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Vollständige Version anzeigen : Politik machtlos?



sunbeam
08.03.2005, 10:20
Hallo

Die Lektüre des aktuellen Spiegels gestern lies mich erschaudern. Kann es sein dass die Politik angesichts der immer mehr und mehr international vernetzten Wirtschaft überhaupt noch positive Einflüsse geltend machen, um der Malaise bzgl. der immer höher werdenden Arbeitslosenzahlen entgegenzuwirken?

Mich beschleicht das Gefühl dass außer den üblichen politischen Herangehensweisen, linke und rechte Vorstellungen über Wirtschaft, keine Möglichkeiten mehr für eine nationale Politik vorhanden sind.

Was meint Ihr? Liegt es am bundesrepublikanischen System? Andere Länder waren in den 90er Jahren auch bereit, tiefgreifende Reformen zu beschließen und so an Deutschland wirtschaftlich vorbeizuziehen (England, Frankreich).

mggelheimer
08.03.2005, 10:38
Was meint Ihr? Liegt es am bundesrepublikanischen System? Andere Länder waren in den 90er Jahren auch bereit, tiefgreifende Reformen zu beschließen und so an Deutschland wirtschaftlich vorbeizuziehen (England, Frankreich).

Sollte Birmingham beispielgebend für den Zustand Großbritanniens im allgemeinen sein, kann man nur sagen, so finster wie dort kann es bei uns auch in zwanzig Jahren nicht aussehen. Habe zwei Kumpels die an der hiesigen Uni Studieren und kann mir von dem einen wöchentlich Klaglieder über die dortigen Zustände anhören. Er sagt selber, wenn er früher nicht wußte was er an Deutschland hat, jetzt weiß er es.

Also es gibt negativ Beispiele an Gro. Nur Orientieren sollte man sich an den Vorbildern. Und das sind für mich Länder wie Norwegen oder Finnland.

sunbeam
08.03.2005, 10:41
Sollte Birmingham beispielgebend für den Zustand Großbritannien im allgemeinen sein, kann man nur sagen, so finster wie dort kann es bei uns auch in zwanzig Jahren nicht aussehen. Habe zwei Kumpels die an der hiesigen Uni Studieren und kann mir von dem einen wöchentlich Klaglieder über die dortigen Zustände anhören. Er sagt selber, wenn er früher nicht wußte was er an Deutschland hat, jetzt weiß er es.

Also es gibt negativ Beispiele an Gro. Nur Orientieren sollte man sich an den Vorbildern. Und das sind für mich Länder wie Norwegen oder Finnland.

Aber ist es überhaupt möglich sich an Ländern zu messen und zu orientieren, die schon alleine wegen ihrer viel geringeren Einwohnerzahl andere Möglichkeiten haben, strukturelle Veränderungen vorzunehmen?

Ich weiß jetzt nicht ob der Dampfer BRD mit 82 Mio. Passagieren so einfach ein Wendemanöver verkraften würde. Und viel wichtiger, wären seine Kapitäne überhaupt Manns genug das Ruder rumzureissen???

mggelheimer
08.03.2005, 10:50
Ich weiß jetzt nicht ob der Dampfer BRD mit 82 Mio. Passagieren so einfach ein Wendemanöver verkraften würde. Und viel wichtiger, wären seine Kapitäne überhaupt Manns genug das Ruder rumzureissen???

Klar solche vergleiche hinken natürlich immer, man kann sich ja trotzdem an ihnen orientieren und schauen welche Möglichkeiten stehen einem zur Verfügung. Am besten ist es aber wenn man unbeirrt sein eigenes Ding macht. Der erste Blick auf das Ausland ist sowieso eine typisch Deutsche Krankheit.

Eines ist aber klar, um so länger der passende Kapitän auf sich warten läßt, der in der Lage ist das Ruder herum zu reißen, um so schmerzvoller wird das Wendemanöver ausfallen.

sunbeam
08.03.2005, 10:51
Klar solche vergleiche hinken natürlich immer, man kann sich ja trotzdem an ihnen orientieren und schauen welche Möglichkeiten stehen einem zur Verfügung. Am besten ist es aber wenn man unbeirrt sein eigenes Ding macht. Der erste Blick auf das Ausland ist sowieso eine typisch Deutsche Krankheit.

Eines ist aber klar, um so länger der passende Kapitän auf sich warten läßt, der in der Lage ist das Ruder herum zu reißen, um so schmerzvoller wird das Wendemanöver ausfallen.

Wann denkst Du kommt der Punkt, an dem das "Wendemanöver" a) nötig wird und b) schmerzvoll wird?

Kaiser
08.03.2005, 10:58
Hallo

Die Lektüre des aktuellen Spiegels gestern lies mich erschaudern. Kann es sein dass die Politik angesichts der immer mehr und mehr international vernetzten Wirtschaft überhaupt noch positive Einflüsse geltend machen, um der Malaise bzgl. der immer höher werdenden Arbeitslosenzahlen entgegenzuwirken?

Mich beschleicht das Gefühl dass außer den üblichen politischen Herangehensweisen, linke und rechte Vorstellungen über Wirtschaft, keine Möglichkeiten mehr für eine nationale Politik vorhanden sind.

Was meint Ihr? Liegt es am bundesrepublikanischen System? Andere Länder waren in den 90er Jahren auch bereit, tiefgreifende Reformen zu beschließen und so an Deutschland wirtschaftlich vorbeizuziehen (England, Frankreich).

Eine neoliberale Politik die dem Markt immer mehr Freiheiten einräumt und sich selbst in Zurückhaltung übt, ist den Ergebnissen natürlich machtlos ausgesetzt.

Das liegt in der Natur der Sache.

sunbeam
08.03.2005, 11:00
Eine neoliberale Politik die dem Markt immer mehr Freiheiten einräumt und sich selbst in Zurückhaltung übt, ist den Ergebnissen natürlich machtlos ausgesetzt.

Das liegt in der Natur der Sache.

Aber kann ein Staat innerhalb der EU, innerhalb strenger Regeln und Vernetzungen überhaupt noch eigenverantwortlich handeln? Ich denke ein Staat hat weit weniger Spielräume und Gestaltungsmöglichkeiten!

mggelheimer
08.03.2005, 11:05
Wann denkst Du kommt der Punkt, an dem das "Wendemanöver" a) nötig wird und b) schmerzvoll wird?

Nötig ist es schon lange, und mit der Zeit die ins Land geht wird dieses Manöver alles, nur nicht Schmerzloser.

Ich glaube wenn man wirklich etwas verändern will, muß auch der einfach Bürger wie der Unternehmer, eben jeder Deutsche seinen Teil leisten. Nur eine Partei, die Wahlkampf mit der Parole macht: "die nächsten zwei Jahre wird es allen schlechter gehen" auch wenn das nötig ist damit wir einen Neuanfang beginnen können, wird wohl keine Chance haben.
Warheiten sind leider oft kein wirklicher Wahlkampfhelfer.

sunbeam
08.03.2005, 11:12
Nötig ist es schon lange, und mit der Zeit die ins Land geht wird dieses Manöver alles, nur nicht Schmerzloser.

Ich glaube wenn man wirklich etwas verändern will, muß auch der einfach Bürger wie der Unternehmer, eben jeder Deutsche seinen Teil leisten. Nur eine Partei, die Wahlkampf mit der Parole macht: "die nächsten zwei Jahre wird es allen schlechter gehen" auch wenn das nötig ist damit wir einen Neuanfang beginnen können, wird wohl keine Chance haben.
Warheiten sind leider oft kein wirklicher Wahlkampfhelfer.

Bei nunmehr "nur" noch 26.5 Millionen versicherungspflichtige Jobs und mehr als 20 Millionen Rentnern, 9 Millionen Arbeitslose/Sozialhilfeempfängern, denke ich dürfte der "Point of no return" längst erreicht sein!

mggelheimer
08.03.2005, 11:27
"Point of no return"!

Deswegen ja Neuanfang.
Wenn wenigsten schon einmal jemand angefangen hätte diesen ganzen undurchschaubaren Steuerwust einzureißen. Diese Ganze Steuergesetzgebung ist ja nur die Spitze eines riesigen Eisberges, aber es wäre ein Anfang.

Täglich vergeht auch nicht ein Tag, an dem nicht von Abbau der Bürokratie geredet wird, aber auch nicht ein Tag vergeht an dem nicht wieder eine neu Kommission aus der Taufe gehoben wird.

diesen Staat kann eben keiner mehr Reformieren, der kann nur recycelt werden.

sunbeam
08.03.2005, 11:29
Deswegen ja Neuanfang.
Wenn wenigsten schon einmal jemand angefangen hätte diesen ganzen undurchschaubaren Steuerwust einzureißen. Diese Ganze Steuergesetzgebung ist ja nur die Spitze eines riesigen Eisberges, aber es wäre ein Anfang.

Täglich vergeht auch nicht ein Tag, an dem nicht von Abbau der Bürokratie geredet wird, aber auch nicht ein Tag vergeht an dem nicht wieder eine neu Kommission aus der Taufe gehoben wird.

diesen Staat kann eben keiner mehr Reformieren, der kann nur recycelt werden.

Ich stimme mir Dir überein, aber dennoch scheint es kaum dass endlich jemand anfängt, diesen Staat endlich zu receyceln!

mggelheimer
08.03.2005, 11:41
Ich schätze mal, das der Wille auch in Kreisen vorhanden ist, die sich selber nicht als radikale bezeichnen würden. Nur die Tatsache, das dieser Staat Mechanismen aufgebaut hat, die seine Macht zu schützen wissen, machen die Sache nicht einfach. letzen Endes besteht ein Staat nur durch Volkes gnaden, wenn das Volk dem Staat die gnade versagt...und so weiter.

Aber Realität ist kompliziert.

sunbeam
08.03.2005, 11:51
Ich schätze mal, das der Wille auch in Kreisen vorhanden ist, die sich selber nicht als radikale bezeichnen würden. Nur die Tatsache, das dieser Staat Mechanismen aufgebaut hat, die seine Macht zu schützen wissen, machen die Sache nicht einfach. letzen Endes besteht ein Staat nur durch Volkes gnaden, wenn das Volk dem Staat die gnade versagt...und so weiter.

Aber Realität ist kompliziert.

Die Mechanismen zum Machterhalt schließen aber eine Gesundung aus!

mggelheimer
08.03.2005, 11:55
Wir können den Staatsschutz ja mal fragen ob er gedenkt sich aufzulösen :lach: bevor er vom lauf der Geschichte überrollt wird.

sunbeam
08.03.2005, 11:56
Wir können den Staatsschutz ja mal fragen ob er gedenkt sich aufzulösen :lach: bevor er vom lauf der Geschichte überrollt wird.

Der VfS hat mich eh auf dem Kiecker!

mggelheimer
08.03.2005, 12:05
wieso? überwacht der jetzt schon die Junge Union? Bist du da nicht Mitglied?
Oder meinst du wegen deines geposte hier im Forum?

sunbeam
08.03.2005, 13:01
wieso? überwacht der jetzt schon die Junge Union? Bist du da nicht Mitglied?
Oder meinst du wegen deines geposte hier im Forum?

Seit ihr mir gesagt habt dass die Junge Freiheit vom VfS überwacht wird, sehe ich mich als Abonnent überwacht!

Kaiser
08.03.2005, 19:10
Aber kann ein Staat innerhalb der EU, innerhalb strenger Regeln und Vernetzungen überhaupt noch eigenverantwortlich handeln? Ich denke ein Staat hat weit weniger Spielräume und Gestaltungsmöglichkeiten!

Wenn der Staat nicht vor großen Brüchen und Umwälzungen zurückschreckt, kann er es. In der Politik ist das meiste eine Frage des Willens.

buckeye
08.03.2005, 19:39
deutschland muss auch endlich anfangen egoistischer zu sein und der staat muss anfangen rein deutsche interessen zu vertreten .... die EU mit ihren regelungen ist da mehr balast als nutzen.

Justin Time
08.03.2005, 23:41
Hallo

Die Lektüre des aktuellen Spiegels gestern lies mich erschaudern. Kann es sein dass die Politik angesichts der immer mehr und mehr international vernetzten Wirtschaft überhaupt noch positive Einflüsse geltend machen, um der Malaise bzgl. der immer höher werdenden Arbeitslosenzahlen entgegenzuwirken?

Mich beschleicht das Gefühl dass außer den üblichen politischen Herangehensweisen, linke und rechte Vorstellungen über Wirtschaft, keine Möglichkeiten mehr für eine nationale Politik vorhanden sind.

Was meint Ihr? Liegt es am bundesrepublikanischen System? Andere Länder waren in den 90er Jahren auch bereit, tiefgreifende Reformen zu beschließen und so an Deutschland wirtschaftlich vorbeizuziehen (England, Frankreich).

Pass nur auf, dass Du nicht doch noch auf den Trichter kommst, dass es nix nutzt "Sozialsysteme zu reformieren" (was ja schon seit 30 Jahren mit wachsendem Misserfolg betrieben wird), sondern womoeglich das System ueberhaupt und insbesondere das Teilsystem Wirtschaft ueberholungsbeduerftig ist.

Im Uebrigen ist das auch dem alten Marx bereits aufgefallen: "[...] man muß jeder historischen Kenntnis bar sein, um nicht zu wissen, daß es die Souveräne sind, die zu allen Zeiten sich den wirtschaftlichen Verhältnissen fügen mußten, daß aber niemals sie es gewesen sind, welche ihnen das Gesetz diktiert haben." Karl Marx. Das Elend der Philosophie.
:D :2faces: :D

sunbeam
09.03.2005, 10:43
Pass nur auf, dass Du nicht doch noch auf den Trichter kommst, dass es nix nutzt "Sozialsysteme zu reformieren" (was ja schon seit 30 Jahren mit wachsendem Misserfolg betrieben wird), sondern womoeglich das System ueberhaupt und insbesondere das Teilsystem Wirtschaft ueberholungsbeduerftig ist.

Im Uebrigen ist das auch dem alten Marx bereits aufgefallen: "[...] man muß jeder historischen Kenntnis bar sein, um nicht zu wissen, daß es die Souveräne sind, die zu allen Zeiten sich den wirtschaftlichen Verhältnissen fügen mußten, daß aber niemals sie es gewesen sind, welche ihnen das Gesetz diktiert haben." Karl Marx. Das Elend der Philosophie.
:D :2faces: :D

Und welche Vorschläge hast Du ausser hinfällige marxistische Theorien zum Besten zu geben?

sunbeam
09.03.2005, 10:44
Wenn der Staat nicht vor großen Brüchen und Umwälzungen zurückschreckt, kann er es. In der Politik ist das meiste eine Frage des Willens.

Dann ist der Wille in den letzten 30 Jahren definitiv nicht zu erkennen gewesen!

Justin Time
09.03.2005, 13:56
Und welche Vorschläge hast Du ausser hinfällige marxistische Theorien zum Besten zu geben?

Mach Dir bloss nicht gleich wieder ins Hemd. Ein Zitat ist keine Theorie. Und ich kann nix dafuer, dass Du fuer den Augenblick bemerkst, was Marx vor rund 150 Jahren bereits als historisches Faktum festgestellt hat. Schlimm genug, dass sich daran immer noch nichts geaendert hat. Erfreulich, dass es selbst Dich zu beunruhigen scheint.

Ganz nuechtern betrachtet, wird man sich wohl mit dem Gedanken anfreunden muessen, dass man die Wirtschaft auf Dauer eben nicht total privaten Interessen Einzelner ueberlassen darf und ueber Wege nachsinnen, wie man sie, ohne gleich auf Verstaatlichung und Planwirtschft zu verfallen, staerker an das Allgemeininteresse und die Basis der sie ihre Erfolge letztlich zu verdanken hat, zurueckbinden kann. Man koennte z.B. ueber oeffentliche, nichtstaatliche Institutionen nachdenken, die entsprechende Funktionen uebernehmen koennten.

Wenn man es strukturell betrachtet sind Wirtschaft und Kirchen nach wie vor feudal organisiert. Es gilt also auch diese Bereiche zu demokratisieren.
(Es sei denn, man will eh keine Demokratie)

sunbeam
09.03.2005, 14:00
Mach Dir bloss nicht gleich wieder ins Hemd. Ein Zitat ist keine Theorie. Und ich kann nix dafuer, dass Du fuer den Augenblick bemerkst, was Marx vor rund 150 Jahren bereits als historisches Faktum festgestellt hat. Schlimm genug, dass sich daran immer noch nichts geaendert hat. Erfreulich, dass es selbst Dich zu beunruhigen scheint.

Ganz nuechtern betrachtet, wird man sich wohl mit dem Gedanken anfreunden muessen, dass man die Wirtschaft auf Dauer eben nicht total privaten Interessen Einzelner ueberlassen darf und ueber Wege nachsinnen, wie man sie, ohne gleich auf Verstaatlichung und Planwirtschft zu verfallen, staerker an das Allgemeininteresse und die Basis der sie ihre Erfolge letztlich zu verdanken hat, zurueckbinden kann. Man koennte z.B. ueber oeffentliche, nichtstaatliche Institutionen nachdenken, die entsprechende Funktionen uebernehmen koennten.

Wenn man es strukturell betrachtet sind Wirtschaft und Kirchen nach wie vor feudal organisiert. Es gilt also auch diese Bereiche zu demokratisieren.
(Es sei denn, man will eh keine Demokratie)

Diesem Vorschlag kann ich mich anschließen, sehe aber in einer so vernetzten und globalisierten Welt keine Möglichkeit, national ein solches Unterfangen zu starten, wenn nicht alle Nationen auf der Welt die gleichen Intentionen verfolgen.

Justin Time
09.03.2005, 14:24
Diesem Vorschlag kann ich mich anschließen, sehe aber in einer so vernetzten und globalisierten Welt keine Möglichkeit, national ein solches Unterfangen zu starten, wenn nicht alle Nationen auf der Welt die gleichen Intentionen verfolgen.

Das ist ja die Scheisse. Wobei es wahrscheinlich weniger an den Interessen der Nationen liegen duerfte (schon gar nicht an den Interessen der die einzelnen Nationen bildenden Menschen), sondern vielmehr an der Erpressbarkeit (oder auch Verfuehrbarkeit) dieser Nationen, die zu einem guten Teil auf das betraechtliche (globale) soziale Gefaelle zurueckzufuehren sein duerfte, das es ermoeglicht, dass das was einen Westeuropaer als Schlag trifft (Stichwort: 1 EuroJob), durchaus geeignet ist, jemanden aus einem Entwicklungs- oder Schwellenland als Wohltat zu erscheinen und obendrein auf den neuen Maerkten sehr viel weniger investiert werden muss, als sich von den alten abziehen laesst.