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Vollständige Version anzeigen : Economist: Germany's mediocre universities



Salazar
03.07.2009, 10:37
Der Economist hat neulich einen Artikel zum Stand des deutschen Universitätswesens veröffentlicht:


Germany's mediocre universities
On shaky foundations

Jun 25th 2009 | FRANKFURT
From The Economist print edition

The effort to improve German universities still has a long way to go

German universities are underfunded by international standards (see chart). Professors juggle scores of students; at top American universities they nurture a handful. In switching to the bachelors-masters degrees prescribed by Europe’s standardising “Bologna process”, many universities tried to cram bachelors degrees into just six terms. Only six German universities are among the top 100 in the Shanghai rankings (Munich is highest, at 55th). Just 21% of each age cohort gets a degree; the OECD average is 37%.

http://media.economist.com/images/20090627/CEU670.gif


Hier gehts zum Artikel. (http://www.economist.com/displaystory.cfm?story_id=13914669&CFID=68418938&CFTOKEN=98242953)

(Interessant sind auch die Kommentare zum Artikel)

Ich halte von diesem Gerede mittlerweile eher wenig. Zu dieser Einsicht bin ich allerdings erst gekommen, nachdem ich vor Ort festgestellt habe, dass man im Ausland auch nur mit Wasser kocht.

Sicherlich haben deutsche Unis grosse Schwachpunkte. Sie sind unterfinanziert, und es gibt zu wenige Professoren für die vielen Studenten. Aber die deutschen Universitäten haben in den letzten Jahren trotz aller Hiobsbotschaften nicht aufgehört ausgezeichnete Wissenschaftler und international wettbewerbsfähige Absolventen hervorzubringen. Ausserdem steht das deutsche Universitätswesen in meinen Augen nicht nur für fachliche Ausbildung sondern für eine gesunde Allgemeinbildung, die man auch (oder gerade?) im Erscheinungsland des Economist oft vermisst.

Was meint ihr? Sind deutsche Universitäten tatsächlich "medioker"? Können sie im internationalen Vergleich mithalten?

JetLeechan
03.07.2009, 11:49
Ich geb dir da völlig recht, noch. Eins steht zweifelsohne fest, im Schnitt sind die anderen Länder auch nicht besser, klar das wir uns hier gar nicht erst mit Oxbridge, Ivy-League, Grande Etablissments oder den großen Unis Japans messen können.

Da stimmt einfach die Organisation, die Kohle, das Profil, das Studierenden-Lehrende-Verhältnis, die Ausstattung, der Ruf, die Beziehungen etc.etc.

Aber, und da stimme ich dir wie gesagt zu, die deutschen Unis setzen eben vor allem auch auf Eigeninitiative beim Lernen und die Ausbildung eines kritischen Geistes. Wir kriegen hier keine Aufgabenbücher im Schulbuchstil vorgesetzt, können unsere Veranstaltung frei planen, schreiben keine Klausuren im multiple choice oder 5. Klasse Gemeinschaftskunde Verfahren und vor allem gibts eine gesunde Mischung der Veranstaltungsarten zwischen Vorlesung, Seminar und Projekt/Übung/Kolloqium.
Das WAR zumindest so, vor dem ganzen Bolognakäse! Mittlerweile gibt es Studiengänge da werden nur Klausuren geschrieben, oft multiple choice dreck. Lehrpläne werden als verbindliche Stundenpläne ausgegeben, "Wahlbereich" findet statt zwischen 2 Veranstaltungen, Auswendiglernen ersetzt Denken, Anmeldungsbürokratie, fast nur Vorlesungen zum Teil über 4 Stunden, Prüfungsordnungen, die versuchen einen Magister plus "Schlüsselkompetenz" plus Inter(disziplinär/kulturell)-Veranstaltungen in ein paar Semesterchen zu quetschen.
Ich könnte mich so darüber aufregen zumal wir für diesen unsäglichen Sch**ßdr*ck auch noch Studiengebühren berappen müssen. Das is ma wieder so typisch, dafür bezahlen das es schlechter wird. Naja, hängt auch stark von der Uni und vom jeweiligen Institut ab. Ich persönlich habs glaub ich perfekt getroffen an meinem Hauptfachseminar, da wurde und wird das Geld wirklich gut eingesetzt und man hat sich tatsächlich Gedanken gemacht beim Bachelor... andere Institute an denen ich war oder bin konnten das offenbar nicht. Zumal manche zufällig Gelder gestrichen bekamen, als die Studiengebühren neu waren, was ja niiiiieeeee passieren sollte, aber was sagte ich noch mit Blick auf Herrn Pispers, es ist unfair Politiker nach dem zu beurteilen was sie im Wahlkampf sagten. -Es gibt leider keinen Smiley mit dem ich ausdrücken kann was ich gerade denke-

MorganLeFay
03.07.2009, 11:56
Ich sehe persoenlich die Unterschiede zwischen den verschiedenen europaeischen (und teilweise asiatischen) Studenten und kann nicht sagen, dass die deutschen Studenten Mittelfeld oder gar schlecht sind - im Gegenteil, wenige Laender scheinen ihren Studis so solide Fundamente mitzugeben wie Deutschland.

Allerdings ist die Umstellung auf Bachelor/Master eine absolute Katastrophe, die nicht nur bescheuert konzipiert, sondern auch unterirdisch umgesetzt wird und ziemlich konsequent die Staerken der deutschen Unis (wie JetLeechan sie sehr schoen zusammen gefasst hat) ausradiert und die Schwaechen noch betont, indem man ein System aufschraubt, fuer dass die Ausstattung einfach nicht da ist - vom mindset mal ganz abgesehen.

Sauerländer
03.07.2009, 12:11
Allerdings ist die Umstellung auf Bachelor/Master eine absolute Katastrophe, die nicht nur bescheuert konzipiert, sondern auch unterirdisch umgesetzt wird und ziemlich konsequent die Staerken der deutschen Unis (wie JetLeechan sie sehr schoen zusammen gefasst hat) ausradiert und die Schwaechen noch betont, indem man ein System aufschraubt, fuer dass die Ausstattung einfach nicht da ist - vom mindset mal ganz abgesehen.
Das ist ein ganz entscheidender Punkt.
Das deutsche Universitätssystem WAR in einem Zustand, in dem es gewiss noch viel Spielraum für Verbesserungen gab, den man jedoch alles in allem als gut bezeichnen konnte. Bis man meinte, ein funktionierendes System kaputtreformieren zu müssen. Der Bologna-Kram ist wirklich der letzte Mist vor dem Herrn.

MorganLeFay
03.07.2009, 12:18
Ich halte die Idee hinter Bologna fuer gar nicht mal bloede.

Nur die Umsetzung ist es.

Sauerländer
03.07.2009, 12:22
Ich halte die Idee hinter Bologna fuer gar nicht mal bloede.
Nur die Umsetzung ist es.
Umsetzung sowieso.
Was die Idee betrifft - die sehe ich auch nur wieder als einen Ausdruck übernationalen Vereinheitlichungswahns, von dem mir tendenziell unklar ist, was das soll.

-SG-
03.07.2009, 12:22
Dass nur 21% einer Kohorte Akademiker werden und der OECD-Schnitt 37% ist, sagt schonmal gar nichts aus, da wir ein grundsolides Ausbildungssystem hatten und man hierzulande eben einen Meisterbrief erwarb, wo andere formal "Akademiker" im selben Fachbereich wurden.

Dass die dt. Unis im internationalen Vergleich abfallen, stimmt wohl, aber die BA/MA-Umstellung beschleunigt diesen Prozess wohl eher, als ihn zu bremsen.

Das größte Problem ist meiner Ansicht nach die mangelnde Leistungsfixiertheit. Die Anforderungsniveaus sind teilweise unterirdisch. Man kann sich mit Palavern und nichts machen durchmogeln. Im B.A. wird jetzt dazu noch verstärkt aufs Auswendiglernen gesetzt. Dann wird jetzt auswendig palavert und sich durchgemogelt. Ich habe Bachelor-Studenten gesehen, erschreckend welchen Leistungs- und Wissensstand die haben. Von 30 angehenden Politikwissenschaftlern hatte noch nie jemand was von Aristoteles gehört. Gefragt, wann der denn so gelebt hat, konnte niemand eine Antwort auf +/-300 Jahre genau abgeben. Das hatte ihnen halt noch niemand zum Auswendiglernen aufgegeben.

Sauerländer
03.07.2009, 12:24
Von 30 angehenden Politikwissenschaftlern hatte noch nie jemand was von Aristoteles gehört. Gefragt, wann der denn so gelebt hat, konnte niemand eine Antwort auf +/-300 Jahre genau abgeben. Das hatte ihnen halt noch niemand zum Auswendiglernen aufgegeben.
Autsch. :rolleyes:

MorganLeFay
03.07.2009, 12:27
Umsetzung sowieso.
Was die Idee betrifft - die sehe ich auch nur wieder als einen Ausdruck übernationalen Vereinheitlichungswahns, von dem mir tendenziell unklar ist, was das soll.

Hm, ich bin jemand, der von seinem Auslandsaufenthalt sehr profitiert hat und so eine Erfahrung absolut jedem empfehlen wuerde. Da machen vernuenftig vergleichbare Studiengaenge schon Sinn.
Wobei ich eine totale Konformitaet fuer bescheuert halte, weil man dann nicht mehr zum Studieren, sondern nur noch fuer das persoenliche Erlebnis ins Ausland sollte.
Und etwas fremde Studiensysteme koennen einem auch fuer das Studieren zuhause wirklich viel bringen.

politisch Verfolgter
03.07.2009, 13:55
In D geht jeder 5. sog. hochbegabte Schulpflichtige in Sonderschulen für Minderbegabte - nur 16 % dieser 2 % werden je erkannt.
Und das nur als Spitze des Eisbergs.
Generell hat die Eink./Verm.-Verteilung nix mit der mentalen Verteilung zu tun.
Das Regime bezweckt eine LeistungsunterbindungsGesellschaft, um den Faktor 320 intergenerativ zu garantieren - gegenüber Betriebs- und sonstigen VermögensErben: 10 % haben im Schnitt 320mal mehr, als andere 80 % im Schnitt haben.
Dieser Terror wird als "Sozialstaatsprinzip" scheingerechtfertigt.
In USA liegen die Relationen ähnlich, wurden über fast 250 Jahre hinweg festgenagelt.
So werden in Mexiko 3mal mehr Ingenieure ausgebildet, als in USA.
Regimes betreiben Gleichmacherei, wollen unter allen Umständen die Übereinstimmung von mentalem und ökonomischem %Rang unterbinden.
Das nennen sie "Zumutbarkeitskriterien" eines sog. "Arbeitsmarkts".
Korrelationskompetenz wird unterschlagen, das Regime will infantilisierende Rückverschulung zur studentischen Hilfskraft mit nachgelagerten Praktika.
Politologen, Betriebswirte, Historiker und Juristen des ÖD erklären, sie wollen mit einem ihre Klientel nicht kaputtreiten, man solle nach China auswandern.
Da bleibt nur mehr innere Emigration, nachwuchsloses Nixtun.

Don
03.07.2009, 15:03
Hm, ich bin jemand, der von seinem Auslandsaufenthalt sehr profitiert hat und so eine Erfahrung absolut jedem empfehlen wuerde. Da machen vernuenftig vergleichbare Studiengaenge schon Sinn.
Wobei ich eine totale Konformitaet fuer bescheuert halte, weil man dann nicht mehr zum Studieren, sondern nur noch fuer das persoenliche Erlebnis ins Ausland sollte.
Und etwas fremde Studiensysteme koennen einem auch fuer das Studieren zuhause wirklich viel bringen.

Ich will mich nicht in Geisteswissenschaften einmischen, aber in den technischen Disziplinen erachte ich den Umbau der Diplomstudiengänge auf Bachelor und Master als eine Todsünde, da eine Nivellierung nach unten stattfindet. Und zwar dramatisch.
Selbstredend kommen auch dabei Spitzenleute raus, aber um die geht es nicht da sie in jedem System gut sind. Eine Persönlichkeitsfrage.

Aber alleine der Zahlenfetischismus, einen bestimmten Prozentsatz mit irgendeinem wenn auch geringwertigen akademischen Abschluß vorweisen zu können (37% OECD), ist bereits eine Dekadenzerscheinung dritten Grades.

politisch Verfolgter
03.07.2009, 15:19
Grundsätzlich hat der mentale %Rang per Berufsausbildung in denselben Eink.-%Rang umgemünzt werden zu können.
Dazu sind Gesetzgeber und ÖD-Chargen offenlegungspflichtig: der mentale %Rang ist ebenso zu objektivieren, wie die Eink./Verm.-Verteilung und die zugeordneten Kompetenzkriterien.
Nur so kanns eine freiheitl. marktwirtschaftl. Leistungsgesellschaft geben.
Was nützt mir, von einem Priv.Dozenten erklärt zu bekommen, jede beliebige Disziplin erfolgreich studiert haben zu können, wenn der mentale mit dem Eink.-%Rang überhaupt nichts zu tun hat, wenn der ÖD nach dessen Objektivierung Zugang zu KorrelationsKompetenz verweigerte.
Ich bin genauso wenig für inkompetente ÖDler wie für Fremdvermögen und Fremdkredite zuständig.
Das Regime will nicht, daß man mental und eink.-adäquat anbietet, wozu es zudem goldene high tech Netzwerke zu geben hat.
So lebt man isoliert und nachwuchslos in innerer Emigration, statt sich als teilleistungsreduziert umverteilungs-marginalisierter Kostenfaktor affirmativ selbst zu diskriminieren.

MorganLeFay
04.07.2009, 00:00
Ich will mich nicht in Geisteswissenschaften einmischen, aber in den technischen Disziplinen erachte ich den Umbau der Diplomstudiengänge auf Bachelor und Master als eine Todsünde, da eine Nivellierung nach unten stattfindet. Und zwar dramatisch.
Selbstredend kommen auch dabei Spitzenleute raus, aber um die geht es nicht da sie in jedem System gut sind. Eine Persönlichkeitsfrage.

Aber alleine der Zahlenfetischismus, einen bestimmten Prozentsatz mit irgendeinem wenn auch geringwertigen akademischen Abschluß vorweisen zu können (37% OECD), ist bereits eine Dekadenzerscheinung dritten Grades.

Das war ja eigentlich genau mein Punkt. Vergleichbarkeit und daraus resultierende Anrechenbarkeit über Landesgrenzen finde ich wünschenswert - und das sehe ich erstmal als die Grundidee von Bologna.

Eine Aufteufelkommraus-Umstellung auf Bachelor/Master ist aber - nicht nur in technischen Disziplinen - absolut bescheuert und ignoriert die nationalen Eigenheiten der Bildungssysteme.

Zum letzten Absatz sowieso ein donnerndes "ja".

Paul Felz
04.07.2009, 00:07
Um Don zu verkürzen: scheißwasdrauf
Wir brauchen Techniker und Ingenieure, keine Schwafler

Salazar
04.07.2009, 13:00
Aber alleine der Zahlenfetischismus, einen bestimmten Prozentsatz mit irgendeinem wenn auch geringwertigen akademischen Abschluß vorweisen zu können (37% OECD), ist bereits eine Dekadenzerscheinung dritten Grades.

Da hast du vollkommen Recht.

Man kann aber auch in einem anderen Zusammenhang von "Zahlenfetischismus" sprechen. In England zB nimmt das Ganze schon krankhafte Dimensionen an. Ich erinnere mich noch gut, dass mich ein englischer Lehrer vor etwa zwei Jahren davor warnte nach nach Deutschland zu gehen - mit dem Argument, sogar die University of Sussex (die nun wirklich eher medioker ist) würde in internationalen Rankings besser abschneiden als die beste deutsche Uni. Damals hat mich das beeindruckt. Heute zeigt es mir, was von solchen Rankings zu halten ist.