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Vollständige Version anzeigen : eine kleine Umfrage / Idee...?!



HartzIV-frusty_mitJobS11
17.03.2005, 21:44
Hallo - zunächst einmal kurz zu den Regeln - um dessen Einhaltung ich natürlich bemüht bin - jedoch wenn man die Politik zur Zeit verfolgt, so bleibt festzustellen, das euer §2 grundsätzlich von jedem Hier mehrmals täglich beherzigt werden muß :rolleyes: zum Glück habe ich 3 Hunde :D

Nun zu meiner kleinen Idee / Umfrage ( weil mich einfach andere Meinungen dazu interessieren)
Wir haben in Deutschland 2 große Parteien und 3 Kleinere ( ohne Sie nennen zu müssen weiß jeder welche gemeint sind) - zwischen denen der geneigte Wähler alle 4 Jahre die Qual der Wahl hat - hinzu kommen noch zahlreiche Kleinstparteien, die spätestens an der 5 % Hürde hängen bleiben - und von denen ( Sie mögen es mir verzeihen) ich auch nicht weiß, ob sie fähig wären, die Karre Deutschland aus dem tiefen Dreck zu ziehen.

Meine Idee ist es nun, eine Partei zur Wahl 2006 auf die Beine zu stellen, die nicht aktiv an der Regierung teilnimmt - es sei denn ( der Jackpot im Lotto wäre wahrscheinlicher) sie bekäme mehr als 66 % der Stimmen.

Die Partei würde zwar Konzepte und Inhalte bieten ( von eventuell mitmachenden Experten fundiert ausgearbeitet) - für dessen Umsetzung die Partei bei der Wahl stünde - vordergründig jedoch soll jeder Bürger, der mit der Politik der Vergangenheit unzufrieden ist - und nicht daran glaubt, das eine der anderen Parteien die Verhältnisse in diesem Land ( ohne DIESEN WARNSCHUß) nachhaltig bessert,
- sein Kreuz bei eben dieser Partei
- z.B. Partei der Nichtwähler ( PNW)
zu machen - zu kompliziert ?

somit jedenfalls würden die bei einer Wahl erreichten 40 % der stärksten Partei schonmal deutlich reduziert werden
- zum einen, weil die Menschen die sonst nicht wählen würden - dies nun vielleicht tun, und somit die Wahlbeteiligung ihrerseits aus dem Keller heraus kommt.

zum anderen, weil die unzufriedenen Wähler, die dennoch aus irgendwelchen Gründen ihr Kreuz an gewohnter Stelle machen - dieses vielleicht nicht mehr tun, da sie ja eine PROTESTMÖGLICHKEIT haben...

Schon in der Schule habe ich gelernt - nicht zur Wahl gehen...ist der falsche Weg...doch im Leben hab ich gelernt zur Wahl gehen ist auch nicht viel besser...aber vielleicht kann man SO etwas ändern in diesem unserem ( schwer verwundetem ) Lande...
Euer ?(
HartzIV-frusty mit Job S11 Körnchen

( ich möchte doch von meinem Gehalt auch irgendwann mal wieder LEBEN können) :( :rolleyes: ;) :D :] :cool:

DarkGod
18.03.2005, 04:15
Schon in der Schule habe ich gelernt - nicht zur Wahl gehen...ist der falsche Weg...doch im Leben hab ich gelernt zur Wahl gehen ist auch nicht viel besser...
Das ist leider war...

Trotzdem ist es eine Schnapsidee. Diese Partei würde dsnn doch im Bundestag nicht auftauchen, oder dort zumindest nicht mitgestalten. Stell dir mal folgendes vor: Diese Partei bekommt über ein Drittel der Stimmen. Dann könnte sie ALLES blockieren. Und es wäre nicht mehr möglich, überhaupt noch irgendwie zu regieren. Die anderen 5 Parteien würden niemals auf einen gemeinsamen Nenner kommen, um eine beschlussfähige Mehrheit zu haben. Deutschland wäre lahmgelegt. Und das macht es auch nicht besser...

Wahrheitssucher
18.03.2005, 10:20
Hallo - zunächst einmal kurz zu den Regeln - um dessen Einhaltung ich natürlich bemüht bin - jedoch wenn man die Politik zur Zeit verfolgt, so bleibt festzustellen, das euer §2 grundsätzlich von jedem Hier mehrmals täglich beherzigt werden muß :rolleyes: zum Glück habe ich 3 Hunde :D

Nun zu meiner kleinen Idee / Umfrage ( weil mich einfach andere Meinungen dazu interessieren)
Wir haben in Deutschland 2 große Parteien und 3 Kleinere ( ohne Sie nennen zu müssen weiß jeder welche gemeint sind) - zwischen denen der geneigte Wähler alle 4 Jahre die Qual der Wahl hat - hinzu kommen noch zahlreiche Kleinstparteien, die spätestens an der 5 % Hürde hängen bleiben - und von denen ( Sie mögen es mir verzeihen) ich auch nicht weiß, ob sie fähig wären, die Karre Deutschland aus dem tiefen Dreck zu ziehen.

Meine Idee ist es nun, eine Partei zur Wahl 2006 auf die Beine zu stellen, die nicht aktiv an der Regierung teilnimmt - es sei denn ( der Jackpot im Lotto wäre wahrscheinlicher) sie bekäme mehr als 66 % der Stimmen.

Die Partei würde zwar Konzepte und Inhalte bieten ( von eventuell mitmachenden Experten fundiert ausgearbeitet) - für dessen Umsetzung die Partei bei der Wahl stünde - vordergründig jedoch soll jeder Bürger, der mit der Politik der Vergangenheit unzufrieden ist - und nicht daran glaubt, das eine der anderen Parteien die Verhältnisse in diesem Land ( ohne DIESEN WARNSCHUß) nachhaltig bessert,
- sein Kreuz bei eben dieser Partei
- z.B. Partei der Nichtwähler ( PNW)
zu machen - zu kompliziert ?

somit jedenfalls würden die bei einer Wahl erreichten 40 % der stärksten Partei schonmal deutlich reduziert werden
- zum einen, weil die Menschen die sonst nicht wählen würden - dies nun vielleicht tun, und somit die Wahlbeteiligung ihrerseits aus dem Keller heraus kommt.

zum anderen, weil die unzufriedenen Wähler, die dennoch aus irgendwelchen Gründen ihr Kreuz an gewohnter Stelle machen - dieses vielleicht nicht mehr tun, da sie ja eine PROTESTMÖGLICHKEIT haben...

Schon in der Schule habe ich gelernt - nicht zur Wahl gehen...ist der falsche Weg...doch im Leben hab ich gelernt zur Wahl gehen ist auch nicht viel besser...aber vielleicht kann man SO etwas ändern in diesem unserem ( schwer verwundetem ) Lande...
Euer ?(
HartzIV-frusty mit Job S11 Körnchen

( ich möchte doch von meinem Gehalt auch irgendwann mal wieder LEBEN können) :( :rolleyes: ;) :D :] :cool:
Diesen Gedanken einer Nichtwähler-Partei habe ich auch schon öfter gehegt..
Ich mache dann bei mir die Ortsgruppe auf!

Eine solche Partei würde die Etablierten dazu zwingen, gemeinsam nach Lösungen zu suchen, da die normalen Mehrheitsverhältnisse (Partei groß plus Partei klein) dann nicht mehr gültig wären.
Der optimale Gedanke ist aber, das die Hinterbänkler, die sowieso niemand braucht, ihre Pfründe verlieren!

HartzIV-frusty_mitJobS11
18.03.2005, 21:49
schade - nur eine Reaktion - aber immerhin was positives....
ihr könnt ja auch schreiben wenn ihr es blöd findet - aber bitte mit Begründung / Gegenvorschlag....

D4ri4
18.03.2005, 21:53
Die freien Nationalisten arbeiten schon lange nach diesem Prinzip und es klappt hervorragend.

Kalmit
19.03.2005, 09:56
Auch ich hab schon ein paar mal an ne Nichtwählerpartei gedacht! Wäre bestimmt ne gute Sache, eine Disziplinierungsmaßnahme der etablierten Parteien! Es kann doch nicht angehen, dass in Deutschland das Parlament theoretisch in der Besetzung immer noch so aussehen würde wie heute, wenn selbst nur noch 1000 Leute wählen gehen! Der Nichtwähler (ich zumindest) drücke mit meiner Wahlverweigerung bewusst etwas aus - dass momentan keine Partei zustimmenswert ist. Und diese Haltung sollte auch in irgend einer Art und Weise berücksichtigt werden!

Andererseits wäre ich auch dafür, die 5%-Hürde auf 2,5% abzusenken - damit endlich öfters mal wieder frischer Wind in die Parlamente kommt - und sich neue Parteien mit neuen Ideen schneller durchsetzen können und Gehör finden. Auch wenn dies bedeutet, dass es hier und da auch rechte Parteien leichter hätten. Dies kann aber auch disziplinierende Wirkung haben. Die Etablierten von heute sind ja nur auf Machterhalt aus, was letztens auch die gescheiterte Reform der Parteienfinanzierung gezeigt hat. Als die etablierten Parteien den Splitterparteien Zuschüsse wegnehmen wollten - um sie für sich zu verwenden!

seltentreffer
19.03.2005, 10:47
Ich fände es schon ausreichend wenn jeder der sich nicht von den zur Wahl stehenden Parteien vertreten fühlt seinen Stimmzettel ungültig macht und abgibt. Das Problem ist aber meiner meinung nach, das nur ein kleiner Teil der Nichtwähler bewusst nicht wählt. Der große Teil der Nichtwähler ist einfach an Politik nicht interessiert und geniesst lieber den Sonntag.

Ein deutscher Jäger
19.03.2005, 10:54
Rein obstruktive und destruktive Gruppierungen lehne ich strikt ab!
Was soll das werden?

mfG

Gothaur
19.03.2005, 10:57
1998, inszeniert durch Christoph Schlingensief, siehe Text:

Mit seiner Theaterperformance im Bundestagswahlkampf 1998 verwischte er wie so oft die Grenzen zwischen Kunst und politischer Agitation mit der Gründung seiner Partei Chance 2000. Der mediale Höhepunkt war die Einladung an alle sechs Millionen deutschen Arbeitslosen, gemeinsam im Wolfgangsee zu baden und ihn so zum Überlaufen zu bringen, um das Urlaubsdomizil von Helmut Kohl zu fluten, was selbstverständlich nicht gelingen konnte.Er nannte sie die Partei der Arbeitslosen und von der Gesellschaft Ausgegrenzten. Der Wahlslogan war bezeichnenderweise "Scheitern als Chance!". Das Parteiprogramm konnte man im Buchhandel käuflich erwerben.
http://de.wikipedia.org/wiki/Christoph_Schlingensief
Damals gab es auch so einige spannende Dokus über das Projekt, daß überall für Aufsehen und Aufruhr sorgte. :)
Hier noch eine weitere Analyse der damaligen Geschehnisse. Man muß auch ganz klar sagen, wenn jemand durch diese Aktion profitierte, dann war es Schlingensief selber, und zwar das nachhaltig in dieser Republik. :rolleyes: :2faces:

Christof Schlingensief, "Chance 2000" und das kulturelle Klima in Deutschland
Beobachtungen zum Bundestagswahlkampf 1998
von Wolfgang Weber
2. September 1998
Ein merkwürdiges Schauspiel erlebte der Wähler in Deutschland in diesem Sommer: eine Partei, von einer Handvoll Leute erst im März dieses Jahres zum Zweck der Teilnahme an den Bundestagswahlen am 27. September gegründet, stieg innerhalb kürzester Zeit zu einem der größten Medienereignisse auf: "Partei der letzten Chance" nannte sie sich, oder "Partei der Nichtwähler" und "Partei der Nichtmitglieder", zuletzt einfach "Chance 2000".
Ihr Gründer, der 37jährige Theatermann Christof Schlingensief, war bis dahin nur einer relativ kleinen Zahl von Intellektuellen als Theaterschreck bekannt, der verzweifelt bemüht ist, seine Zuschauer mit allen Mitteln zu provozieren, und sei es auch nur durch die verbale oder tatsächliche Verteilung von Fäkalien, durch einen Ritualmord vollzogen an einer Kanzlerpuppe auf der Bühne oder durch den Aufruf "Tötet Kohl!" auf der Kunstausstellung documenta X in Kassel.
Jetzt aber wurde er vom Fernsehen und von den Pressemedien plötzlich einem Millionenpublikum bekanntgemacht. Er gebärdete sich und wurde auch so behandelt, als führte er eine bedeutende Millionenpartei, welche die politische Landschaft in Deutschland spätestens am Wahltag verändern würde. Dabei sprach er nur einige der brennenden sozialen Probleme der heutigen Gesellschaft an, die im Wahlkampf totgeschwiegen werden.
Im Juli wurde "Chance 2000" zur Bundestagswahl zugelassen und einige Leute, die sich für Behinderte, für Obdachlose, Arbeitslose engagieren oder auf die Bildungsmisere an den Schulen aufmerksam machen wollen, kandidieren auf der Liste dieser Organisation, weil sie in ihr ein öffentlichkeitswirksames Medium sehen. Zahlreiche bekannte Theaterleute wie die Regisseure Peter Zadek und Frank Castorf, die Autorin Elfriede Jelinek haben ihre Unterstützung für ihren Kollegen Schlingensief ausgesprochen.
Doch schon beim "großen Anti-Kanzler-Baden" im österreichischen Wolfgang-See, am Urlaubsort von Bundeskanzler Kohl, zeigte sich, daß dem ganzen Unternehmen plötzlich die Luft ausgegangen war. Alle Arbeitslosen Deutschlands hatte Schlingensief für Anfang August zum Bad im See aufgerufen. Auf diese Weise sollte der See zum Überlaufen gebracht und der Urlaubssitz des Kanzlers unter Wasser gesetzt werden. Doch dann waren aus ganz Deutschland nur ein paar Dutzend Anhänger gekommen, um in den Wellen zu plätschern.
Wenige Wochen später, Ende August, hieß es dann plötzlich in der Homepage der Organisation: "Chance 2000 vor dem Konkurs - aufsteigende Partei an den Meistbietenden zu verkaufen". Mangels Unterstützer waren der Organisation die Finanzen ausgegangen. Zwar hatte der Bundeswahlleiter, ganz so, als ob er ein Bühnenpartner des Inszenierungskünstlers Schlingensief sei, mit allem gebotenen Ernst sofort verkündet: "Der Verkauf einer Partei ist verboten!" Aber selbst wenn Schlingensief nicht auf diese Weise die Käuflichkeit der Bonner Parteien persiflieren kann, bei rund 100.000 Mark realen Schulden ist es gegenwärtig noch völlig offen, ob und wie es nun überhaupt noch weitergeht. Nach jüngsten Informationen sollen sieben potente Teilhaber, darunter der junge Erfolgsregisseur und Träger des Bundesfilmpreises Tom Tykwer ("Lola rennt") eingesprungen und durch eine "Privatisierung" das Unternehmen "Chance 2000" zumindest bis zum Wahltag finanziell gerettet haben. Aber politisch ist das ganze Spektakel in sich zusammengefallen wie ein Luftballon, in den jemand mit einer Nadel gestochen hat.
Der Grund dafür ist nicht schwer zu verstehen: Schlingensief und seine Organisation haben selbst genausowenig wie die herrschenden Parteien ein Konzept zur Überwindung der Probleme in dieser Gesellschaft. Zwar verfügen sie im Gegensatz zu den regierenden Politikern und den meisten anderen Vertretern des Staates über eine soziale Ader. Sie rufen alle sogenannten "Ausgegrenzten dieser Gesellschaft", die Arbeitslosen, Behinderten, Obdachlosen usw. dazu auf, ihr Schicksal nicht mehr passiv hinzunehmen, sondern sich lustvoll und kunstvoll in die Politik einzumischen. Aber ihre Alternative zu den bestehenden politischen Verhältnissen erschöpft sich in satirischem Klamauk, mit dem der Zirkus der traditionellen Politik auf die Schippe genommen wird.
Die Sprache des Programms von "Chance 2000" ist eine einzige Persiflage auf den Kauderwelsch der Parteienberater, Politologen und Medien des Bonner Betriebs und wohl auch auf das von alternativen Soziologen und Philosophen wie Pierre Bourdieux und Ulrich Beck. Bekannte Schlagworte wie "Partei der Mitte", "Hilfe zur Selbsthilfe" werden aufgegriffen und ironisiert, Beteuerungen der Treue zum Grundgesetz, zu Recht und Ordnung bis zur Lächerlichkeit wiederholt. Falls jemand das Programm bis zum Ende durchgelesen hat, wird er ausdrücklich gewarnt: "Mitnichten beschränkt sich Chance 2000 darauf, den Weg zu Intellektuellen und Fremdwortexperten zu suchen. Die Lektüre diese Programms ist daher mit Vorsicht zu genießen. Es wäre schade, wenn sich jemand dadurch davon abhalten ließe, seine Chance zu nutzen..."
Wenn es überhaupt einen ernstzunehmenden politischen Ansatz bei diesem Happening "Chance 2000" und seinem Programm gibt, dann den, daß alle brennenden sozialen Probleme durch bessere Kommunikations-, Ausdrucks- und Darstellungsmöglichkeiten für die Ausgegrenzten angepackt werden könnten und sie, die Theaterleute und sonstigen Künstler als Experten dazu ihre Hilfe anbieten.
Einen realen Ausweg aber zeigt Schlingensief nicht auf. Insofern kann man in dem sang- und klanglosen Ende von "Chance 2000" durchaus das Anzeichen einer gesunden Entwicklung sehen: was viele Arbeiter, Arbeitslose, Jugendliche heute suchen, ist nicht eine Persiflage dessen, was sie ohnehin schon wissen und verachten, sondern eine ernsthafte Antwort auf die politischen Fragen und eine Lösung der sozialen Probleme, mit denen sie konfrontiert sind.
Nun sollte man diese politische Lösung von Künstlern auch nicht unbedingt erwarten. Aber auch auf die intellektuelle und kulturelle Entwicklung in diesen Kreisen, gemessen an ihren Ansprüchen und Kriterien als Künstler, wirft das "Phänomen Schlingensief" ein bezeichnendes Licht. Und dies sollte nicht unbemerkt bleiben.
Schlingensief gelang es zwar anschaulich zu demonstrieren, wie der Auftritt einer Partei erfolgreich allein mit Hilfe der Medien inszeniert werden kann und inszeniert wird, wie im Bundestagswahlkampf ganz so wie in der kommerziellen Werbung Worthülsen Argumente ersetzen, leere Phrasen an die Stelle programmatischer Aussagen treten.
Aber was ist die gesellschaftliche Realität hinter der virtuellen Welt dieser Medieninszenierungen, welche sozialen Kräfte führen hinter den Kulissen Regie? Wessen Interessen vertreten sie, was ist von ihnen zu erwarten? Gibt es eine Alternative zu der bestehenden politischen und sozialen Misere, und sei es "nur" als Kunst-Traum, als Ideal, das den Mut geben könnte, in der Wirklichkeit dieser Gesellschaft gegen den Strom zu schwimmen?
Schlingensiefs Vorführungen haben hierzu absolut nichts zu sagen. Deshalb bleiben seine Ironie reiner Selbstzweck, seine Wortspiele ohne die erfrischende Wirkung der Aufklärung.
Es ist in Deutschland nichts Außergewöhnliches, daß Schriftsteller und andere Künstler über ihre Publikationen oder auch durch Parteien direkt in der Politik mitmischen. Aber wo findet sich heute die Schärfe der Satire eines Kurt Tucholsky, der bissige Witz seiner Verse, wo der Mut eines Carl von Ossietzky, die aufrüttelnde Wirkung seiner Anklagen und Enthüllungen? Der kulturelle Niedergang seit jener Zeit der 20er Jahre ist unübersehbar. Er hängt unmittelbar mit der Evolution der politischen Krise der Arbeiterbewegung in diesem Jahrhundert zusammen.
Kritisch denkende Künstler in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts standen, selbst wenn sie keine Marxisten waren, doch unter dem starken Einfluß der marxistischen Gesellschaftskritik und ihrer sozialistischen Ideale von einer Gesellschaft ohne Unterdrückung und Ausbeutung. Die besten von ihnen wie Carl von Ossietzky waren nicht nur Gegner der kriecherischen Umarmung des kapitalistischen Staats durch die SPD, sondern auch der stalinistischen Entartung der Sowjetunion. Aber die jahrzehntelange Vorherrschaft der Sozialdemokratie und des Stalinismus in der Arbeiterbewegung zeitigte schließlich ihre Wirkung in der weitgehenden Vernichtung der marxistischen Traditionen und Kultur.
Selbst vor 30 Jahren noch war einer ganzen Reihe von Schriftstellern und Künstlern der Traum von einer besseren Gesellschaft nicht abhanden gekommen. Sie suchten ihn jedoch auf dem eher biederen Weg der bürgerlichen Reform zu verwirklichen. Günter Grass, Heinrich Böll sprachen in dieser Hinsicht für eine ganze Schicht von Intellektuellen. Nicht wenige von ihnen hatten Marx gelesen, um sich geistige Anleihen für ihre Arbeit zu holen, unterstützten aber in der Politik Willy Brandt. Und wahrscheinlich hätten sich Schlingensief und seine Künstlerfreunde früher ebenfalls der SPD, den Grünen oder auch, in der ehemaligen DDR, der SED angeschlossen und gehofft, dadurch gesellschaftliche Reformen vorantreiben zu können.
Seitdem haben diese Parteien eine radikale Rechtswendung vollzogen, die Einführung der Markwirtschaft zum "Ende der Geschichte" erklärt und wie die gegenwärtige Bonner Koalition "Bereichert die Reichen" zu ihrem Leitmotiv erhoben. Manch einer von den früher als fortschrittlich und links geltenden Schriftstellern hängte seine Fahne rasch nach dem neuen Wind. Martin Walser, einst ein Aushängeschild der stalinistischen DKP, besann sich plötzlich auf die "Werte des Nationalen". Hans Magnus Enzensberger, vor 30 Jahren ein geistiger Wortführer der westdeutschen Studentenbewegung, schrieb der deutschen Bourgeoisie nach der Wiedervereinigung die Fähigkeit und Aufgabe zu, Demokratie und Menschenrechte in der Welt zu verteidigen, und rief dazu auf, den Kolonialkrieg gegen den Irak zu unterstützen.
Viele andere sind zwar bemüht, sich diesem Geist der Reaktion entgegenzustemmen und fühlen sich von der gewendeten SPD und den Grünen ebenso angewidert wie von den traditionellen Rechtsparteien. Aber insoweit sie ganz wie die Regierungspropaganda den Stalinismus mit Marxismus gleichsetzen und die Herrschaft der Bürokratien im Osten mit Sozialismus, sehen sie sich plötzlich nicht nur ihrer bisherigen politischen Plattform und Orientierung beraubt, sondern auch bar jeder geistigen und gesellschaftlichen Ideale. Viele ergehen sich seither in Katzenjammer und Zynismus wie der inzwischen verstorbene Brecht-Schüler und DDR-Schriftsteller Heiner Müller, oder in kunstvoller, aber zielloser Ironie wie Schlingensief. Nicht zufällig ist der anspruchslose und bei allen spektakulären Aktionen doch fade und ermüdende Charakter von Schlingensiefs Kunst heute symptomatisch, findet er bei so vielen anderen Künstlern Anklang und Unterstützung.
Es werden ohne Zweifel wieder Künstler auftreten, die nicht mit den Wölfen heulen, sondern einen unabhängigen, kritischen Geist bewahren; Künstler, die Menschen wieder mit dem Ideal einer besseren Zukunft für alle zu beseelen vermögen und mit dem Willen, es gegen jeden Widerstand zu verwirklichen. Aber daß ein solcher frischer Wind in der Welt der Kultur wieder aufkommt, hängt ganz entscheidend von der Wiederbelebung der marxistischen Weltanschauung, vom Aufbau einer starken politischen Partei mit sozialistischen Zielen ab.
http://www.wsws.org/de/1998/sep1998/chan-s02.shtml
Das wichtigste, was sich aber aus diesem Konzept herauslesen läßt, man braucht, um was zu erreichen, die entsprechende Medienpräsenz. :)
Gothaur

Gothaur
19.03.2005, 11:00
Ich fände es schon ausreichend wenn jeder der sich nicht von den zur Wahl stehenden Parteien vertreten fühlt seinen Stimmzettel ungültig macht und abgibt. Das Problem ist aber meiner meinung nach, das nur ein kleiner Teil der Nichtwähler bewusst nicht wählt. Der große Teil der Nichtwähler ist einfach an Politik nicht interessiert und geniesst lieber den Sonntag.
Das bringt aber nur Befriedigung für einen selbst, denn man bekundet, daß man zwar politisch interessiert, aber nicht mit dem Parteien-Angebot einverstanden ist. Habe ich auch schon des öfteren gemacht, aber außer dem eigenen Gefühl bleibt da halt nichts, da man in der Auszählung einfach in die große Schublade der ungültigen Stimmen verfrachtet wird, und das war es dann.
Und diese Kategorie sagt halt nichts aus, wird im Grunde genommen auch mit der weiteren Gruppe der Nichtwähler gleichgesetzt.
Gothaur

Eddy
19.03.2005, 12:59
Die 5 Prozenthürde ist zwar nicht die feine englische Art. Aber für die großen Parteien eine recht bequeme Sache um an der Macht zu bleiben.

Angeblich sollen dadurch stabile Regierungen zustande kommen. Sicher ist jedenfalls nur eines: dadurch ist der Bundestag übersichtlicher.
Aber eine Erneuerung von verkrusteten Strukturen wird damit verhindert.
Und das wiegt sehr viel schwerer.

Man könnte nun viele Vorschläge machen, doch das hilft nicht weiter, da die Etablierten alles abblocken werden.
Demokratisch ist das sehr bedenklich.

Voraussetzung wäre aber, die Aufsicht der Parteien über die elektronischen Medien zu beenden. Denn durch ihre Macht blocken sie alle ab, die Ihnen gefährlich werden könnten.
Dadurch haben wir auch gegenwärtig so ein langweiliges Fernsehen. Unterschiedliche Ansichten werden ja kaum ausgetragen. In Talkshows sieht man immer nur die gleichen Leute. Herausforderer werden erst gar nicht eingeladen.
Man klammert sich an die Macht so lange es geht. Die Simonis ist das letzte Beispiel dafür.
Und beklagt sich auch noch dafür, dass endlich einer einmal ein Einsehen hatte, um dieses Klammern zu beenden.

HartzIV-frusty_mitJobS11
19.03.2005, 22:25
http://www.wsws.org/de/1998/sep1998/chan-s02.shtml
Das wichtigste, was sich aber aus diesem Konzept herauslesen läßt, man braucht, um was zu erreichen, die entsprechende Medienpräsenz. :)
Gothaur[/QUOTE]


Ja schade, daß sich etwas derartiges nicht durchsetzte - jedoch haben wir jetzt eine andere Zeit - die Zeit des Erwachens...die Zeit des Erwachens aller Bürger, denen die ungenierten und Verfassungswiedrigen Änderungen im Lande langsam bewußt werden.
( ändert man halt einfach die entsprechende Verfassung - was schert uns das Grundgesetz....)

Somit ist die Anzahl der Betroffenen - quer durch alle Schichten hindurch - stetig am Wachsen...
Rentner - HartzIV - Arbeiter mit sinkenden Löhnen ( in meiner Branche haben sich ide Löhne bereits seit 1999 glatt halbiert - und sollen nach Willen der Regierung auf ca. 500 € BRUTTO für ne 60 Stundenwoche fallen... - wer bitte soll davon leben ?)

SO eine Partei - die ganz bestimmt nicht destruktiv ist - wenn sie die Parteien zum UMDENKEN zwingt - ist zumindest ein MITTEL der unzufriedenen, sich gehör zu verschaffen.

ein ungültiger Wahlzettel ? - pah... und wenn nur die Politiker selbst zur Wahl gingen...es würde sich nichts ändern.

die Partei soll ja nichts blockieren - schon gar nicht sinnvolles.

jedoch wäre sie zumindest ein deutlicher INDEX für die Regierenden.
und wenn fähige Menschen dort mitmachen würden - könnte man noch mehr erreichen. ( so zum Beispiel ein diplomatisches Wesen mit Fremdsprachen als Außenminister...)

alader86
21.03.2005, 08:36
Da wäre ich eher dafür, die 5%-Hürde herabzusetzen auf 3% oder 2%, dann hätten kleinere oder neugegründete Parteien es leichter, überhaupt in den Bundestag mal reinzukommen und ihre Ideen zu verwirklichen.Denn bisher haben wir genau genommen eine Parteienoligarchie, ein kleiner Klüngel, der immer wieder in den Bundestag reinkommt, weil er zwangsweise gewählt wird, weil neue Parteien zu wählen keinen Sinn macht. Die 5%-Klausel gant abschaffen würde ich auf keinen Fall- siehe Entstehung Drittes Reich, sicher sehr weit hergeholt und übertrieben,aber ich glaub es versteht jeder was ich damit sagen will! alader86

Hunne
21.03.2005, 09:02
Das Problem ist aber meiner meinung nach, das nur ein kleiner Teil der Nichtwähler bewusst nicht wählt.

Das Problem ist aber meiner meinung nach, das nur ein kleiner Teil der Wähler bewusst wählt.