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Vollständige Version anzeigen : Wer war nach 1889 verantwortlich für die deutsche Außenpolitik?



Dubidomo
28.07.2009, 14:42
Es wird behauptet, es sei Wilhelm II. gewesen. Was behauptet wird, muss aber nicht unbedingt stimmen!

Dagegen sprechen folgende Fakten:

Art. 8 Absatz 3: [3] Außerdem wird im Bundesrathes aus dem Bevollmächtigten der Königreiche Bayern, Sachsen und Württemberg und zwei, vom Bundesrathe alljährlich zu wählenden Bevollmächtigten anderer Bundesstaaten ein Ausschuß für die auswärtigen Angelegenheiten gebildet, in welchem Bayern den Vorsitz führt.
Der Reichskanzler muss sich seine Außenpolitik vom Bundesrat genehmigen lassen. Was das für die Konzeption der deutschen Außenpolitik bedeutet, lässt sich dann ermessen. Es ist also nicht der Kaiser oder der Reichskanzler sondern der Bundesrat oder viel mehr sein außenpolitischer Ausschuss, der nach dem Abgang Bismarcks die deutsche Außenpolitik konzipiert hat.

1. Damit war der außenpolitische Ausschuß fest in der Hand zweier süddeutschen Staaten. Und so wundert es nicht mehr, dass der Rückversicherungsvertrag mit Russland wegen der beiden antihabsburgischen Geheimklauseln aufgegeben wurde.
2. Die pro-österreichische Haltung am Vorabend des 1. Weltkrieges ist also nicht mehr das Produkt des Kaisers allein sondern begründet sich ebenso in der Zusammensetzung des außenpolitischen Ausschusses. Es ist auch zu klären, ob der Kaiser den Brief vom 14. Juli an Franz-Josef allein aufgesetzt hat oder ob ihm der außenpolitische Ausschuß die Feder geführt hat.
3. In dem Zusammenhang ist auch der Vertrag von Brest-Litowsk und seine Verursacher neu zu bewerten. Hindenburg und Ludendorff hatten mit dem Vertrag wenig bis gar nichts zu tun. Sie hatten andere Probleme zu bewältigen und hatten keine Zeit sich mit Vertragsverhandlungen und Texten rumzuschlagen. Man beachte die Liste der deutschen Vertreter bei den Vertragsverhandlungen, wo ist da etwas von der oft behaupteten Diktatur des OHL zu merken?

Freiherr
28.07.2009, 16:22
Da der Krieg in keinster Weise von Deutschland ausging ist es völlig unnötig auf die Punkte einzugehen.
Aber egal ;-)
Bismarck und die "graue Eminenz" haben mit ihren Intrigen ganze Arbeit geleistet. Es war kein "Versehen", den Vertrag nicht verlängert zu haben und von Wilhelm II. ging es schon mal gar nicht aus. Bismarck erwies sich als Totengräber der deutsch-russischen Beziehungen; wie er schon beim Berliner Kongress schaufelte...
Der Rückversicherungsvertrag war bei dem Zuwachs von anti-deutscher Stimmung von der russischen Generalität umgreifend ohnehin so gut wie unbrauchbar.
Die Position Deutschlands war eigentlich klar, bzw. vorhersehbar.
Deutschland stand zu dem bestehenden Bündnis. Punkt. Nicht mehr und nicht weniger ist von deutscher Seite aus geschehen.
Nach der serbischen Antwort schrieb Wilhelm II. natürlich "Aber die Kapitulation demütigster Art liegt darin orbi et urbi verkündet, und durch sie entfällt jeder Grund zum Kriege. "
Den Krieg begonnen hat Rußland, welches ohne Not und Bündnispflicht gegen Deutschland aufmarschierte. Versuche des Zaren die Mobilisierung doch noch zu stoppen wurden von den russischen Handlangern der Einkreisungsmächten zunichte gemacht.

Praetorianer
28.07.2009, 16:41
Wer war nach 1889 verantwortlich für die deutsche Außenpolitik?

Ganz eindeutig sie.

Ausonius
28.07.2009, 17:00
Es wird behauptet, es sei Wilhelm II. gewesen. Was behauptet wird, muss aber nicht unbedingt stimmen!

Dagegen sprechen folgende Fakten:

Art. 8 Absatz 3: [3] Außerdem wird im Bundesrathes aus dem Bevollmächtigten der Königreiche Bayern, Sachsen und Württemberg und zwei, vom Bundesrathe alljährlich zu wählenden Bevollmächtigten anderer Bundesstaaten ein Ausschuß für die auswärtigen Angelegenheiten gebildet, in welchem Bayern den Vorsitz führt.
Der Reichskanzler muss sich seine Außenpolitik vom Bundesrat genehmigen lassen. Was das für die Konzeption der deutschen Außenpolitik bedeutet, lässt sich dann ermessen. Es ist also nicht der Kaiser oder der Reichskanzler sondern der Bundesrat oder viel mehr sein außenpolitischer Ausschuss, der nach dem Abgang Bismarcks die deutsche Außenpolitik konzipiert hat.

1. Damit war der außenpolitische Ausschuß fest in der Hand zweier süddeutschen Staaten. Und so wundert es nicht mehr, dass der Rückversicherungsvertrag mit Russland wegen der beiden antihabsburgischen Geheimklauseln aufgegeben wurde.
2. Die pro-österreichische Haltung am Vorabend des 1. Weltkrieges ist also nicht mehr das Produkt des Kaisers allein sondern begründet sich ebenso in der Zusammensetzung des außenpolitischen Ausschusses. Es ist auch zu klären, ob der Kaiser den Brief vom 14. Juli an Franz-Josef allein aufgesetzt hat oder ob ihm der außenpolitische Ausschuß die Feder geführt hat.
3. In dem Zusammenhang ist auch der Vertrag von Brest-Litowsk und seine Verursacher neu zu bewerten. Hindenburg und Ludendorff hatten mit dem Vertrag wenig bis gar nichts zu tun. Sie hatten andere Probleme zu bewältigen und hatten keine Zeit sich mit Vertragsverhandlungen und Texten rumzuschlagen. Man beachte die Liste der deutschen Vertreter bei den Vertragsverhandlungen, wo ist da etwas von der oft behaupteten Diktatur des OHL zu merken?

Wieder einmal sieht man, dass du verfassungsgeschichtlich mit Argumentationen operierst, die auf geringem Faktenwissen basieren - wobei ich glaube, dass, wenn sich einmal eine fixe Idee bei dir manifestiert hat, du die Sachen gar nicht mehr tiefer ergründest. Da damals das Kollegialprinzip zumindest nominell noch en vogue war, ist es vollkommen irrelevant, wer irgendwo den Vorsitz hatte (Kaiser und Reichskanzler als eigene "Institutionen" mal ausgenommen). Alle Gesetze, nicht nur außenpolitische Verträge, mussten durch den Bundesrat, der in der Tat ein sehr mächtiges Instrument war! Aber: Preußen hatte das stärkste Gewicht mit 17 von 58 Stimmen. Wichtiger noch: Preußen allein erfüllte schon die Sperrminorität von einem Veto bei 14 Stimmen. Es war also nur schwer möglich, Politik gegen Reichskanzler und Kaiser zu machen.

Auf den Rest (Brest-Litowsk etc.) gehe ich ein ander Mal ein - ist ja doch nur Perlen vor die Säue geschmissen....

Dubidomo
28.07.2009, 23:23
Wichtiger noch: Preußen allein erfüllte schon die Sperrminorität von einem Veto bei 14 Stimmen. Es war also nur schwer möglich, Politik gegen Reichskanzler und Kaiser zu machen.


Umgekehrt gilt dasselbe! :D

Dubidomo
28.07.2009, 23:24
Auf den Rest (Brest-Litowsk etc.) gehe ich ein ander Mal ein - ist ja doch nur Perlen vor die Säue geschmissen....

Ach du Ärmster, zwingt dich wer?