescatore
10.11.2009, 09:47
Mir ist nach einem Tag immer noch nichts eingefallen, was ich vom Elternhaus her gewohnt bin, aber selbst auch 1:1 umsetze.
Das gibt mir langsam zu denken....:(

Denk lieber nicht darüber nach, oder willst du dir mit den elterlichen Gängeleien auch noch den Rest deines Lebens versauen.

sibilla
10.11.2009, 10:01
ich habe sogar noch so ein handtuchbord an der wand hängen, mit original emailleschildchen und stab für das überhandtuch.

ist aber als regal zweckentfremdet.

grüßle s.

Mütterchen
10.11.2009, 10:02
Denk lieber nicht darüber nach, oder willst du dir mit den elterlichen Gängeleien auch noch den Rest deines Lebens versauen.

:))


Naja, ein bisschen darüber nachdenken darf man doch ruhig.
Alle Eltern gängeln ihre Kinder. Zumindest empfinden es alle Kinder so. Und es geht wohl auch nicht anders.
Ich kann eigentlich über meine Eltern nicht klagen. Eher gegenteilig, ich bin ganz ehrlich froh und dankbar für vieles, was sie mir mitgegeben haben.
Tradtionen empfinde ich als etwas Schönes.

Mir fällt nur trotzdem nichts ein, was ich ganz genauso tue.
Tradiert haben sie an mich wahrscheinlich eher Wertvorstellungen. Und, was mich manchmal ärgert - ich höre ab und an meine Mutter sprechen, wenn ich den Mund öffne.
Und das, obwohl ich mir vorgenommen habe, das NIE zu tun.

henriof9
10.11.2009, 10:03
ich habe sogar noch so ein handtuchbord an der wand hängen, mit original emailleschildchen und stab für das überhandtuch.

ist aber als regal zweckentfremdet.

grüßle s.

Und ich habe dazu sogar noch, von meiner Großmutter, die Übertücher dazu. :)

sibilla
10.11.2009, 10:07
Und ich habe dazu sogar noch, von meiner Großmutter, die Übertücher dazu. :)

also näää, die hab ich entsorgt, ich konnte das alte zeugs nicht mehr sehen :D

Pescatore
10.11.2009, 10:16
Mir fällt nur trotzdem nichts ein, was ich ganz genauso tue.
Tradiert haben sie an mich wahrscheinlich eher Wertvorstellungen. Und, was mich manchmal ärgert - ich höre ab und an meine Mutter sprechen, wenn ich den Mund öffne.
Und das, obwohl ich mir vorgenommen habe, das NIE zu tun.

Es geht halt nur um das Problem ob etwas beibehalten, weil es gut ist oder ob es nur beibehalten wird, weil es "althergebracht" ist. Man könnte in diesem Zusammenhang jetzt bspw. anmerken dass es kaum noch möglich ist, Geschirrtücher in der Qualität zu finden die mir meine Mutter mal vor was weiß ich wieviel Jahren als kleine "Aussteuer" geschenkt hat und die zwar inzwischen durchlöchert sind, aber unverdrossen fusselfrei ihren Dienst tun, DAFÜR bin ich bspw. meiner Mutter dankbar, nicht für irgendwelche vererbten Zwangshandlungen.

Mütterchen
10.11.2009, 10:25
Es geht halt nur um das Problem ob etwas beibehalten, weil es gut ist oder ob es nur beibehalten wird, weil es "althergebracht" ist. Man könnte in diesem Zusammenhang jetzt bspw. anmerken dass es kaum noch möglich ist, Geschirrtücher in der Qualität zu finden die mir meine Mutter mal vor was weiß ich wieviel Jahren als kleine "Aussteuer" geschenkt hat und die zwar inzwischen durchlöchert sind, aber unverdrossen fusselfrei ihren Dienst tun, DAFÜR bin ich bspw. meiner Mutter dankbar, nicht für irgendwelche vererbten Zwangshandlungen.

Viele althergebrachten Traditionen sind ja deswegen so alt, weil sie sinnvoll sind.
Zwangshandlungen gibt es natürlich auch. Aber solche wurden mir nicht vermittelt.

Manches, was früher, in meiner Kindheit, den Alltag regelte -das würde ich heute wohl auch anwenden. Nur, es hat sich sehr vieles verändert und ist demnach gar nich mehr so umzusetzen.